Das Thema Lohngerechtigkeit liegt im Trend. Die Politik will, dass Firmen mit mindestens fünfzig Mitarbeitenden alle vier Jahre ihre Löhne von externen Stellen überprüfen lassen. Justizministerin Simonetta Sommaruga sprach erst im Herbst davon, dass der nicht erklärbare Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen in der Schweiz weiterhin 8,7 Prozent, etwa 678 Franken pro Monat, entspreche.

Und das obwohl die Lohngleichheit seit 36 Jahren in der Verfassung verankert sei. Zwar gibt es in der Schweiz kaum Lohnklagen – und Sanktionen gegen Firmen, die ungleich bezahlen, sind nicht vorgesehen. Dennoch bekommt Sommaruga jetzt prominente Hilfe von einem renommierten Unternehmensberater: PwC verkauft zusammen mit der vor allem in der Westschweiz verwurzelten Equal-Salary-Stiftung seit neustem Gerechtigkeitszertifikate an Firmen, die Männer und Frauen beim Lohn gleich behandeln.

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Keine Auskunft zu den Kosten

Es gibt in der Schweiz zwar schon einige Büros, die Lohngerechtigkeit feststellen. Mit PwC dürfte das Thema aber in der Wirtschaftswelt einen neuen Schub bekommen und bestehende Anbieter unter Druck setzen. Véronique Goy Veenhuys, Gründerin und CEO der Lohngleichheitsstiftung, erklärt: «Als Stiftungsgründerin begrüsse ich die Partnerschaft mit PwC. Wir wollen die Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen in der Schweiz und in der ganzen Welt erreichen.»

Wie aber läuft das Verfahren von PwC und der Equal-Salary-Stiftung, über dessen Kosten für Firmen es keine Auskunft gibt, genau ab? Und wie aufwendig ist es für Firmen? Zuerst werden die Daten der Mitarbeiter auf eine IT-Plattform der Stiftung weitergeleitet. Die Salärdaten werden anonym übermittelt und die Stiftung sichert zu, dass die Daten nach der Übermittlung des Berichts zerstört werden. Mithilfe einer statistischen Regressionsmethode wird der Lohnunterschied festgestellt, der höchstens 5 Prozent betragen darf.

Nur wenn das der Fall ist, kommt es zum nächsten Analyseschritt. «Eine Liste mit individuellen Fällen von Mitarbeitenden, die nicht unter diese Kriterien fallen, wird bereitgestellt. Dies gibt dem Unternehmen die Möglichkeit, einen spezifischen Massnahmenplan einzuführen, der die Verpflichtung des Unternehmens zur Lohngleichheit aufzeigt», erläutert PwC-Experte Hans Geene.

Label für Werbezwecke verwendendbar

Im zweiten Schritt werden von einem PwC-Team vor Ort Prüfungen durchgeführt. Analysiert werden soll dabei, ob das Management verpflichtet ist, die Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen zu fördern, ob die Lohngleichheitsstrategien in HR-Prozesse und Richtlinien integriert sind. Zudem wird analysiert, wie die Mitarbeitenden die Lohnzahlungspraxis in der Firma wahrnehmen.

Fallen alle diese Punkte zur Befriedigung der Prüfer aus, wird das Label von PwC und der Stiftung Equal-Salary verliehen. Dieses darf dann auf Websites, Stellenanzeigen, Briefköpfen und Jahresberichten verwendet werden. Damit ist das Thema aber nicht erledigt: «Die Zertifizierung der Lohngleichstellung gilt für drei Jahre. Während dieses Zeitraums müssen sich zertifizierte Unternehmen zwei Überwachungsaudits unterziehen. Dabei müssen sie durch ihr anhaltendes Engagement und die Umsetzung von Massnahmen nachweisen, dass sie eine faire, nicht diskriminierende Lohnpolitik zwischen Männern und Frauen anwenden», erklärt PwC-Mann Hans Geene.

Der Markt wird enger

Über die Kosten, die bei einem so aufwendigen Verfahren hoch sein dürften, will PwC nichts verraten. Diese hingen an vielen verschiedenen Faktoren wie von der Anzahl der Mitarbeiter und Standorte sowie der Reife der Lohngleichheitsstrategie im HR-Prozess ab. Nach den drei Jahren sind diese zudem neu zu entrichten, da das Unternehmen die Erneuerung beantragen und sich damit einem neuen Prüfverfahren unterziehen muss. Bisher konnte die Stiftung vor allem Westschweizer Firmen überzeugen, sich Lohngerechtigkeit zertifizieren zu lassen. Das Siegel tragen beispielsweise Romande Energie, Ville de Fribourg, die Walliser Kantonalbank oder auch das World Economic Forum.

PwC und die Stiftung sind mit ihrem Angebot in der Schweiz nicht allein und werden bestehenden Anbietern wohl einige Kunden abjagen. So gehört etwa das Berner Büro A & O zu den etablierten Institutionen in dem Bereich. «Der Markt für unsere Dienstleistung ist noch nicht sehr gross», erklärt Michael Weber, geschäftsführender Partner des Büros A & O in einem Interview mit der «Handelszeitung».

«Ich stelle jedoch ein wachsendes Interesse und entsprechend auch eine wachsende Konkurrenz fest.» Das Büro führt seit mehr als zwanzig Jahren Lohngleichheitsanalysen durch. Seit dem Gleichstellungsgesetz 1996 habe sich die Auftragslage noch verbessert. «Über die letzten zwanzig Jahre betrachtet haben die Anfragen stetig etwas zugenommen», so Weber. Und inzwischen scheint das Bedürfnis nach Lohnzertifikaten so gross, dass es sich sogar für PwC lohnt, Salärgerechtigkeit zu zertifizieren.

Stefan Mair
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