Der Weg in die Illegalität beginnt mit einer Plastiktüte. Mit einem vollgepackten Edeka-Beutel geht Christa U. Ende der 80er-Jahre in die Zentrale der Berenberg Bank in Hamburg am Neuen Jungfernstieg 22. Dort drückt sie die Tüte einem Mann in die Hand, der ihr als Statthalter des Geldhauses in Zürich vorgestellt wird. Der Inhalt: erhebliche Teile ihres Vermögens. Der etwas ältere Herr quittiert den Empfang freundlich. Das war's.

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Christa U. brachte jahrelang Geld ins Ausland. Bis sie es mit der Angst vor den Fahndern zu tun bekam – und mit dem schlechten Gewissen. Das Prozedere wiederholt sich in den nächsten Tagen noch zwei, drei Mal. In Tranchen holt U. ihr Geld von der Dresdner-Bank-Filiale am Jungfernstieg 20. Bis zu Berenberg sind es gerade einmal fünf Minuten entlang der Binnenalster. 350 Meter in bester Hamburger Lage. 350 Meter, in denen Christa U. von einer unbescholtenen Bürgerin zu einer Steuerbetrügerin wird.

«Von Anfang an geraten, alles zu vernichten»

Die alten Berenberg-Quittungen hat sie nicht mehr. Christa U., damals Anfang 40, heute Mitte 60, ist eine gediegene Hanseatin. Schlank, kerzengerade Haltung, Hamburger Stil. Sie weiss über Geldanlagen sehr genau Bescheid, kennt Zinssätze und Umrechnungskurse. Beim Treffen mit der «Welt am Sonntag» im Hamburger «Grand Elysee Hotel» ist sie etwas unglücklich, weil ohne Friseurtermin die Haare nicht ganz perfekt liegen.

Ausgerechnet so eine Frau hat ihre alten Belege nicht mehr? «Mir wurde von Anfang an geraten, alles sofort zu vernichten», sagt die Rentnerin. Wer den Staat um Steuern bringen wolle, führe darüber besser kein Buch.

40’000 Selbstanzeigen für 2014 erwartet

Die Frau ist eine von vielen Zehntausend Deutschen, die einst ihr Geld über die Grenze brachten. Und die es irgendwann mit der Angst zu tun bekamen, mit der Angst, wie FC-Bayern-Chef Uli Hoeness im Gefängnis zu landen.

Mehr als 60’000 haben sich zwischen 2010 und 2013 selbst angezeigt. Und 2014 werden noch einmal 40’000 hinzukommen – 40’000, die es gerade noch geschafft haben, bevor die strafbefreiende Selbstanzeige am 1. Januar teurer wird, wie der Bundestag in dieser Woche beschloss. Damit endet die Ära des ungehemmten Schwarzgeldschmuggels. Wer sich jetzt nicht ehrlich macht, spielt va banque.

«Alle redeten darüber»

Es gibt nicht viele, die wie Christa U. über ihre Steuersünden reden, die sich fotografieren lassen und dazu stehen. Geschämt habe sie sich anfangs nicht, sagt die Hamburgerin. «Das Geld war ja zunächst einmal versteuert.» Und sie war nicht allein, damals Ende der 80er-Jahre. «Egal ob im Lions Club oder bei den Treffen im Freundeskreis, alle redeten darüber», sagt sie.

Wenn sich die gut situierten Hamburger damals treffen, geht es nicht selten um dieses Thema. Wie bringt man sein Geld in die Schweiz, nach Luxemburg, nach Liechtenstein und noch viel weiter weg? «Ich hatte das Gefühl, alle werden reich, nur ich nicht.» Am Ende hat Christa U. rund 200’000 Euro ausser Landes geschafft.

Für den deutschen Durchschnittsverdiener mag das viel Geld sein. Für Schweizer Verhältnisse dagegen ist es kein Riesenvermögen. Eher sogar ein kleines. Das macht man ihr in der neuen Heimat ihres Geldes schnell klar.

Offiziell ging es um Asset Allocation

Anfang 1995 reist sie mit ihrem damaligen Mann, einem Chirurgen, und rund 30 weiteren Medizinern auf der «MS Europa» quer durch Asien. An Bord werden Vorträge über alles gehalten, was die wohlhabende und oft schon etwas ältere Klientel interessiert: Gedächtnistraining, Bewegung, gesundes Leben – und über Geld.

