Behavioural Finance ist ein florierender Bereich in der Finanzindustrie, von dem auch die Strukturierte-ProdukteBranche profitieren kann. Bei Behavioural Finance geht es um die Analyse der Psychologie hinter dem Anlageverhalten. Ein Teilbereich dieser Wissenschaft nennt sich «Mental Accounting». Dabei werden kognitive Abläufe von Einzelpersonen analysiert.

Für Anleger ist dies interessant, weil ihr Anlageverhaltensmuster psychologisch identifiziert und erklärt werden kann und sie für zukünftige Transaktionen das Verlustrisiko entsprechend anpassen können.

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Mit Erfolg steigt Risikofreude

Es fällt auf, dass während längerer Aufwärtstrends der Aktienmärkte das Bedürfnis nach einem höheren Anlagerisiko steigt. Bei länger andauernden Bärenmärkten ist genau das Gegenteil zu beobachten. Sind demnach die Anleger in einer Bullenperiode einfach besser informiert als während einer Bärenphase? Oder gibt es hierfür eine psychologische Erklärung? Tatsächlich wurden ab Herbst 2007 bis Mitte 2009 deutlich weniger Produkte mit riskanten Parametern im Schweizer Markt umgesetzt. In Gesprächen mit Anlegern hat sich eine gewisse Unsicherheit bemerkbar gemacht. Ein Einschätzen der Marktbewegungen wurde als schwieriger empfunden.

1979 entwickelten Daniel Kahneman (Princeton University) und Amos Tversky (Stanford University) das «Prospect Theory»-Modell. Prinzipiell geht es darum, den Entscheidungsprozess von Individuen in einem Modell darzustellen: Wie entscheiden Individuen zwischen zwei Alternativen mit unterschiedlichen Risikocharakteristika? Potenzielle Gewinne und Verluste werden einander gegenübergestellt und es wird beobachtet, wie Anleger diese beurteilen. Die Modellentwickler Kahneman und Tversky konnten damit demonstrieren, dass Menschen verlustavers sind. In der «Prospect Theory» bezieht sich Verlustaver-sion auf das stärkere Streben des Menschen Verluste zu meiden, als Gewinne zu erzielen. Oder anders ausgedrückt, Menschen gewichten Verluste stärker als Gewinne. Menschen bemühen sich leicht mehr, einen Verlust zu meiden, als einen Gewinn zu generieren.

Dieses Verhalten geht jedoch nicht mit dem beobachteten Anlageverhalten in Bullenmärkten einher. Bleibt die Verlustaversion dabei jeweils auf der Strecke? Das Mental Accounting bietet hierfür eine Erklärung. Versuche haben belegt, dass das Empfinden von Gewinnen und Verlusten von vorherigen Erfolgserlebnissen abhängen kann, wenn die vorgängigen Transaktionen nicht als einzelne Transaktionen mental klassifiziert wurden. Das mentale Verbuchen von Transaktionen spielt hier eine zentrale Rolle. Verbindet man einen soeben erzielten Verlust mit einem vorangehenden Gewinn, schmerzt der soeben erwirtschaftete Verlust weniger. Ein risikoreicher Kauf kommt eher zustande, wenn in früheren Transaktionen Gewinne erwirtschaftet wurden. Das gegenteilige Verhalten tritt auf, wenn die vorherigen Transaktionen Verluste erwirtschaftet haben. Ein erneuter Verlust würde entsprechend mehr schmerzen und der Mensch würde sich mehr bemühen, bei der nächsten Transaktion einen Verlust zu vermeiden. Dies führt dazu, dass man sogar tendenziell zu konservative Produkte für ein entsprechendes Szenario aussucht. Ein möglicher Ausweg aus diesem Verhaltensmuster wäre, für jede einzelne Transaktion ein mentales Konto zu eröffnen und dann wieder zu schliessen.

Transaktion isoliert betrachten

Wie können Anleger die Theorie des Mental Accounting in der Praxis umsetzen und davon profitieren? Fazit ist, dass jede einzelne Transaktion unabhängig ist. Jede Anlageentscheidung sollte demnach isoliert betrachtet werden. Das Ergebnis vorheriger Transaktionen sollte keinen Einfluss auf die aktuellen haben, ausser man möchte bewusst das Risiko erhöhen oder reduzieren.

Generell sollten sich Anleger in strukturierte Produkte nicht von den Konditionen und von möglichen Renditechancen dazu verleiten lassen, Anlagen ohne genauere Analyse des Basiswertes zu tätigen. Jede neue Anlage ist unabhängig vom Ergebnis der vorherigen und sollte entsprechend neu und neutral bewertet werden. Setzt man dieses Verhalten in der Praxis um, kann man das Risiko, unerwartete Verluste zu generieren, deutlich reduzieren.