Der elegante Gegenstand aus blank poliertem Holz würde perfekt in eine skandinavische Wohnlandschaft passen. Es ist aber kein Designmöbel, sondern modernste Technik mit dem Ziel, Musik zum Klingen zu bringen. Eine Lautsprecherbox also? «Richtig», sagt Sven Boenicke, der Erbauer des kleinen Gerätes. Und als hätte er die nächste Frage geahnt, sagt er: «Angesichts von Tausenden von Lautsprecherherstellern, die es weltweit bereits gibt, ist die Überlegung berechtigt, wozu es uns in diesem hart umkämpften Markt überhaupt braucht.»

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Angefangen hat alles mit einem Hobby. Wie andere Jugendliche mit knappem Budget bastelte und schraubte auch Boenicke früh schon an Musikanlagen herum. Er tunte an der Tontechnik und erprobte eigene Schallwandlerkonzepte. Aus dieser Passion entstand ein kleineres Geschäft, von dem Boenicke auch nach seinem Sportlehrerstudium nicht losliess.

Ein Boxenpaar kostet 14'500 Franken

Also gründete er vor 15 Jahren seine auf «Audio» fokussierte Firma. Unter anderem nahm er im Auftrag von Veranstaltern und Orchestern immer wieder Live-Konzerte auf zwecks Archivierung oder Herausgabe auf CD. Bei der vielen Zeit, die er in Konzertsälen verbrachte, wurde ihm deutlich, dass in der Wiedergabe von Musik noch etliches Verbesserungspotenzial schlummerte. Inspiriert von dieser Einsicht entwickelte er im Laufe der Jahre eine Reihe von grossen und grössten Lautsprechermodellen, denen international renommierte Kritiker in klanglicher Hinsicht Weltklasse bescheinigen.

Allerdings haben die überwiegend handwerklich in Kleinserien hergestellten Geräte einen hohen Preis. Ein Boxenpaar des Modells SLS etwa, ein schlanker, anderthalb Meter hoher Turm, kostet 14'500 Franken – eine Ausgabe, wie sie sich nur wenige Liebhaber leisten dürften. «Unsere Kunden sind Hörer mit höchsten Ansprüchen, für die Musik eben eine besondere Lebensqualität bedeutet», sagt Boenicke.

Kleinere Modelle geplant

Seine «Rollys Royce»-Lautsprecher entwickelten sich zwar zu einem durchaus einträglichen Geschäft. Aber in grösseren Stückzahlen konnte er die teuren Schwergewichte bislang nicht absetzen, zu hoch war die finanzielle Einstiegshürde für die meisten Käufer. Das soll sich nun ändern, mit dem handlicheren Modell W5, das die Basler Firma neuerdings lanciert hat. Dieses ist lediglich 30 Zentimeter gross, wiegt nur noch 3,5 Kilo und dürfte auch preislich – das Boxenpaar kostet 3590 Franken – zumindest Liebhaber und Geniesser nicht länger abschrecken.

Nur wenige Abstriche gibt es bei dieser «Miniaturisierungsvariante» in Bezug auf die Qualität. Wie schon bei den grösseren Boxen setzt Boenicke auf ein Gehäuse aus Massivholz. Dieses fertigt ein Zulieferer, die Möbelfabrik Muotathal. Sie fräst die Formen computergesteuert aus einem Holzblock. «Das Massivholzgehäuse ist unser eigentliches Markenzeichen», betont Boenicke. Alle anderen Hersteller von Lautsprecherboxen setzen beim Gehäuse auf Verbundstoffe, Metall oder Faserplatten. Auf die Idee mit dem Holzgehäuse ist die Basler Firma aber nicht einfach aus Exklusivitätsgründen gekommen.

Der Chef ist auch Entwickler

«Entscheidend war für uns, dass die Verwendung von Holz einen Qualitätssprung bedeutet», sagt Boenicke. «Denn die Töne klingen so natürlicher, authentischer und wärmer als mit modernen Materialien.» Der Chef, der auch Entwickler ist, erklärt sich diesen Effekt damit, dass der Materialklang von Holz demjenigen des menschlichen Knochens sehr ähnlich ist. Das mag allenfalls nach einer leicht esoterischen Philosophie tönen.

Aber zum Beweis klopft sich der Chef mit den Fingerknöcheln gleich aufs Felsenbein am eigenen Schädel und dann aufs Gehäuse der Box. Und tatsächlich: Ob Knochen oder Holz, der Klang ist praktisch identisch. Die Technik in den Lautsprechern ist aus sorgfältig ausgewählten Komponenten zusammengebaut, den besten eben, die auf dem globalen Beschaffungsmarkt erhältlich sind. «Letztlich beeinflusst jedes Teilchen, selbst die kleinste Schraube, den Klang», stellt Boenicke klar.

Zu 70 Prozent Handarbeit

Die Fertigung der kostbaren Lautsprecherboxen erfolgt zu 70 Prozent in Handarbeit. Der Chef, der sein Unternehmen schlank organisiert hat und auf ein Netz von Freelancern und Zulieferern setzt, ist beim aktuellen Ausstoss von wöchentlich 2 bis 3 Paar Lautsprechern immer noch in der Lage, selbst fürs letzte Tuning zu sorgen.

Ob dies auch in Zukunft so bleiben wird, ist fraglich. Die Präsentation der neu lancierten W5 ist auf Fachmessen auf so grosses Interesse gestossen, dass in Basel bald grössere Bestellungen eintreffen könnten. Dies würde die Kleinfirma nicht in Verlegenheit bringen. «Problemlos könnten wir den Fertigungsgrad bei den Zulieferern schnell um eine oder zwei Stufen erhöhen», versichert Boenicke. Das Wachstum wäre durchaus zu verkraften und aus eigenen Mitteln finanzierbar. Vielleicht setzen also die Lautsprecher aus Basel bald zum grossen Sprung an. Damit die Welt jenen wunderbaren Klang erhält, wie ihn die glatte Oberfläche blank polierten Holzes oder auch ein Schädelknochen verspricht.