Individuell, kreativ und besonders - all das sollten Sie in Ihrer Bewerbung NICHT sein. Zumindest, wenn Sie sich bei einem Unternehmen bewirben, das eine Vorauslese nicht vom Menschen, sondern von einer Maschine durchführen lässt.

Eine dieser intelligenten Programme entwickelte die US-amerikanische Firma HireRight und gibt in einem Blog-Post von 2013 an, dass damals bereits mehr als 95 Prozent der US-amerikanischen Großkonzerne Softwaren wie diese zur Mitarbeiterauslese verwenden. Mittlerweile ist das Roboter RecrDas Roboter Recruiting ist auch in Deutschland und der Schweiz angekommen. « Auch in der Schweiz besteht eine Tendenz, Software für die Vorselektion einzusetzen», schreibt die Personalvermittlung Adecco.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Unpassende Eckdaten fliegen raus

Das Prinzip: Sind Ihre Eckdaten nicht passend, fliegen Sie raus, egal welches Potenzial sonst in Ihnen steckt.
Klingt erstmal ziemlich hart und vielleicht ist es das auch. Aber einige Vorteile bietet die Technologie. Das meint zumindest der Senior Account Executive bei IBM Collaboration and Talent Solutions, Stefan Berger. Er bezeichnet die Technologie als  «kognitiv-unterstützende Recruitment-Prozesse«, da die schlussendliche Entscheidung ja nicht bei der Maschine, sondern beim Recruiter liege. «Ein Vorteil ist die Möglichkeit, unstrukturierte Datenquellen, beispielsweise Social Media-Einträge nach potenziell interessanten Kandidaten zu durchsuchen», so Berger.

Ein anderer Punkt, der für die Technologie spricht ist, dass eine Software weder sexistisch noch rassistisch ist, jeden Bewerber also gleich behandelt. Diese Vorzüge hebt auch Adecco hervor. «Uns muss durchaus bewusst sein, dass automatisierte Vorselektionen auch Vorteile haben kann, wie beispielsweise das Ausschliessen von unbewussten Vorurteilen», heisst es von Adecco.

Vorauswahl erleichtert dem Recruiter eine objektive Entscheidung

Berger erläutert: «Die Vorauswahl der Top 3 oder Top 5 für den Recruiter hat auch den Vorteil der Objektivität – kognitive Systeme wie Watson entscheiden beispielsweise nicht unbewusst anhand des Bewerbungsfotos.»
Wie aber passt Roboter Recruiting in eine westliche Welt, wo so Vieles nach Individualität und Ausgefallenheit strebt?

Personalberater Harald Kobus steht der Technologie skeptisch gegenüber, wie er in einem Interview mit dem deutschen Portal «Meedia» verrät. «Es gibt seit Jahren Hinweise, dass hierbei gute Bewerber durch den Rost gefallen sind», sagt er.  «Da kommt einem Roboter Recruiting ein bisschen wie das Tinder der Arbeitswelt vor. Es wird zwar gemacht, weil es schneller geht, aber das Resultat ist nicht immer das Beste.»

Trefferquote wie beim Online-Dating

Besonders, weil genau wie beim Online-Dating auch hier nach bestimmten Stichworten gesucht wird. Online gibt es ganze Anleitungen, wie man die Software am besten hinters Licht führen kann. Software, wie die von HireRight sind also eher für einfachere Tätigkeiten gedacht und es ist unwahrscheinlich, dass sie den Bewerbungsprozess in naher Zukunft vollkommen und überall ersetzten.

«Ich glaube, wir fahren alle eher mit einem selbststeuernden PKW, als dass unsere Personalarbeit durch PCs ersetzt wird», sagt Personalberater Kobus. Auch Adecco bestätigt für die Schweiz: « Sowohl bei KMU sowie auch bei internationalen Unternehmen sind spätestens in der Schlussphase immer Menschen involviert.»
Also, keine Angst all Ihr kreativen Köpfe dort draussen, die Sie Ihre Bewerbungen gerne via Snapchat, als Kreuzworträtsel oder per Brieftaube wegschicken.

Wenn Sie eine Absage oder einfach gar keine Antwort bekommen solltet, steckt dahinter wahrscheinlich keine Maschine, sondern ein Mensch, der einfach keinen Sinn für Ausgefallenheit, Humor und Kreativität hat.

Dieser Text erschien zuerst auf der Welt Kmpkt unter dem Titel «Jobsuchende aufgepasst: Jetzt fangen Roboter an, über deine Karriere zu entscheiden».