Richtig gut verbunden waren Anleger mit europäischen Telekom-Aktien in den vergangenen Jahren nicht wirklich. Das dokumentiert der EURO-STOXX-Telecom-MS-Kursindex, der derzeit in etwa auf einem Niveau notiert wie schon vor 14 Jahren. In der jüngsten Vergangenheit sieht die Performance jedoch besser aus. Seit 2013 bringen europäische Telekom-Unternehmen ein Plus von mehr als 50 Prozent. 

Geht es nach den Analysten bei Credit Suisse und Bank Sarasin, dann sind auch die weiteren Kursaussichten ganz passabel. Telekom-Aktienanalyst Uwe Neumann von Credit Suisse nennt gleich mehrere günstige Faktoren für den Sektor. So würden M&A-Aktivitäten, strukturelle operative Verbesserungen in fast allen Geschäftsbereichen sowie voraussichtlich fallende Investitionsausgaben ab 2017 die Entwicklung von Umsatz, Ebitda und freiem Cashflow unterstützen.

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Das Umfeld hellt sich auf

Vertreter mit einem Investmentgrad-Rating aus dem kapitalintensiven Sektor könnten ausserdem von sinkenden Zinsausgaben profitieren, falls es gelingen wird, die in den kommenden vier Jahren in einem grösseren Stil auslaufenden Schulden günstiger zu refinanzieren. In den Bewertungen stecke dieses geschilderte Szenario zwar teilweise bereits drin, doch Neumann sieht immer noch deutliches Aufwärtspotenzial für die Aktien.

Auch Sarasin-Analystin Ute Haibach stuft die Branche als positiv ein. Ihr Anlageurteil für den Telekombereich lautet auf übergewichten, wobei das nach Einschätzung der Expertin insbesondere auch für die europäischen Sektor-Mitglieder gilt. Nachdem den Unternehmen von 2011 bis 2013 ein intensiver Wettbewerb, ungünstige Regulierungsvorschriften und fehlerhafte Preismodelle zu schaffen machten, habe sich 2014 als ein Wendepunkt erwiesen. Eine Konsolidierung hatte einen positiven Einfluss auf den Wettbewerb und auf die Geschäftsergebnisse.

Stärkere Bilanzen und günstigere Regulierung

Hinzu kamen reparierte Bilanzen, bereinigte Preismodelle und schlankere Kostenstrukturen. All das habe auch zu einer Erholung bei den Serviceumsätzen beigetragen, wobei positive Regulierungseffekte hinzugekommen seien. Der letztgenannte Punkt habe sich zuletzt sowohl im Mobil- als auch im Festnetz-Geschäft zugunsten der Unternehmen verändert.

Dank dieser Entwicklungen sei es seit 2014 zu einer Neubewertung des europäischen Telekomsektors gekommen. Zumal die skizzierten Veränderungen auch höhere Bewertungsrelationen als in den fünf Jahren zuvor zugelassen hätten. Haibach sieht unter anderem auch Potenzial für den Sektor, weil sich die Aussichten auf die Monetisierung beim Angebot von mobilen Daten verbessert hätten. Gestiegen sei aber auch die Nachfrage nach fixen Breitbandanschlüssen.

Branchenkonsolidierung soll helfen

Anhaltende Aktivitäten wittert Vontobel auch im Bereich von Mergers & Acquisitions, solche würden zu weiteren Reparaturen im Segment beitragen. Das wiederum könnte dabei mitwirken, dass in den bisher von deflationären Tendenzen geprägten Sektor Inflation Einzug halten würde. In Sachen Marktkonsolidierung gibt es allerdings noch den einen oder anderen regulatorischen Stolperstein. Deutlich wird das beispielsweise daran, dass jüngst die britischen Wettbewerbshüter entschiedenen Widerstand gegen ein Zusammengehen des Three-Netzwerkes von CK Hutchison mit dem britischen Arm von Telefónica – O2 – angekündigt haben. Der Hintergrund dafür ist, dass eine Reduktion der Zahl der Netzbetreiber vor Ort von vier auf drei unbedingt verhindert werden soll.

