Es klingt zunächst absurd. Die Notenbanken in aller Welt drucken derzeit wie wild Geld, doch die Banknotendrucker stecken in der Krise. So verkündete das britische Unternehmen De La Rue nun einen drastischen Einbruch der Gewinne. Im Vergleich zum Vorjahr gingen sie um fast 40 Prozent zurück. Der deutsche Konkurrent Giesecke & Devrient hat in den vergangenen Monaten sogar eine Druckerei geschlossen und Hunderte Mitarbeiter entlassen.

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Bei genauerem Hinsehen ist das nicht unlogisch. Zwar schaffen die Zentralbanken seit Jahren überall neues Geld, das tun sie jedoch nicht physisch, indem sie mehr Scheine ausgeben. Es existiert lediglich virtuell, auf Konten, in den Computern, in den Bankbilanzen. Die Probleme der Notendrucker haben daher auch nur indirekt mit ihren Auftraggebern zu tun.

Ausschreibungen sorgen für Kostendruck

Vielmehr hat auch in diesem Geschäft in den vergangenen Jahren der Wettbewerb Einzug gehalten. In der Euro-Zone wird das Drucken der Banknoten beispielsweise nach einem festen Schlüssel auf die einzelnen Mitglieder verteilt. Früher beauftragten diese dann automatisch ihre angestammten heimischen Banknotenproduzenten.

Heute ist das anders. «Die Bundesbank schreibt ihre Aufträge zum Druck von Banknoten europaweit aus», sagt Bundesbankvorstand Carl-Ludwig Thiele, der für den Bereich Bargeld zuständig ist. Die Unternehmen müssen dann Angebote abgeben, und das günstigste bekommt den Zuschlag. Dadurch ist plötzlich echter Kostendruck entstanden, was diese Branche jahrhundertelang nicht kannte. Es kann nun beispielsweise passieren, dass ein spanisches oder finnisches Unternehmen 50-Euro-Scheine im Auftrag der Bundesbank druckt.

Giesecke & Devrient musste aufgeben

Entsprechend heftig sind die Verwerfungen. Giesecke & Devrient, der private Banknotendrucker in Deutschland neben der Bundesdruckerei, schloss Anfang Oktober seinen Standort in München. 700 Mitarbeiter mussten gehen. Geldscheine werden jetzt nur noch im Werk Leipzig hergestellt.

Und in Malaysia. Dort steht ein weiteres Werk, und dies ist auch ein Zeichen für den Wandel der Branche. Denn zwar werden jedes Jahr rund 160 Milliarden Banknoten weltweit gedruckt. «Und diese Zahl wächst pro Jahr sogar um rund fünf Prozent», sagt Ralf Wintergerst, Leiter des Geschäftsbereichs Banknoten bei Giesecke & Devrient. Dieses Wachstum findet jedoch hauptsächlich in den Schwellenländern statt.

Bargeld verliert an Bedeutung

In Ländern wie Indien oder China gibt es Hunderte Millionen Menschen, die erst seit einigen Jahren überhaupt in den Wirtschaftskreislauf eingebunden werden und nicht mehr nur von dem leben, was sie selbst produzieren. Zugleich ist dort der bargeldlose Zahlungsverkehr noch nicht so verbreitet wie in den westlichen Industrieländern.

So wird in den Niederlanden beispielsweise nur noch ein Drittel des Zahlungsvolumens bar abgewickelt, in den USA ist es weniger als ein Viertel und in Frankreich sogar nur noch 15 Prozent. Deutschland bildet die grosse Ausnahme. Hier wird immer noch über die Hälfte der Beträge bar abgewickelt.

«Clean Note Policy»

Schliesslich gräbt aber auch ein ganz anderer technischer Fortschritt den Banknotendruckern das Geschäft ab. Sie profitierten in den vergangenen Jahren zunächst davon, dass sich weltweit immer mehr Notenbanken der sogenannten «Clean Note Policy» verschrieben. Es sollten nur noch möglichst einwandfreie Scheine in Umlauf sein. Sobald sie leicht verschmutzt oder auch nur gefaltet waren, wurden sie aus dem Verkehr gezogen.

Dies sollte vor allem in vielen Schwellenländern dazu beitragen, das Vertrauen der Bevölkerung in das Geld zu erhöhen. Nebenbei erhöhte es natürlich die Umsätze der Druckereien, da entsprechend mehr Banknoten benötigt wurden. In der Euro-Zone beispielsweise war ein Fünf-Euro-Schein der ersten Serie im Schnitt nur etwa ein Jahr lang in Umlauf.

England bringt 2016 Polymernoten

Doch der neue Fünf-Euro-Schein wurde deshalb mit einer Lackschicht versehen. Dadurch erhöhen sich die Druckkosten geringfügig, der Schein kann aber wesentlich länger in Gebrauch bleiben. Andere Länder vollziehen gleich einen noch radikaleren Schritt. Sie stellen auf sogenannte Polymernoten um. Die Bank of England wird beispielsweise 2016 eine solche neue Serie von Banknoten herausbringen.

Diese sind aus einem Material hergestellt, das sich wie Plastik anfühlt. Es kann jedoch genau so gut bedruckt werden wie das traditionelle Baumwollpapier, vor allem aber ist es wesentlich besser gegen Verschmutzungen geschützt und lässt sich auch nicht so leicht knüllen oder falten. Solche Scheine sind daher zwar etwas teurer, halten dafür aber wesentlich länger.

De La Rue sieht in diesem neuen Material eindeutig die Zukunft des Banknotendrucks. Doch mittelfristig könnte dies dazu führen, dass die Aufträge künftig geringer ausfallen. In der Euro-Zone ist zwar derzeit noch nicht mit einer Umstellung auf Polymernoten zu rechnen. Derzeit wird gerade erst eine neue Serie in Umlauf gebracht, die auf herkömmlichem Papier gedruckt wird. Doch man plant schon an der nächsten Serie, die vielleicht in zehn oder 15 Jahren kommt. Welches Material dann genutzt wird, steht noch in den Sternen.

Dieser Artikel ist zuerst in unserer Schwester-Publikation «Die Welt» unter dem Titel «Warum die grosse Ära des Gelddruckens vorbei ist» erschienen.