Ein Vertreter der Schweizer Privatbank Vontobel ist mit unterwegs, um in einem Vortrag über die richtige Vermögensverteilung zu sprechen. «Offiziell ging es um Asset Allocation, also wo man sein Geld am besten anlegt», sagt U. Inoffiziell ist für U. damals schon klar, was damit gemeint war – Steuerhinterziehung. Als sie den Banker im Anschluss an die Rede fragt, ob sie ihr Geld zu seiner Bank transferieren kann, winkt der ab. Sie habe nicht genug. Unter siebenstelligen Vermögensbeträgen beschäftige sich Vontobel nicht mit dem Geld anderer Leute.

Spitzensteuersatz in den 90er Jahren bei 53 Prozent

In ihrer Motivation, das Geld ins Ausland zu bringen, unterscheidet sich die 200.000-Euro-Frau aber nicht von Millionären. Sie will sich die Steuern auf die Zinsen sparen, sagt sie ganz offen. Die sind gerade in den 90er-Jahren, in der Ära Kohl, viel höher als heute. Der Spitzensteuersatz liegt bei 53 Prozent. Steuerflüchtlinge sind zu vielem bereit, wenn sie nur das Finanzamt austricksen können. Sie lagern das Geld auf anonymen Konten im Ausland, in Treuhandkonstruktionen, später sind Lebensversicherungsmäntel der heisseste Trick.
Wie viel an Kapital genau aus Deutschland abfliesst, weiss bis heute niemand. Dass es sich vor allem für die Banken lohnt, wird vielen erst später klar. Manchmal muss der Steueranwalt erst die Selbstanzeige erstellen, bis deutlich ist, was der Finanz-Exodus des Geldes gekostet hat.

Die Verschwiegenheit kostet

Jede kleine Dienstleistung muss teuer bezahlt werden. «8000 Euro Gebühren bei 20.000 bis 25.000 Euro an Kapitalerträgen, da ist mancher Jahre später bass erstaunt», erzählt Steuerstrafrechtlerin Ulrike Grube, die in den vergangenen Jahren für die Kanzlei Roedl & Partner viele Selbstanzeigen begleitet hat.

Verschwiegenheit kostet. Christa U. muss pro Jahr allein 600 Euro dafür zahlen, dass ihr keine Post nach Deutschland geschickt wird. Für die Depots fallen noch einmal deutlich höhere Kosten an. Auch sie hinterfragt das nicht. Hauptsache, sie fliegt nicht auf.

Credit Suisse lug zu Informationsveranstaltungen

Verschwiegenheit bedeutet Mitte der 90er-Jahre allerdings nicht Heimlichtuerei. Die Steuerhinterziehung im grossen Stil findet nicht im Verborgenen statt. Frau U. erinnert sich, wie die Schweizer Grossbank Credit Suisse in Hamburger Zeitungen Anzeigen schaltet, in denen sie zu Informationsveranstaltungen einlädt. Ort des Treffens ist nicht etwa Basel, Zürich oder Genf. Der Übersee-Club im Amsinck-Haus am Jungfernstieg in Hamburg erscheint den Edelbankern der richtige Treffpunkt zu sein. «Der Förderung von Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit verpflichtet», so lautet das Leitmotiv des Clubs.

Später verschiebt Frau U. ihr Vermögen zur Credit Suisse in der Schweiz. Die Berenberg Bank mit ihrer Minidependance von zwei Mitarbeitern in Zürich ist ihr zu klein. In dem Nachbarland will sie aber bleiben – es ist schön nah und man spricht Deutsch. Für den Fall, dass man das Geld dringend brauchen sollte, könnte man es in kleineren Tranchen zurückholen, denkt Christa U.

Sie macht von der Möglichkeit keinen Gebrauch. Im Gegenteil. Bei ihren gelegentlichen Besuchen in der Schweiz zahlt sie immer wieder mal etwas ein. Irgendwann aber geht ihr Kundenbetreuer bei der Credit Suisse, den sie so sehr schätzt. «Der Mann war ein Urgestein, sehr solide», erzählt sie. Man tauschte Fotos von der Familie aus, von Reisen.

