Mit Kurzarbeit, Entlassungen und Auslagerungen macht derzeit die Neuenburger Uhrenindustrie Schlagzeilen. Die Probleme insbesondere für die kleinsten Marken, Zulieferer oder Ausrüster sind offensichtlich. Die Betroffenen wollen aber nicht von einer alarmierenden Lage sprechen.

Die Neuenburger Uhrenmarke Ulysse Nardin hat Ende Mai die Entlassung von 26 ihrer 320 Beschäftigten in La Chaux-de-Fonds und in Le Locle angekündigt. Bulgari will Mitte Juli eine seiner zwei Fabriken in La Chaux-de-Fonds schliessen. Betroffen sind rund 20 Angestellte, von denen sieben mit einer Entlassung rechnen müssen.

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Negativtrend hat sich beschleunigt

Bei der Gewerkschaft Unia heisst es, dass die Bestellungen und das Arbeitsaufkommen in der Uhrenindustrie seit dem letzten Quartal 2014 rückläufig seien. Es habe daher in La Chaux-de-Fonds und in Le Locle Kurzarbeit und Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen gegeben, stellte Gewerkschaftssekretär Francisco Pires auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda fest. Der negative Trend habe sich beschleunigt.

Ausserdem seien Temporärangestellte, die als erste von wirtschaftlichen Rückgängen betroffen seien, in der offiziellen Statistik nicht aufgeführt. Ebenfalls nicht in den Arbeitslosenstatistiken tauchen die Grenzgänge auf. Laut Romain Galeuchet vom Arbeitgeberverband der Schweizer Uhrenindustrie darf jedoch nicht generalisiert werden. Die Situation sei je nach Firmenaktivität unterschiedlich.

Nullwachstum wegen Hongkong

Es gebe keinen allgemein negativen Trend, bestätigt auch René Weber, Analyst bei der Bank Vontobel. Die Zeiten, in denen die Uhrenindustrie mit Riesensprüngen gewachsen sei, seien vorbei. Man erwarte nicht mehr ein zweistelliges Exportwachstum.

Für 2015 erwarte man sogar ein Nullwachstum aufgrund der Absatzrückgänge in Hongkong. Diese «Schwächephase» dürfte nach Ansicht des Analysten noch eine Weile anhalten.

«Spezialfall» Ulysse Nardin

Entlassungen wie bei Ulysse Nardin seien «Spezialfälle» und würden nicht die generelle Lage in der Branche widerspiegeln. Neben der Frankenstärke spiele die geopolitische Lage auf den verschiedenen Exportmärkten eine wichtige Rolle. Ulysse Nardin sei stark abhängig von den Märkten in Russland und der Ukraine und leide daher unter der Ukrainekrise.

Weltweit habe die Uhrenindustrie Probleme sich zu positionieren, glaubt Romain Galeuchet. Aber die grossen Uhrenmarken könnten derzeit sehr wohl mit der Problematik der Frankenstärke umgehen.

Keine Besserung in Sicht

Schwieriger sei es für die ganz kleinen Uhrenfirmen, die nicht zu einem grossen Konzern gehörten, oder auch für einige unabhängige Zulieferer sowie für Unternehmen der Mikromechanik. Diese müssten sich der europäischen Konkurrenz stellen. Und hier verspüre man auch eine Verunsicherung, auch wenn die Situation nicht katastrophal sei.

Einen starken Bestellungsrückgang bei Zifferblättern verzeichnet etwa die Firma Montremo in La-Chaux-de Fonds. Firmenchef Giuseppe Carrubba stellt einen Nachfrageeinbruch auf dem chinesischen Markt fest. Im Gegensatz zu vergangenen kurzfristigen Krisen sei nach zwei Jahren mit kontinuierlichen Rückgängen noch immer keine Besserung in Sicht.

Kurzarbeit ist für den Gewerkschafter Pires eine gute Möglichkeit, um die Zeit bis zur Verbesserung der Lage zu überbrücken. Dadurch könnten Arbeitsplätze erhalten werden.

(sda/gku/ise)