Mehr dazu wird die Öffentlichkeit voraussichtlich am 19. Mai erfahren. Zumindest will die EU-Kommission dann nach einer sechsmonatigen Untersuchung über diesen Fall entscheiden. Aus Anlegersicht ist dies ein wichtiger Tag, weil bei einer Fortsetzung der Branchenkonsolidierung der Wettbewerbsdruck sinken würde. Losgelöst davon konnten sich übrigens unlängst in Frankreich Orange und der kleinere Rivale Bougyues Telecom nicht auf die Konditionen einer Fusion einigen.

Swisscom und Sunrise neutral, Deutsche Telekom und Vodafone ein Kauf

Was die Einschätzung von Einzelwerten angeht, stehen die Schweizer Branchenmitglieder bei den Analysten nicht ganz oben auf der Empfehlungsliste. Sarasin und Credit Suisse stufen die Aktien von Swisscom (ISIN: CH0008742519) und Sunrise Communications (ISIN: CH0267291224) jeweils nur als neutral ein. In beiden Fällen wird zur Begründung unter anderem auch auf gewisse Risiken im geschäftlichen Umfeld verwiesen. Übereinstimmend zum Kauf raten die Analysten der beiden Banken hingegen bei Deutsche Telekom und Vodafone. Beim britischen Telekomkonzern (ISIN: GB00BH4HKS39) setzt Sarasin auf anziehendes Wachstum. Ausserdem ist dort die Dividendenrendite attraktiv. Gemessen am Analystenkonsens bewegt sich diese für 2016 bei gut 5 Prozent. Credit Suisse, die als Kursziel 2,65 Pfund nennt – ein Aufwärtspotenzial von aktuell 15 Prozent –, setzt bei ihren Telekom-Kaufempfehlungen bevorzugt auf Aktien, die von der Konsolidierung in ihren Märkten profitieren und von den Verbesserungen bei den von ihnen beackerten Mobil- und Festnetzsegmenten.

Letzteres gilt auch für die mit 18,50 Euro – Potenzial von rund 15 Prozent – zum Kauf empfohlene Aktie der Deutschen Telekom (ISIN: DE0005557508). Ausserdem wird hier auf dem deutschen Heimatmarkt sowie in den europäischen Zielländern für die kommenden Quartale mit einem nachlassenden Umsatzdruck gerechnet. Sarasin sieht zudem einen ungerechtfertigten Bewertungsabschlag gegenüber der Konkurrenz von etwa 10 Prozent beim KGV und beim Verhältnis vom Unternehmenswert zum Ebitda. Die geschätzte Dividendenrendite bewegt sich bei Deutsche Telekom bei rund 4 Prozent.

Telecom Italia und Telefónica Deutschland sind ebenfalls Käufe

Bei den von Credit Suisse als kaufenswert eingestuften europäischen Telekomaktien fällt Telecom Italia (ISIN: IT0003497168) mit einem vergleichsweise hohen Kursziel von 1,25 Euro und entsprechendem Kurspotenzial von rund 40 Prozent auf. Dort gibt es zwar keine Dividende und die operativen Trends werden im Vergleich zum Sektor-Durchschnitt noch als schwach bezeichnet, doch es gibt Hinweise auf ein Ende des strukturellen Rückgangs bei Umsatz und Ebitda. Zudem sehen die Analysten die Hoffnung auf eine Konsolidierung auf dem italienischen und brasilianischen Mobilfunkmarkt, was das Investmentprofil im Vollzugsfall nach ihrer Ansicht erheblich verbessern würde.  

Sarasin hat auf ihrer Kaufliste auch Telefónica Deutschland (ISIN: DE000A1J5RX9). Beim grössten Mobilfunkanbieter in Deutschland, dessen Bilanz als solide bezeichnet wird, gehen die Analysten von der Generierung attraktiver Cashflows (keine Steuern, tiefe Zinskosen) aus. Die Aktionäre sollten bei diesem Titel auch weiterhin lukrative Dividenden erhalten, mit einer aktuell erwarteten Rendite von rund 5,5 Prozent.