Negative Angriffe in sozialen Netzwerken gibt es nicht erst seit Donald Trump. Wenn sogenannte «Hater» ihre bösen Kommentare auf Facebook, Twitter und Co. posten, dann werden Prominente, Privatpersonen aber auch Unternehmen zum Ziel. Posts auf Social Media können ein gefährliches Eigenleben entwickeln, im schlimmsten Fall droht ein Shitstorm. Was für Normalsterbliche höchst unangenehm ist, kann für Unternehmen zum kostspieligen Imageschaden werden.

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Einer, der sich mit «Hatern» auskennt, ist der US-Bestsellerautor Tim Ferriss. Als Autor, Investor und Berater geniesst er grosse Bekanntheit. In seinem ersten Hit «Die 4-Stunden-Woche» klärte er seine Leser darüber auf, wie er mit nur vier Stunden Arbeit in der Woche zum Grossverdiener wurde. Kein Wunder, dass er mit steilen Thesen wie dieser aneckt: Vielen Menschen sind begeistert von Ferriss' Ratschlägen, doch manche halten seine Ideen schlicht für unbrauchbar – und greifen ihn mit Hasskommentaren in sozialen Netzwerken sogar frontal an.

Seine persönlichen Erfahrungen haben ihn nun dazu veranlasst, seinen besten Tipps zum Umgang mit Hasskommentaren niederzuschreiben. Gerechtfertigte Kritik will Ferriss keinesfalls unterbinden, abweichende Meinungen können fruchtbar sein, betont er in seinem neuen Buch «Tools der Titanen». Vielmehr hat Ferriss Taktiken entwickelt, die auf besonders bösartige Menschen und ihre Hasskommentare abzielen. Das sind seine sieben Tipps:

1. 1000 Fans zählen

Tim Ferriss warnt davor, allen Menschen gefallen und alle verstehen zu wollen – es ist nicht nötig, dass einem die ganze Welt zu Füssen liegt. Der Autor rät dazu, sich auf die ersten 1000 Fans zu konzentrieren. Diese Basis hält er für vollkommen ausreichend, die Tausende oder Millionen danach sind ihm egal.

2. Mit 10 Prozent Verlust rechnen

Gemäss seiner Erfahrung, nehmen sich 10 Prozent der Menschen alles zu Herzen, fühlen sich immer angegriffen und reagieren dementsprechend emotional. 1 Prozent seiner Fans hält Ferriss gar für verrückt. Freundet man sich erst mal mit dieser erschreckenden Vorstellung an, fällt der Umgang mit aggressiven Kommentaren um einiges leichter. Rein statistisch gesehen, gibt es einen gewissen Anteil von «Hatern» auf der Welt: Lassen Sie sich von ihnen also nicht die Laune verderben – so der entspannte Ratschlag von Ferriss.

3. Mehrheit ignorieren

In neun von zehn Fällen rät der Autor, nicht auf Kommentare von «Hatern» einzugehen. Hier ist Selbstkontrolle gefragt: Auch wenn es unter den Nägeln juckt, man falsche Behauptungen nicht auf sich sitzen lassen möchte und es eigentlich besser wüsste – verzichten Sie auf eine Replik. Wie Ferriss erklärt, gibt man den Absendern mit einer öffentlichen Antwort nur eine grössere Plattform – mit Links, Traffic und prominenter Platzierung bei Google.

4. Offen für Kritik sein

In nur gerade 8 Prozent aller Fälle hält Ferriss eine Reaktion für gerechtfertigt. Wie er richtig festhält, stammen nicht alle negativen Kommentare von «Hatern». Dadurch dass er manchmal eben doch antwortet, zeigt er sich offen für Kritik. Langfristig glaubt Ferriss, nimmt er damit potenziellen «Hatern» den Wind aus den Segeln und wird in der Folge stets weniger zum Ziel ihrer Kommentare.

5. Andere Meinungen anerkennen

Wenn Sie einen Fehler gemacht oder vielleicht einfach voreilig gehandelt haben, entschuldigen Sie sich dafür. Aber – so Ferriss aus eigener Erfahrung – meist ist es bereits damit getan, die Kritik anzuerkennen. Dazu schreibt er oft: «Danke für das Feedback. Ich versuche stets, mich zu verbessern. Ich hoffe, Sie finden, wonach Sie suchen.» Was gar einfach tönt, scheint sich in der Praxis zu bewähren.

6. Nicht an Vernunft klammern

Liest man einen «Hater»-Kommentar mit offensichtlich unrichtigen Informationen, ist die erste – und wie Ferriss meint, falsche – Reaktion, rational auf diese Fehler hinzuweisen und mit Fakten zu argumentieren. Mit Vernunft und Logik sei nämlich in solchen Fällen nichts zu wollen.

7. Üben, üben, üben - und dann richtig reagieren

Der Umgang mit negativen Kommentaren braucht Übung. In der Anfangsphase reagiert man vielleicht einmal zu oft oder auch mal falsch. Um sich selbst zu schulen, rät der Autor, ab und an die Leute zu provozieren. Bestimmt findet sich unter den Reaktionen auch ein «Hater»-Übungsbeispiel.

Übung macht den Meister – den siebten Ratschlag von Ferriss kann Digital- und Social-Media-Beraterin Kamales Lardi, die Schweizer Grossunternehmen bei deren digitaler Transformation berät, bestätigen. Sie schlägt ihren Firmenkunden deshalb auch vor, mit dem Monitoring von Social Media zu beginnen. Anschliessend selbst Inhalte zu posten und erst zuletzt mit den Konsumenten in einen Dialog zu treten. So könnten die Firmen Schritt für Schritt Erfahrungen sammeln. 

Firmen mit weniger Freiheiten

Generell zeigt sich die Expertin mit Tim Ferriss' Tipps einverstanden. Doch Unternehmen könnten es sich manchmal nicht leisten, mit ihren Konsumenten auf Social Media auf die gleiche Art und Weise umzugehen wie es Private tun, sagt sie.

Für Firmen ist der Faktor Zeit im Bezug auf Social Media eine besondere Herausforderung – gerade auch im Umgang mit «Hatern». «Es existiert ein Graben zwischen der dynamischen Natur von Social Media und seinen Nutzern, und der Art wie Firmen operieren.» Unternehmen sind also gefordert, für ihren Social-Media-Dialog und -Antworten neue Prozesse auszuarbeiten.

Für das Internet rüsten

Ein klarer Entscheidungsbaum helfe Firmen zu erkennen, welche negativen Kommentare eine Reaktion benötigen. Dabei sei wichtig, wer hinter einem negativen Tweet oder Post stecke und vor allem auch, was dessen Inhalt ist. 90 Prozent aller negativen Kommentare zu ignorieren, an den Luxus dieser Faustregel glaubt Kamales Lardi jedenfalls nicht – weniger Stress sei aber ein guter Rat.

«Das Leben ist eine Kontaktsportart, vor allem im Internet» – mit dieser Aussage leitet Ferriss das betreffende Kapitel im Buch ein. Mit den sieben Tipps liefert der Autor Handschuhe, Zahnschutz und Helm für den Kampf, diese anziehen und anschliessend kämpfen muss jeder – Private und Unternehmen – selbst.