Als die Aktie vor einigen Jahren ins Bodenlose fiel, ergoss sich nur noch Wut und Häme über die Macher hinter der Firma Precious Woods. Millionen von Franken hatte das Zuger Forstwirtschaftsunternehmen im Korruptionssumpf des Amazonas und in den Wäldern von Gabun versenkt. Die Firma stand vor dem Ende, wurde nach der Finanzkrise von der Börse genommen. «Wir mussten tief unten durch», sagt Ernst A. Brugger, früher einfacher Verwaltungsrat der Firma.

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Doch jetzt soll alles anders werden. «Aufbruch» ist das Wort der Stunde. Noch diesen Monat will sich Precious Woods frisches Kapital besorgen. Einen Konkurrenten möchte man schlucken. Das Geschäft mit ökologisch und sozial einwandfreiem Tropenholz soll endlich Geld abwerfen. Fernziel ist der neuerliche Börsengang. Brugger ist inzwischen Verwaltungsratspräsident und sagt: «Wir haben den Turnaround geschafft.»

Der Kater nach der Feier

Offenbar sind davon auch viele der prominenten Aktionäre überzeugt. «Grössere Aktionäre haben ihre Bereitschaft erklärt, sich an der Kapitalerhöhung zu beteiligen», sagt Brugger. Grösster Aktionär ist der Thurgauer Immobilienmogul Werner Fleischmann mit fast 12 Prozent. Implenia-Hauptaktionär Max Rössler kommt auf 10 Prozent. Der Sänger des Zürcher Elektropop-Duos Yello, Dieter Meier, hält 9 Prozent. Und rund 3 Prozent der Aktien sind im Besitz der Holding von Michael Pieper, der den Ostschweizer Bauausrüster AFG, den Berner Automobilzulieferer Feintool und den Zuger Bodenbelagshersteller Forbo kontrolliert. Die Basler Versicherungen und die Novartis-Pensionskasse halten weitere grössere Beteiligungen.

Die meisten Investoren stiegen schon zu Beginn der Nullerjahre ein. Damals herrschte pure Euphorie an den Börsen und Precious Woods traf mit seinem Nachhaltigkeits-Credo den Nerv der Zeit. Der damalige starke Mann der Firma, der inzwischen verstorbene Andres Gut, war ein begnadeter Missionar. Ein früherer Mitarbeiter bezeichnet ihn als zugkräftigen Leader. Anleger folgten ihm blind. Auf 150 Franken schoss die Aktie hoch. Dann strandete das Papier bei unter 10 Franken. Millionen ans Bein streichen mussten sich etwa die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich (BVK) und Roche-Erbin Beatrice Oeri, die beide einst zu den Grossaktionären gehörten.

Hohe Verschuldung

Zum Verhängnis geworden ist Precious Woods unter anderem die hohe Verschuldung. Gegen die Mehrheitsmeinung im Verwaltungsrat hatte der damalige Präsident Gut einen 30-Millionen-Kredit bei der Deutschen Bank durchgeboxt, um das Business in Gabun zu forcieren. Dann schlug die Finanzkrise ein. Die Konjunktur in den wichtigsten europäischen Abnehmerländern brach ein, die Gesellschaft drohte an den horrenden Schulden zu ersticken. Der Bankkredit sei zur «Bleikugel» mutiert, sagt Brugger über jene Zeit.

Zu den Schulden gesellten sich damals ungeklärte Eigentumsverhältnisse in Brasilien. Vier Fünftel der Landtitel, die Precious Woods besass, waren umstritten. So pochten beispielsweise mehrere Grundbuchämter gleichzeitig darauf, für die entsprechenden Landstriche zuständig zu sein. Als Folge wurden Unsummen an Katasterämter und Anwälte überwiesen, um die Kaufverträge nachträglich zu legalisieren. Dies war derart schmerzhaft, dass der Verwaltungsrat lange über einen Exit aus dem Brasiliengeschäft sinnierte. Es wäre nicht der erste Befreiungsschlag gewesen: 2011 hat die Firma bereits ihr Zentralamerika-Business an zwei Schweizer Grossaktionäre veräussert. Einer der beiden ist Michael Pieper.