Spezialprodukt Bermuda Life

Die Anlagetipps seines Nachfolgers sind ihr waghalsig. Nachdem sie sich später vor dem Finanzamt erklären muss, stellt sie fest, dass sie in seinen Jahren kaum Gewinn gemacht hat. Als 2008 die Finanzkrise ausbricht, will sie nur noch raus aus seinen riskanten Empfehlungen. Wenn es um Zinsen geht, setzt sie lieber auf Staatsanleihen aus Schweden, Australien oder Norwegen. Später, bei der Abrechnung vor dem Fiskus wird sie sehen, dass sie es auf insgesamt 275’000 Euro gebracht hat.

Für einen guten Tipp ist Frau U. dennoch immer offen. Ihr Banker empfiehlt ihr ein Spezialprodukt für Steuerflüchtlinge. Bermuda Life, eine Art Versicherungskonstrukt, das verhindern soll, dass ihre Erben eines Tages hohe Steuern zahlen müssen. «Ich habe ja keine Kinder, für die Bedachten wäre es daher teuer geworden», sagt sie.

Wie in einem Agententhriller

Nur Verwandte ersten Grades profitieren im Erbschaftsfall von den hohen Freibeträgen, die der Staat gewährt. Billig sind Steuersparmodelle allerdings nie. Weitere 1000 Euro an Gebühren extra pro Jahr kostet sie der Lebensversicherungsmantel. Die Bank verdient immer kräftig mit.

Ein bisschen geht es in dieser Zeit zwischen den Schweizer Banken und ihren deutschen Kunden wie in einem Agententhriller zu. Kontoauszüge? Depotbenachrichtigungen? Irgendwelche Post? Viel zu riskant. Wenn Frau U. wissen will, wie der Kontostand ist, ruft sie in der Schweiz an. Noch sicherer: Sie fährt persönlich hin. Das tut sie auch für die Sache mit der Bermuda Life.

Zu Ostern 2006 muss sie dafür nach Lugano reisen. Der Treffpunkt mit ihrem Banker wird konspirativ vereinbart. «Sie finden den Oberkellner auf Zimmer so und so», wird ihr mitgeteilt. Den Berater darf sie nur mit Vornamen anreden. Christa U. meets 007. «Ich fühlte mich so sicher», sagt Christa U., «dabei war das Ganze ein Witz.»

Schäubles Vorhaben scheint ihre Rettung

Denn die Zeiten ändern sich. Nur will das kaum einer so richtig wahrhaben. Dabei sind die Zeichen unübersehbar. Am 14. Februar 2008 rückt die Steuerfahndung vor dem Haus des damaligen Post-Chefs Klaus Zumwinkel an. Zumwinkel hatte über eine Stiftung in Liechtenstein Steuern hinterzogen. Ein Mitarbeiter des Finanzinstituts kopierte seine Daten mit denen anderer Steuersünder vom Rechner und verkaufte sie deutschen Behörden.

Der Fall Zumwinkel markiert den Anfang vom Ende der Steueroasen. Nun ist lange klar, dass das Bankgeheimnis nicht mehr existiert. Denn wenn in Liechtenstein Daten gestohlen werden können, dann geht das auch in Luxemburg – und sogar im Alpentresor Schweiz. Anfangs wollen das weder die Banken noch ihre deutschen Kunden wahrhaben.

Steinbrück droht Schweiz mit der Kavallerie

Wer wissen will, wohin die Reise geht, muss ein Jahr nach dem Zumwinkel-Fall Peer Steinbrück zuhören. «Peitschen-Peer», wie der damalige Bundesfinanzminister in den Medien heisst, droht den Schweizern mit der Kavallerie aus Fort Yuma, wenn sie den deutschen Steuerfahndern nicht Einblick in ihre Geldschränke gewähren.

Christa U. hört zu. Aber wie viele andere hofft sie darauf, dass das Ganze nicht so schlimm wird. Denn die Empörung bei den Schweizern ist gross. Der Widerstand auch. Nur ist Steinbrück nicht der Einzige, der den Eidgenossen die Pistole unter die Nase hält. Die USA drohen den Geldhäusern mit ernsthaften Sanktionen, wenn sie nicht amerikanische Steuerflüchtlinge verraten. Die Schweiz wird allmählich fügsam.

