Das Selfie zeigt fünf Männer in einer Kneipe im Halbdunkel, wie sie ihre Münder zum Wettrülpsen aufreissen. Mit fünf Halben im Blut mag das für die Kumpel ganz lustig sein – nur will es kaum jemand sehen: Das Selfie zeichnet sich durch fast alle Faktoren aus, die es zu einem erfolglosen machen.

Wann ein Selbstporträt per Kamera gut oder schlecht ist, hat Andrej Karpathy, Informatik-Doktorand der Stanford University, herausgefunden. Der Kopf sollte leicht zur Seite geneigt sein und etwa ein Drittel des Bildes ausmachen.

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Technische Feinheiten entscheidend

Am besten ist es in der Mitte und etwas weiter oben platziert, auf jeden Fall so, dass die Stirn nur zum Teil zu sehen ist. Wer lange Haare hat, sollte sie zeigen, am besten, wie sie nach vorn über der Schulter liegen.

Wie Karpathy in seinem Blog schreibt, ist tatsächlich nicht nur die Attraktivität der Person auf dem Selfie für dessen Erfolg verantwortlich, sondern ebenso technische Feinheiten. Gern gesehen wird zum Beispiel ein Selfie mit Rand wie bei einem Passfoto.

Gegen Frauen kommen Männer nicht an

Schwarz-Weiss-Fotos funktionieren oft sehr gut, vor allem aber erhöht der Einsatz diverser Filter die Attraktivität eines Selfies: Leichte Überbelichtung oder ein Herunterregeln des Kontrasts verwischen die Konturen. Und das hat den Effekt, dass Hautunebenheiten nicht mehr unangenehm auffallen.

Männer können sich noch so viel Mühe geben: Sie haben kaum eine Chance, besonders beliebte Selfies zu produzieren. Unter den Top 100 der besten – und erfolgreichsten – Selfies sind nur Frauen.

«Keep it simple»

Doch auch Frauen können vieles falsch machen: Ist das Bild besonders schlecht belichtet oder das Gesicht zu nah herangezoomt, kommt das Selfie nicht gut an. Niemand will sehen, wie es in den Nasenlöchern oder in der Ohrmuschel eines Menschen aussieht. Zudem gilt die Regel: «Keep it simple», wie Karpathy schreibt. Es sollten nicht zu viele Personen auf dem Bild zu sehen sein.

Doch wie ist der Stanford-Student auf alle diese Kriterien gekommen? Zuerst hat er Fotos mit dem Schlagwort «#Selfie» gesucht. Fünf Millionen hat er gefunden, davon hat er zwei Millionen ausgesucht, auf denen auch tatsächlich ein menschliches Gesicht zu sehen war. Nicht berücksichtigt hat er Selfies, die erst vor weniger als einem Monat veröffentlicht wurden, da sie noch keine Chance hatten, ordentlich Likes zu sammeln.

Gute Selfies sind nach seiner Definition natürlich auch solche, die besonders viele Likes bekommen haben. Die eine Million mit den meisten Zustimmungen waren die guten, die andere Million die schlechten Selbstporträts.

Für Prominente gelten andere Regeln

Damit Unbekannte mit sehr wenigen und Prominente mit zahlreichen Followern die Ergebnisse nicht verfälschen, wurden auch deren Selfies herausgefiltert. Für Promis, so hat Karpathys Software ermittelt, gelten ohnehin andere Faktoren: Da sind auch Gruppenaufnahmen oder Männer-Selfies – wie wenn zum Beispiel Schauspieler Chris Pratt seinen Körper zeigt oder Justin Bieber seine hochgezogenen Augenbrauen – erfolgreich.

Die anderen zwei Millionen Selfies hat Kaparthy mit Hilfe einer Software bearbeiten lassen, die alle Fotos anhand von 140 Millionen Kriterien analysiert und mit der Beliebtheit der Aufnahmen kombiniert hat. Jeder kann die Güte seiner Selbstporträts damit selbst überprüfen.

Schnellcheck gibt Verbesserungstipps

Dazu hat Kaparthy die Software in einen Twitter-Bot integriert. Wer sein Selfie in einem Tweet verschickt, muss dazu nur den Bot mit @deepselfie erwähnen. Das Programm begutachtet das Foto und analysiert es.

Am besten ist es, ein Foto im quadratischen Format zu setzen. Ansonsten muss es die Software erst zuschneiden, und da kann Wesentliches verloren gehen. Innerhalb einer Minute soll die Antwort kommen. Wenn nicht, sollte man es erneut versuchen, rät Kaparthy.

Sein Versuch, die Software in Apples Betriebssystem iOS einzubauen, ist vorerst gescheitert – dafür habe ihm bislang schlicht die Zeit gefehlt, schreibt er in seinem Blog. Das aber wäre eine interessante Lösung: Das Smartphone meldet sich mit einem akustischen Alarm, wenn kaum einer das Selfie sehen möchte – und schlägt gleichzeitig vor, wie der Nutzer es verbessern kann.

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