Der Thurgauer SVP-Kantonsrat und Anwalt Hermann Lei beantragt in der «Affäre Hildebrand» vor dem Zürcher Obergericht erneut einen Freispruch: Er habe keinen Beitrag zur Verletzung des Bankgeheimnisses geleistet, machte er geltend.

Unbestritten ist, dass die angefertigten Kopien, die im Zentrum der Verhandlung stehen, die «Affäre Hildebrand» ins Rollen brachten: Der vorsitzende Zürcher Oberrichter sprach während der Verhandlung am Freitag von «hochbrisanten Dokumenten».

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Konto fotografiert

Im November 2011 hatte ein IT-Mitarbeiter einer Bank Print-Screens vom privaten Konto des damaligen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand angefertigt. Diese zeigten zwei gewinnträchtige Devisengeschäfte - und dazwischen lag der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB) einen Euro-Mindestkurs einzuführen.

Mit den Kopien wandte sich der IT-Mitarbeiter an den Thurgauer SVP-Kantonsrat und Anwalt Hermann Lei, den er aus dem Kindergarten kannte und von dem er bereits einmal juristisch vertreten worden war. Die beiden informierten später verschiedene Politiker - unter anderem Christoph Blocher - sowie Journalisten.

Lei: «Das muss doch überprüft werden»

Er habe damals gedacht, dass es doch nicht sein könne, dass sich der SNB-Präsident in einer wirtschaftlich derart heiklen Zeit, in der zehntausende Arbeitsplätze gefährdet waren, mit privaten Transaktionen das eigene Bankkonto alimentiere, sagte Lei vor dem Obergericht. «Ich dachte, das muss überprüft werden, da muss doch jemand etwas machen.»

Dessen Verteidiger meinte denn auch, dass ein übergesetzlicher Rechtfertigungsgrund vorlag: Das mediale und politische Echo zeige auf, dass ein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung gegeben war. «Aber wie so oft werden Winkelrieds nicht belohnt, sie zahlen einen hohen Preis.»

Sein Mandant sei aber ohnehin nicht bei einer Bankgeheimnisverletzung behilflich gewesen, argumentierte dessen Verteidiger weiter. Zwar habe Lei etwa das Treffen mit Christoph Blocher in Herrliberg organisiert, doch habe er damit nicht die Straftat des IT-Bankmitarbeiters gefördert. Dieser habe vielmehr eigenverantwortlich gehandelt.

Für die Staatsanwältin ist jedoch klar, dass sich Lei schuldig gemacht hat: Es habe kein Missstand vorgelegen, der hätte aufgedeckt werden müssen. Sie beantragte für Lei deshalb eine bedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen sowie eine Busse von 1000 Franken.

Urteile folgen später

Am Freitagnachmittag wird sich das Gericht mit dem Verhalten des IT-Mitarbeiters beschäftigen. Nach den Plädoyers der Verteidigerin und der Staatsanwältin wird sich das Gericht zur Beratung zurückziehen. Die beiden Urteile wird es voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt eröffnen.

Das Zürcher Bezirksgericht hatte die beiden im April 2016 schuldig gesprochen. Den Bankmitarbeiter verurteilte es wegen Verletzung des Bankgeheimnisses zu einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen bei einer Probezeit von zwei Jahren. Lei, dem es politische Motive unterstellte, bestrafte es härter - er erhielt wegen Gehilfenschaft eine bedingte Geldstrafe von 120 Tagessätzen.

(sda/chb)