Aufmerksam registriert Christa U., wie Steinbrücks Nachfolger Wolfgang Schäuble mit den Schweizern über ein Steuerabkommen verhandelt, das eine anonyme Quellensteuer vorsieht. Sie wartet. Sie hofft. Sie will sich ehrlich machen, denn inzwischen hat sie ein schlechtes Gewissen. Schäubles Vorhaben scheint ihre Rettung.

Jetzt tickt die Uhr

Alles könnte noch einmal gut ausgehen. Wären da nicht immer wieder unzufriedene Banker, die einen Speicherstick in die Rechner ihres Arbeitgebers stecken und in Nullkommanichts Zehntausende an Daten kopieren. Millionenbeträge kann man dafür von den deutschen Behörden erhalten. Frau U. weiss das genau.

Im Sommer 2012 macht sie Urlaub in Ahrenshoop auf dem Darss. Irgendwann sieht sie den Anruf auf ihrem Handy. Sie hört die Mailbox ab. «Wir haben die Information, dass gegen Sie ermittelt wird.» Mit gedämpfter Stimme gibt der Anlageberater in der Schweiz ihr diesen Tipp. Die Konten von Frau U. stehen auf einem der verkauften Datenträger.

Termin mit dem Steuerberater in Zürich

Jetzt tickt die Uhr. Innerhalb von drei Tagen hat Christa U. einen Termin bei einem deutschen Steuerberater mit Dependance in Zürich.
Anfangs melden sich dort Steuerbetrüger mit kleineren Vermögen, so wie Christa U. Menschen, die wieder ruhig schlafen wollen. Oder Erben, die von den Schwarzgeldtransfers ihrer Väter und Grossväter erfahren haben und das Geld nicht ausgeben können, solange es nicht legalisiert ist. Inzwischen aber geht es um die höheren Beträge.

«Alle, die jetzt kommen, haben mindestens einen einstelligen Millionenbetrag im Ausland», sagt Steuerstrafrechtlerin Grube. «Die hartnäckigen Fälle», nennt sie diese Mandanten. Es sind all jene, die trotz Steuer-CDs nicht einsehen wollen, dass sie dem Fiskus etwas von ihrem Ersparten abgeben müssen. Sie halten die Schlagzeilen für Panikmache. Der Gedanke an Steuerfahnder vor ihrer Tür kann sie nicht schrecken. Sollen sie mich doch ins Gefängnis stecken, bekommen Anwälte gerade von Menschen jenseits der 70 immer wieder zu hören.

Für UBS, CS und Julius Bär geht es um die Existenz

Die Hartnäckigen haben nur mit einer Gruppe nicht gerechnet: den Schweizer Banken selbst. Denn für die ist ausgerechnet das Bankgeheimnis selbst zum Geschäftsrisiko geworden. Für UBS, Credit Suisse und Julius Bär geht es um die Existenz.
Die Vereinigten Staaten stellen die Schweizer vor die Alternative: Entweder ihr hört auf, Zufluchtsort für das Schwarzgeld unserer Steuerbürger zu sein, oder wir untersagen euch alle Bankgeschäfte bei uns. Bislang honorige Bankiers müssen damit rechnen, ausserhalb der Heimat wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verhaftet zu werden. Diese Drohungen wirken.

Dieselben Banken, die Klienten wie Uli Hoeness, Alice Schwarzer und eben auch Frau U. zuvor jahrzehntelang gepampert hatten, werden nun ruppig. Wer sein Schwarzgeld nicht freiwillig deklariert, muss gehen. Sein Vermögen wird ihm per Scheck ausgezahlt. Schecks, die wertlos sind. Kaum eine Bank in Europa nimmt das Papier angesichts der verschärften Geldwäscheregeln noch an.

Angelockt, ausgenommen, weggestossen

Die Kunden werden gezwungen, sich selbst beim Fiskus anzuzeigen, immer wieder werden ihnen neue Fristen gesetzt. Eine lief gerade Ende November aus. «Auf Ebene der Grossbanken ist die Sache erledigt», sagt Thomas Wülfing von der Kanzlei Wülfing Zeuner Rechel in Hamburg. Andere lassen ihren Kunden etwas mehr Zeit. Gerade kleinere, mittelständische Schweizer Institute hinken noch hinterher, darunter manche Kantonalbank.

Angelockt, ausgenommen und anschliessend weggestossen. Für Kunden wie Christa U. ist das verstörend. Erst haben die Schweizer sie umworben und gelockt. Dann haben sie hohe Gebühren kassiert für eine Geheimhaltung, die an die Mafia erinnert. Nur ihre Mitarbeiter hatten sie nicht im Griff, sonst hätten die nicht die Bankdaten der Kundschaft für Millionen Euro verkauft.

Hat die Schweizer Bank eine Mitverantwortung?

Und als alles den Bach heruntergeht, setzen sie den deutschen Kunden den Stuhl vor die Tür, wenn die sich nicht blitzschnell mithilfe ausgewählter Fachanwälte ehrlich machen. Auch das kostet die einst so geschätzte Klientel wieder Geld. Rücksicht ist im Geschäft mit dem Kapital anderer für die Schweizer ein Fremdwort.

15’507 Euro zahlt Frau U. ihrem Steuerberater in Zürich für die strafbefreiende Selbstanzeige. 20’000 Euro an Steuernachzahlung inklusive Zinsen überweist sie sofort an den Fiskus. «Hätte Uli Hoeness diesen Berater gehabt, würde er nicht im Gefängnis sitzen», glaubt sie.

Über all die Geheimhaltungspraktiken, die am Ende nichts gebracht haben, ist sie empört. «Ich stelle mir den Kerl, der die Daten verkauft hat, auf den Bermudas vor. So in kurzen Hosen», sagt sie. Mit irgendeiner Freundin, die er finanziell aushalten muss. U. ist der Meinung, dass ihre Schweizer Bank zumindest eine Mitverantwortung für das Datenleck hat. Und ihr noch Geld schuldet.

Strafverfahren wird eingestellt

Von Bekannten hat sie gehört, wie zumindest einige Banken den Betroffenen die angefallenen Gebühren zurückzahlen. Andere erlassen ihnen die Kosten für die Erträgnisaufstellung der vergangenen zehn Jahre, die der Steueranwalt braucht. In manchen Fällen sind das rund 1600 Euro pro Jahr. Bei zehn Jahren also gut 16.000 Euro. Doch so grosszügig zeigen sich die Banken selten. «Nur bei grossen Kunden mit mehr als fünf Millionen Euro verlangen die Banken in der Regel nichts», sagt Anwalt Leisner.

Mitte August 2012 bekommt Christa U. Post vom Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg. Die Selbstanzeige ist eingegangen. Nun geht alles seinen bürokratischen Gang. Der Steueranwalt hat seine Sache gut gemacht. U. erhält sogar noch etwas von den 20.000 Euro zurück. Ein Jahr später im Juli kommt ein weiteres Schreiben. «Sehr geehrte Frau U., das gegen Sie eingeleitete Strafverfahren wegen des Verdachts der vorsätzlichen Verkürzung von Einkommensteuern 2006-2010 ist gemäss §371 Abs. 3 AO i.V.m. 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.»

Für alle anderen wächst der Druck

Für alle anderen wächst der Druck. Auch der Bundesrat will noch vor Weihnachten dem Gesetz zur Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige zustimmen. Voraussichtlich ab Januar wird es für geständige Steuerbetrüger teurer. Die Grenze, bis zu der Steuerhinterziehung bei einer Selbstanzeige straffrei bleibt, sinkt von 50.000 auf 25.000 Euro.

Bei höheren Beträgen wird bei gleichzeitiger Zahlung eines Zuschlages von zehn Prozent von einer Strafverfolgung abgesehen. Ab einem Hinterziehungsbetrag von 100.000 Euro werden 15 Prozent Strafzuschlag fällig, ab einer Million Euro 20 Prozent. Bisher wird ein Zuschlag von fünf Prozent berechnet. Hinzu kommen Hinterziehungszinsen in Höhe von sechs Prozent pro Jahr, die sofort entrichtet werden müssen.

Christa U. geht heute wieder in Ruhe mit ihrem mallorquinischen Flüchtlingshund Misty spazieren. Und trifft sie alte Bekannte, hat sie wie Ende der 80er oft ein gemeinsames Thema. «Mein Mann ist jetzt auch im Reinen», hat ihr kürzlich eine Freundin erzählt. Mancher sei zwar nur gerade so und in allerletzter Sekunde noch einmal davongekommen, erzählt U. «Aber ich kenne niemanden, der es nicht inzwischen geschafft hat.»

Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Schwester-Publikation «Welt am Sonntag».