Dieser Firma ist kein Eigenlob zu gross. «Wir verändern die Medizin.» Oder schlicht: «Erwarten Sie mehr von uns.» Osiris Therapeutics, eine Biotechfirma aus Maryland, hat schier grenzenlose Ambitionen. Sie will die Stammzellenforschung revolutionieren und in der Wundheilung weltweit Massstäbe setzen.

In der fernen Schweiz, wo die Eigner der Firma sitzen, dürften derzeit allerdings leise Zweifel aufkommen, ob die Firma auch hält, was sie verspricht. Da wäre Peter Friedli, Risikoinvestor aus Zürich. Er hält 43 Prozent an der Firma, ist Co-Gründer und Präsident.

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Friedli ist Wagniskapitalist der ersten Stunde und geniesst in der Branche einen legendären Ruf. Der hemdsärmelige Investor hat bereits vor über dreissig Jahren sein Jagdrevier in die USA verlegt, Dutzende Firmen hochgezogen und an die Börse gebracht – und damit so viel verdient, dass er seit Jahren in der Reichsten-Liste der «Bilanz» figuriert.

Schmidheiny und Sommer an Bord

Doch mit Osiris kann weder Friedli noch sein Mitstreiter Thomas Schmidheiny glücklich sein. Der frühere Industrielle und heutige Ankeraktionär beim Zementriesen LafargeHolcim ist mit 9 Prozent an der Biotechfirma beteiligt. An Bord ist auch Uwe Sommer, Chef des deutschen Molkereikonzerns Müller und Ex-Marketing-Chef von Lindt & Sprüngli. Sommer ist seit März Aktionär und Verwaltungsrat von Osiris.

Die jüngsten Meldungen aus Übersee sind nicht angetan, dem illustren Trio neue Zuversicht einzuflössen. Mitte März teilte die Biotechfirma nämlich mit, dass sie vom Nasdaq-Börsentableau verbannt werde. Weil sie versäumt habe, verlässliche Abschlüsse zu den Jahren 2014, 2015 und 2016 vorzulegen. Auch die Kernziffern für das erste Quartal 2017 hat man noch nicht griffbereit. Nun wird die Aktie nicht mehr an der Nasdaq gehandelt, sondern über eine ausserbörsliche Plattform, wo die gesetzlichen Mindestanforderungen bescheiden und die Risiken dafür umso grösser sind.

Zahlensalat mit Personalkonsequenzen

Die chronischen Bilanzierungsprobleme alarmierten auch Behörden. Im März 2016 leitete die Börsenaufsicht SEC ein Beweisaufnahmeverfahren («subpoena») ein. Einen Monat später lancierte das Justizdepartement eine «criminal investigation». Federführend sind New Yorker Staatsanwälte, die bei Wall-Street-Bankern und Fifa-Funktionären gefürchtet sind. Obendrein haben auch noch Aktionäre Schadenersatzklagen eingereicht.

Die vor wenigen Tagen nachgereichten revidierten Umsatzzahlen für das Jahr 2014 deuten auf einen internen Zahlensalat hin. Anfänglich hatte Osiris einen Umsatz von 59,9 Millionen Dollar vermeldet. Beim Nachrechnen ist das Ergebnis auf 48 Millionen geschrumpft – ein Minus von über 20 Prozent. Die Gründe für die Abweichungen sind unklar. Die Firma spricht von «accounting errors». Zwischenzeitlich sind der Chef, der Finanzchef, der Auditor und Verwaltungsräte von Bord.

Aktienkurs belastet

Das neue Management arbeite hart, um die Probleme in den Griff zu bekommen, schreibt Friedli in Firmenunterlagen. Man setze alles daran, um wieder fristgerecht zu rapportieren. Im Sommer, so die Ankündigung, sollten die korrekten Abschlüsse für 2015 und 2016 vorliegen. Friedli will gegenüber der «Handelszeitung» keine Fragen beantworten. Und Schmidheinys Sprecher sagt: «Zur Entwicklung bei reinen Portfoliobeteiligungen nimmt Thomas Schmidheiny grundsätzlich nicht Stellung.» Das Investment sei einst erfolgt, weil Stammzellen eines der zentralen Themen im Gesundheitsbereich seien.

Osiris galt tatsächlich lange als Star der Biotechwelt. Mehrfachinvestor Friedli war überzeugt: «Von all meinen Firmen könnte diese die grösste Bedeutung bekommen.» Osiris machte 2012 weltweit Schlagzeilen, weil sie eine erste Zulassung für ein Stammzellenpräparat erhielt. Zwar sind die Hoffnungen in die Forschungskraft intakt, doch die Reportingprobleme und der Ärger mit Investoren und der Justiz lasten schwer auf dem Aktienkurs.

Standhaftigkeit gefragt

Das hat Auswirkungen bis in die Schweiz. Friedlis Beteiligungsgesellschaft New Venturetec ist nämlich schwergewichtig in die illustre Biotechfirma engagiert. Neben Osiris entwickelt sich auch das zweite Venturetec-Investment, jenes in die Gentechfirma Myriad Genetics, nicht so zügig wie gewünscht.

Die schlechten Neuigkeiten aus Übersee haben New Venturetec das Geschäftsjahr 2015/2016 verhagelt und einen Verlust von fast 61 Milllionen Dollar beschert. Die Beteiligungsgesellschaft, die einst über 1 Milliarde wert war, liegt heute bei 10,5 Millionen. Friedli, der erprobte Kämpfer im wilden Risikokapitalgeschäft, weiss um die Herausforderungen von Bio- und Hightechfirmen. Im jüngsten Geschäftsbericht schreibt er: «New Venturetec bleibt ein riskantes Investment mit einem hohen Risiko auf einen Totalverlust.» Gleichwohl arbeite man hart daran, neue Werte zu kreieren.