Mitte März machte eine spektakuläre Meldung aus Österreich auch in der Schweiz die Runde: Der ukrainische Oligarch Dimitry Firtasch wurde von den Behörden in Wien verhaftet, auf Begehren der USA. Firtasch war in der Schweiz an diversen Firmen beteiligt. Ende März kam er im Nachbarland gegen eine Kaution in Rekordhöhe von 125 Millionen Euro auf freien Fuss.

Warum die Amerikaner auf Dimitry Firtasch ein Auge geworfen hatten, war für die Öffentlichkeit lange Zeit nicht klar. Nun legt das Justizdepartement die Karten offen auf den Tisch und klagt Firtasch sowie diverse weitere Personen wegen Bestechung, Geldwäscherei und organisierter Kriminalität («Racketeering») ein.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

500 Millionen Dollar - pro Jahr

Es geht um Rohstoffdeals in Indien: Seit 2006 sollen Firtasch und Kollegen laut dem FBI Chicago mindestens 18,5 Millionen Dollar Bestechungsgelder an indische Politiker und Staatsbeamte bezahlt haben, damit die Firmen an Lizenzen zum Abbau von für Titan benötigte Rohstoffe herankamen.

Die USA klagen Firtasch an, weil er über seine Strohmänner auch in den USA aktiv war – und der Aviatik-Konzern Boeing mit den Firtasch-Firmen beabsichtigte, ins Geschäft zu kommen. Damit sehen sich die Amerikaner für diesen Fall zuständig.

Fakt ist: Bereits 2013 wurde die Anklage im Bundesstaat Illinois deponiert, allerdings zuerst «versiegelt» hinterlegt, erst diesen April wurde sie öffentlich. Während den Ermittlungen hörten die Beamten diverse E-Mail-Korrespondenz zwischen Firtasch und seinen Kollegen ab - auch mindestens ein Handy wurde überwacht.

Hilfsbereiter Ex-CS-Kadermann aus Neuhausen am Rheinfall

Der Indien-Deal hätte Firtasch und Co. um die 500 Millionen Dollar jährlich einbringen sollen, ist in einer Pressemitteilung des FBI zu lesen. Zum Start der Unternehmung ging die heute im Kanton Freiburg ansässige Bothli-Trade AG mit der Regierung des indischen Bundesstaates Andhra Pradesh eine Absichtserklärung für den Titan-Deal ein.

Später benutzte die Gruppe die Ostchem Holding AG aus Wien, die auch in der Schweiz über Ableger verfügte. Und wieder spielte auch hier die Bothli-Trade die Mittlerrolle; in einem offiziellen Dokument präsentierte man den Indern die «Schweizer Firma» Bothli-Trade als zur Ostchem-Holding zugehörig.

Bis Ende 2012 logierte die Bothli-Trade in Schaffhausen, bei Ex-Credit-Suisse-Kadermann und «Quartermaster/Captain» der Schweizer Armee, Hans Peter Moser. Mit seiner Vollmacht der seit 1992 «existierenden» Firma Bothli-Trade aus Neuhausen am Rheinfall unterschrieben Geschäftspartner Verträge, die in Indien öffentlich einsehbar sind.

Konti bei Credit Suisse, ZKB, Gazprombank - auch UBS?

In der Anklageschrift (siehe Downloads) werden über 150 Firmen genannt, nur wenige Player sind anonymisiert - auch bei den Schweizer Konten hielt man sich nur vornehm zurück. Hier nennt das US-Justizministerium neben der Bothli-Trade und ihren diversen Nummernkonti in aller Welt unverblümt auch die NF Trading AG aus Zug, die Ostchem Trading GmbH sowie die Rosukrenergo (RUE) zur Einflusssphäre Firtaschs.

Die Schweiz ist jedoch beileibe nicht alleine, ist schon fast ein Exot: In Zypern rechnet das FBI über 80 dieser «Firmen» dem Firtasch-Clan zu - nicht wenige dieser Briefkästen tauchen in der Anklageschrift als Geldwäschevehikel auf. 

In der Schweiz lagerten laut der Anklageschrift Vermögen der Truppe bei BNP Paribas Suisse, der Credit Suisse, der Zürcher Kantonalbank sowie dem Schweizer Ableger der Gazprombank. In der Anklageschrift werden dutzende von Schmiergeld-Transaktionen über diverse Firmen in mehreren Ländern im Detail aufgelistet. Die Bothli-Trade hatte laut der Anklage mit diesen Transfers mehrfach zu tun.

Zur Zeit der Aktivitäten in Indien behauptete die Bothli-Trade öffentlich, ihre Hauptbank sei die UBS AG in Schaffhausen. Bestätigt ist dies seitens der Bank nicht.

Geschäfte mit Mafia-Paten

Dimitry Firtasch ist seit Jahren einer der prominentesten ukrainischen Oligarchen. Erstmals geriet er ums Jahr 2004 mit der Firma RosUkrEnergo (RUE) ins Visier der USA und der Weltöffentlichkeit. RUE war eine zwischengeschaltete Firma, die im «Gasstreit» zwischen Russland und der Ukraine Milliarden garnierte. Dass Firtasch an RUE beteiligt war, blieb lange unbekannt. In einem Gespräch mit einem US-Botschafter, das Wikileaks veröffentlichte, gab Firtasch im Jahr 2008 zu, er habe mit dem Mafiapaten Sergei Mogiljewitsch geschäftet.

Obwohl Firtasch beste Beziehungen zu Viktor Janukowitsch unterhielt, auch als dessen wichtigster Gönner galt, wurden gegen ihn bisher von der Schweiz keine Sanktionen ausgesprochen. Ganz im Gegensatz zu diversen politisch und wirtschaftlich einflussreichen Russen und Ukrainern, unter anderen auch den Janukowitsch-Clan, gegen die der Bundesrat kürzlich einschneidende Massnahmen ergriff.