Der Insolvenzantrag von Air Berlin löst bei den Schweizer Reiseveranstaltern keine Hektik aus. Alle Flüge fänden statt, hiess es unisono. Die Kunden müssten sich keine Sorgen machen. «Der Flugbetrieb ist nicht betroffen. Das wurde so kommuniziert und das Versprechen wurde so gehalten. Alle Gäste, die Tickets gebucht haben, konnten bisher fliegen», sagte TUI Suisse-Sprecherin Bianca Schmidt am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.

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Ins selbe Horn stiess Hotelplan-Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir: Bei Hotelplan Suisse hätten sich noch keine besorgten Kunden gemeldet. Kunden mit einer Pauschalreise könnten sowieso beruhigt sein. Denn wenn Air Berlin nicht mehr fliegen würde, müssten die Reiseveranstalter einen Ersatz suchen.

«Kurzfristig ändert nichts»

Marcel Schlatter von Kuoni Reisen sagte: «Kurzfristig ändert nichts. Die Flüge werden alle durchgeführt. Alles andere völlig ist völlig offen.» Die Kunden könnten noch Flüge mit Air Berlin bis Ende April buchen. Danach sei Schluss: «Das ist uns zu heiss.»

Auch Hotelplan verkaufe weiterhin Pauschalreisen mit Air Berlin-Flügen. «Aber wir haben Tickets aus dem Verkauf genommen, für die wir Vorleistungen erbringen müssen. Das heisst konkret, wenn wir als Veranstalter die Flüge bereits im Vorfeld bezahlen müssten», sagte Huguenin-dit-Lenoir.

Air Berlin im Winter weniger wichtig

Im Winter sei Air Berlin sowieso weniger wichtig. Dann seien vor allem Langstreckenflüge bei den Kunden gefragt. Dort sei Air Berlin weniger stark. Zudem fliege die deutsche Airline auch nicht in die beliebte Winterdestination Ägypten, sagte die Hotelplan-Sprecherin.

Die Krise von Air Berlin kommt nicht aus heiterem Himmel. Bereits im vergangenen Jahr hatte Hotelplan Suisse wegen der Turbulenzen bei Air Berlin einen neuen Hauptpartner gesucht. Ein Grossteil der Flüge wurde zur Swiss-Tochter Edelweiss verlagert.

Hotelplan biete keine Vollcharter zu Badedestinationen mehr an, sondern nur noch einzelne Plätze, sagte Huguenin-dit-Lenoir. «Deshalb sind wir sehr gelassen, egal wie es mit Air Berlin weitergeht.» Ebenfalls keine Vollcharter gebe es bei den Marken Kuoni oder Helvetic Tours, sagte Schlatter, der allerdings betonte: «Im Badeferienbereich ist Air Berlin sehr wichtig.»

Ob Air Berlin wegen der ständigen Turbulenzen in der Sommersaison des nächsten Jahres noch berücksichtigt wird, ist offen. Die Verhandlungen mit allen Fluggesellschaften liefen noch, sagte die Hotelplan-Sprecherin.

Keine sofortigen Auswirkungen

Der Insolvenzantrag von Air Berlin hat auch keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Flughafen Zürich, wo die Deutschen mittlerweile nur noch die drittgrösste Airline sind, wie Flughafen-Sprecherin Sonja Zöchling sagte: «Air Berlin fliegt gemäss Flugplan.»

Derzeit transportiere Air Berlin 4,9 Prozent aller Passagiere. Damit sei Air Berlin am Flughafen Zürich hinter Edelweiss zurückgefallen (5,2 Prozent), nachdem sie im vergangenen Jahr noch Nummer zwei gewesen sei, sagte Zöchling. Unangefochtener Platzhirsch ist die Swiss mit einem Marktanteil von knapp 53 Prozent.

Aktuell bedient Air Berlin von Zürich aus vier Destinationen: Berlin, Düsseldorf, Olbia und Westerland auf Sylt. Wobei nur Berlin und Düsseldorf wichtig sind. Sollte es zu einem Grounding von Air Berlin kommen, gehe der Flughafen Zürich davon aus, dass andere Fluggesellschaften diese Strecken übernehmen würden, sagte Zöchling.

Auf die Frage, ob Air Berlin in Zürich die Gebühren im voraus zahlen müsse, sagte Zöchling: «Wir haben Vorkehrungen getroffen, für den Fall, dass eine Airline den finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Inhaltlich machen wir dazu keine Angaben. Das ist eine Vereinbarung mit den Airlines.»

Der Flughafen Genf will laut einem Sprecher am (morgigen) Donnerstag entscheiden, ob er von Air Berlin Vorauskasse verlangt oder weiterhin Rechnungen schickt.

Swiss an Slots interessiert

Die Swiss äusserte bereits Interesse an den Start- und Landefenstern von Air Berlin (im Fachjargon Slots genannt). «Wir sind generell an allen Slots - unabhängig davon, welche Airline sie freigibt - interessiert, die in unsere Hauptabflugzeiten fallen und den täglichen Betrieb verbessern», sagte Swiss-Sprecher Stefan Vasic.

Bei den Flughäfen Zürich und Genf erfolgt die Slot-Vergabe durch den unabhängigen Koordinator Slot Coordination Switzerland (SCS). Falls bei einer vollständigen oder teilweisen Übernahme der Air Berlin keine Übertragung der Slots an die neue Eigentümerin stattfinde, würden diese in einen «Slot-Pool» fallen, erklärte das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL). Daraus würden sie den Fluggesellschaften zugeteilt, die einen Antrag stellen würden.

Die Europäische Reiseversicherungs AG (ERV) glaubt indes an ein Weiterbestehen der Air Berlin. Die ERV gewähre weiterhin Deckung und der Airline-Insolvenzschutz (AIP) sei weiterhin buchbar, teilter der Versicherer mit.

(sda/cfr/gku)