Ruhe nach dem Sturm

Seit zwei Jahren ist nun aber an mehreren Fronten Ruhe eingekehrt, auch innerhalb des Unternehmens. Neben Verwaltungsratspräsident Brugger führt Markus Brütsch das Unternehmen in Personalunion als Chef und Finanzchef. Er hat die Bilanz entschlackt und zweimal hintereinander ein positives Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen geliefert. Damit hat er den Boden bereitet für den jetzigen Aufbruch: Dazu gehört der geplante Kauf einer zentralafrikanischen Holzfirma. Die Übernahme wäre ein Coup. Sie würde Precious Woods zu einem der wichtigsten Player im Handel mit FSC-zertifiziertem Tropenholz machen. Rund ein Siebtel des weltweiten Handels würde dann von Zug aus kontrolliert. «Gegenwärtig befinden wir uns in einer vertieften Due Diligence dieser Firma», sagt Brütsch.

Das alles braucht Geld. Zwei Millionen Aktien will Precious Woods bis Ende Juni herausgeben, was rund 10 Millionen Franken in die Kassen spülen dürfte. Das Neugeld soll für Investitionen und die weitere Entschuldung genutzt werden, denn die Zinslast wiegt schwer. Jedes Jahr verschlingt sie fast 10 Prozent des Umsatzes. Die Eigenkapitalquote liegt bei mageren 18 Prozent. Eine Quote von 35 Prozent ist angestrebt.

Teilexit aus Brasilien

Weitere Millionen wollen die beiden aus dem Amazonas-Geschäft lösen. Brugger und Brütsch prüfen einen Teilexit aus Brasilien und suchen nach einem Minderheitsaktionär, der sich für rund 10 Millionen Franken einkauft. Zusammen mit den 10 Millionen Franken, die die Kapitalerhöhung in die Kassen spülen soll, ergibt sich so eine Summe von 20 Millionen Franken, die für die Vorwärtsstrategie freigesetzt ist. Weitere Gelder könnten von der Weltbank kommen, mit der man im Gespräch für die Finanzierung von Energieprojekten sei, wie Brugger ausführt.

Doch für den ganz grossen Wurf – die Akquisition des Konkurrenten in Afrika – reicht das noch nicht. «Wir prüfen den erneuten Gang an die Schweizer Börse», sagt Brugger. Voraussetzung wäre, dass Precious Woods die Verschuldung herunterbringt und so in der Schweiz wieder «bankenfähig» wird, wie es im Jargon heisst. Genau darauf arbeiten Brütsch und Brugger hin. Mit einstiegswilligen Fonds ist man bereits im Gespräch.

Langer Weg

Ein Relisting an der Börse brächte wieder Bewegung in den Handel mit der Aktie. Seit der Dekotierung vor drei Jahren wird der Titel über die OTC-Plattform der Zürcher Kantonalbank gehandelt, entsprechend tief sind die Handelsvolumen. In diesem Jahr habe lediglich ein Grossaktionär substanziell zugekauft, sagt Markus Brütsch.

Auf dem Weg zurück zu neuer Stärke warten aber Stolpersteine: Der Deal in Afrika ist noch nicht in trockenen Tüchern, Gabun ist notorisch klamm, in Brasilien drohen zwei Bussen wegen früherer Verfehlungen, ausserdem fehlt noch ein Minderheitsaktionär für das Amazonas-Geschäft. Nicht zuletzt klebt ein Umweltsünder-Image am Tropenholz. «Manche Nichtregierungsorganisationen predigen den konsequenten Verzicht als einzige Möglichkeit, den Regenwald zu schützen. Dabei zeigen zahlreiche Studien, dass nur eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes ausreichend Schutz bietet», sagt Brugger.

Image-Problem im Büro

Am Image muss der Präsident indes selbst arbeiten. Sein Schreibtisch im Zürcher Büro ist aus einfachem Holz. Auf die Frage, um welches Holz es sich handelt, antwortet er: «Es ist kein Tropenholz, ich weiss aber auch nicht, um welche europäische Holzart es sich handelt.» Immerhin: Für sein Zuhause im Glarnerland habe er nun einen Tropenholztisch bestellt.