Im Sommer 2016 habe ich die Aktien von Straumann empfohlen. Der Zeitpunkt für den Tipp war optimal; seither haben die Valoren des Zahnimplantateherstellers gegen 80 Prozent an Wert zugelegt. