Bald rollt in der Axpo Super League, der höchsten Spielklasse im Schweizer Fussball, wieder der Ball. Die Budgets der hiesigen Klubs sind auch in Krisenzeiten mehrheitlich solide. Doch fällt im Vergleich mit europäischen Top-Vereinen auf, dass die Einnahmen der Schweizer Spitzenteams vor allem bei den TV-Einnahmen stark zurückstehen. Solange sich diese Situation nicht bessert, dürften Erfolge auf internationaler Vereinsebene für Schweizer Klubs daher die Ausnahme bleiben.

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FCZ: Defizit wegen TV-Rechten

Der Umsatz des Schweizer Meisters FC Zürich konnte während der letzten Saison auf 23 Mio Fr. gesteigert werden. Das Sponsoring und der Verkauf von Merchandising zeigen sich robust, auch beim Verkauf der Jahreskarten zeichnet sich kein Rückgang ab. Dennoch ist man beim FC Zürich mit der aktuellen Situation nicht gänzlich zufrieden. «Die geringen TV-Gelder sind die Hauptursache dafür, dass wir zu Beginn der Saison mit einem strukturellen Defizit starten», so Ancillo Canepa, Präsident des FC Zürich.

Vergleicht man die Erträge des Schweizer Meisters mit denen ausländischer Vereine, sollten die TV-Gelder rund 30 bis 35% der Einnahmen ausmachen (siehe auch Grafik unten). Beim FC Zürich sind es derzeit nur rund 5% (rund 1 Mio Fr.). Zudem müssten mehr Zuschauer ins Stadion gelockt werden. Der FC Basel, einer der schärfsten Konkurrenten um den Meistertitel, verfügt mit über 20000 Stadionbesuchern über einen doppelt so hohen Schnitt wie der FC Zürich.

Das ist ein gewichtiger finanzieller Nachteil für den FCZ, denn bei Schweizer Klubs machen die Zuschauereinnahmen durchschnittlich 37% der Gesamterträge aus. Zürich sei ein hartes Pflaster, so Canepa, doch könne mit dem noch zu realisierenden reinen Fussballstadion die Zuschauersituation verbessert werden.

In den letzten Jahren konnte der FC Zürich häufiger Spieler gewinnbringend ins Ausland verkaufen. Auch jetzt sollen dem Schweizer Meister einige Stars wieder einen stolzen Beitrag in die Kasse spülen. Solche Erträge sind jedoch kaum planbar. «Wir budgetieren jeweils einen Transfererlös von 1 bis 2 Mio Fr.», so Canepa. Denn Spielerverkäufe sind mit einigen Unsicherheiten verknüpft. So können etwa Verletzungen den Marktwert eines Profis mindern.

FC Basel mit Umsatzrekord

Dem FC Basel reichte es in der abgelaufenen Saison hinter dem FC Zürich und den Berner Young Boys zwar nur zum dritten Meisterschaftsplatz. Geht es um wirtschaftliche Faktoren, bleibt der Klub unangefochten die Nummer eins in der Schweiz. «Dank der nicht budgetierten Einnahmen aus der Champions League und durch besonders hohe Transfererlöse konnte der Umsatz auf 60 Mio Fr. gesteigert werden», so Bernhard Heusler, Delegierter des Verwaltungsrates und Vizepräsident des FC Basel. Das ist beinahe dreimal mehr als beim FC Zürich. Bleiben aber die sportlichen Erfolge und die kaum planbaren Spielerverkäufe aus, kann der Umsatz schnell wieder auf die Budgethöhe von 30 Mio Fr. absinken. Langfristige Verträge, etwa mit Hauptsponsor Novartis, geben dem FC Basel in der Krise Sicherheit.

Zudem bleibt der FC Basel immerhin bei den Zuschauereinnahmen Schweizer Meister. Trotz Krise konnten gegen 23000 Saisonkarten verkauft werden. «Damit gehören auch unsere Zuschauerinnen und Zuschauer zu unseren allerwichtigsten Sponsoren, denn rund zwei Drittel unseres Budgets bestreiten wir direkt mit dem Kerngeschäft, den Matcheinnahmen», so Heusler. Enttäuschend ist die Situation in Basel aber ebenfalls bei den TV-Geldern. Wie beim FCZ nimmt man auch beim FC Basel mit Enttäuschung zur Kenntnis, dass der Schweizer TV-Markt nicht mehr hergibt. Das sei kein Vorwurf an die TV-Stationen, doch habe der Verein im internationalen Vergleich einen grossen Nachteil, so Heusler. Die TV-Einnahmen machen für über 30 FCB-Live-Spiele rund 1 Mio Fr. pro Jahr aus. Zum Vergleich: Top-Verdiener Real Madrid erhielt von den TV-Stationen im letzten Jahr über 200 Mio Fr.

Der Aufsteiger zählt auf Gönner

In der Ostschweiz werden trotz des sportlichen Aufstiegs in die Beletage des Schweizer Fussballs kleinere Brötchen gebacken. «Der FC St. Gallen hatte in der Challenge League ein Budget von 6,5 Mio Fr., in der Super League wird das Budget zwischen 7 und 8 Mio Fr. betragen», so Michael Hüppi, Präsident des FC St. Gallen. «Vom Aufstieg erwarten wir Mehreinkünfte bei den Zuschauereinnahmen, der Werbung und den TV-Erträgen», sagt Hüppi. Die finanziellen Möglichkeiten des Vereins bleiben jedoch begrenzt. «Ein rigoroser Sparkurs und die permanente Aufgabe der Mittelbeschaffung stehen im Vordergrund», so Hüppi.

Bei der Mittelbeschaffung sind Donatorenvereinigungen ein wesentlicher Faktor und auch Spielertransfers müssten mehrheitlich drittfinanziert werden. Die Bereitschaft von Unternehmern, deren Betriebe selbst von der Krise betroffen sind, Mittel in den Verein zu stecken, hat hingegen nachgelassen. Dennoch bleibt der FC St. Gallen von privaten Geldgebern abhängig. «Diese Situation kann sich vorderhand nicht ändern, bis die wirtschaftliche Situation des FC St. Gallen so ist, dass er über das Ticketing, Marketing und Merchandising sowie die TV-Gelder zusätzliche Mittel generieren kann», sagt Hüppi.



Nachgefragt

«Das sportliche Gefälle wird noch grösser»

Helmut Dietl lehrt am Institut für Strategie und Unternehmensökonomie der Universität Zürich.

Wie können im Schweizer Profifussball die Einnahmen gesteigert werden? Helmut Dietl: Man müsste den Markt vergrössern. Die Frage ist aber, wie. Beispielsweise bringt ein Zusammenschluss mit der österreichischen Liga nicht viel, weil der Markt auch dann noch deutlich zu klein wäre. Die Super League soll demnächst von zehn auf zwölf Teams vergrössert werden. Ist das der richtige Schritt?

Dietl: Dann müssen sich noch mehr Klubs den ohnehin nicht allzu grossen Kuchen teilen. Vermutlich wird dadurch nur das sportliche Gefälle noch grösser.

Weshalb sind in anderen Ligen die TV-Übertragungsrechte die Haupteinnahmequelle der Teams und in der Schweiz die Billetteinnahmen?

Dietl: Die Stadionzuschauer kommen in der Regel aufgrund relativ hoher Transportkosten und -zeiten aus dem geografischen Einzugsgebiet der Klubs. Wer in Bern wohnt, geht zu den Young Boys, wer in Basel wohnt, zum FC Basel. Bei den Fernsehzuschauern ist das anders. Hier spielen Transportkosten und -zeiten keine Rolle. In der Schweiz müssen sich deshalb zehn oder bald zwölf Teams einen Fernsehmarkt von 6 bis 7 Mio Einwohnern teilen. In Deutschland beispielsweise kämpfen 18 Klubs um einen Markt von 80 Mio Einwohnern.

Welche Probleme haben die Vereine bei der Finanzplanung?

Dietl: Die Planung der Klubfinanzen unterliegt in vielen Dimensionen grossen Risiken. Während die Ausgabenseite durch vertragliche Verpflichtungen relativ gut abgeschätzt werden kann, ist die Einnahmenseite sehr stark vom sportlichen Erfolg abhängig. Dieser ist aber schwierig zu kalkulieren, weil er nicht nur von den eigenen Entscheidungen abhängt, sondern auch von denen der anderen Klubs.

In der Schweiz verfügt der FC Basel über das grösste Budget. Was bedeutet das für den Sport?

Dietl: In der Regel besteht ein enger Zusammenhang zwischen Budget und sportlichem Erfolg. Die Spieler, Trainer und Manager sind vollkommen mobil. Sie gehen dorthin, wo ihnen am meisten geboten wird. Wenn keine Managementfehler gemacht werden, gewinnt der Klub mit dem meisten Geld.

Um einen spannenden Meisterschaftsbetrieb zu garantieren, stehen Budgetgrenzen zur Debatte. Ist der sportliche Misserfolg des FC Basel der Beweis dafür, dass Klubbudgets nicht reguliert werden müssen?

Dietl: Wenn man die Budgets nicht reguliert, droht ein ruinöser Rüstungswettlauf. An dessen Ende sind viele Spieler Multimillionäre und viele Klubs insolvent. Zudem besteht die Gefahr, dass die Ligen zu unausgeglichen werden. Dieses Problem wird zumindest teilweise dadurch abgefedert, dass nicht nur die Meisterschaft, sondern auch der Kampf um Startplätze in der Champions League und der Europa-Liga sowie der Abstiegskampf spannend sind.