Es war eine stille Rally. Während die wichtigsten Schweizer Aktienindizes in den vergangenen drei Monaten vor sich hin dümpelten und über den Gesamtzeitraum betrachtet sogar leichte Verluste verzeichneten, schoss der Kurs einer Aktie unaufhaltsam nach oben.

Einer Aktie, die Anleger meist nicht auf dem Zettel haben – auch, weil manche von ihnen gar nicht wissen, dass es sie gibt: Der Valor der Schweizerischen Nationalbank (SNB) legte in den zurückliegenden drei Monaten rund 41 Prozent zu. Zum Vergleich: Der Leitindex SMI verlor in diesem Zeitraum etwas mehr als ein Prozent, der breitere Marktindex SPI verzeichnete ein Minus von 0,22 Prozent.

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Mitte Juli lag der Aktienkurs der SNB bei 1201 Schweizer Franken, im Oktober stieg er dann auf mehr als 2000 Franken. Aktuell notiert er nach einem deutlichen Rückschlag in den vergangenen Tagen bei 1640 Franken. 

Rätselhafter Kursanstieg

Der steile Kursanstieg gibt Rätsel auf, weil es keinen offensichtlichen Grund dafür gibt. Aktien von Zentralbanken sind am Kapitalmarkt rar gesät, zudem gelten sie aus Anlegersicht nicht gerade als Top-Titel mit Kursgewinngarantie. Der SNB-Valor ist da keine Ausnahme.

Die Nationalbank ist seit ihrer Gründung im Jahr 1907 an der Börse kotiert. Dem Börsengang war ein jahrelanger Streit darüber, ob die SNB eine Privat- oder eine Staatsbank sein – und wo sie ihren Sitz haben sollte. Es folgte ein Kompromiss: Die SNB erhielt einen Doppelsitz in Bern und Zürich und ist rechtlich eine Mischform zwischen Staatsbank und Privatbank. Deshalb folgte der Börsengang der Notenbank – die etwas anderen Gesetzen unterliegt als andere kotierte Unternehmen. 

Ersatz für Staatsanleihen

Die Aktienmehrheit der SNB liegt in öffentlich-rechtlicher Hand: Kantone, Kantonalbanken und andere Institutionen des öffentlichen Rechts hielten Ende 2015 insgesamt 73,8 Prozent der stimmberechtigten SNB-Aktien, die restlichen Anteile halten Privataktionäre. Theo Siegert, ein deutscher Unternehmer, ist mit einem Anteil von 6,6 Prozent grösster privater Aktionär der SNB. Siegert, so vermuten manche Marktbeobachter, hat seinen Aktienanteil an der SNB zuletzt stark aufgestockt – das könnte den Kursanstieg erklären. 

Wahrscheinlicher ist aber, dass auch andere Anleger auf der Suche nach Rendite im Niedrigzinsumfeld vermehrt zu SNB-Aktien greifen. Die Titel werden normalerweise selten gekauft, sodass also schon Käufe kleiner Aktienpakete ausreichen, um den Kurs zu bewegen. Anleger setzen momentan bevorzugt auf dividendenstarke und schwankungsarme Aktien wie die der SNB, vermutet etwa Alessandro Bee, Ökonom der UBS. Schweizer Obligationen bringen derzeit nur Negativrenditen. Anleger brauchen also Alternativen. Die SNB ist dem Nationalbankgesetz unterstellt – darin ist unter anderem festgelegt, dass die Dividende sechs Prozent des einbezahlten Grundkapitals von 250 Franken betragen darf. Die Ausschüttung liegt also bei 15 Franken pro Aktie, ausgefallen ist sie bisher nur einmal. Als Ersatz für Staatsanleihen ist der Titel somit attraktiv.

Wenig attraktive Titel

Abgesehen von der hohen Dividende und den geringen Schwankungen ist der SNB-Titel für Anleger kaum interessant. Denn die SNB funktioniert und handelt anders als andere börsenkotierte Unternehmen nicht primär gewinnorientiert. Zudem ist das Stimmrecht für Privatanleger auf hundert Aktien begrenzt, nicht zuletzt hat der Bund jederzeit ein Übernahmerecht auf die SNB.

Wer mit einem Investment in erster Linie hohe Renditen erzielen und auf Wachstum setzen will, sollte sich also lieber nach anderen Titeln umsehen. 

Der Blick auf Nationalbanken

Nur fünf Notenbanken sind überhaupt börsenkotiert, die SNB eingerechnet. Für Privatanleger sind auch die übrigen Titel wenig attraktiv: Bei der Bank of Japan etwa haben Privataktionäre keinerlei Mitspracherecht. Die japanische Regierung hält zudem 55 Prozent der Aktien. Ein Investment in die BoJ war in den vergangenen Jahren kein gutes Geschäft und brachte Anlegern überwiegend Verluste ein.

Aktionäre der Bank of Greece mussten in den zurückliegenden Jahren besonders starke Einbussen hinnehmen: Der Kurs des Valors fiel von 311 Euro im Mai 2013 auf aktuell nur noch 19 Cent. Etwas interessanter ist der Titel der belgischen Nationalbank. Sie bietet eine Mindestdividende von sechs Prozent auf das eingezahlte Kapital und beteiligt Privataktionäre auch an weiteren Gewinnen. Investoren erhielten im Mai dieses Jahres eine Dividende von rund 4,5 Prozent auf den Aktienkurs. Der Kurs der Aktie schwankt allerdings stark. Noch volatiler ist der Aktienkurs von Südafrikas Notenbank: Die Titel, die Anleger nur direkt von der Zentralbank erwerben können, werden kaum gehandelt und schwanken enorm.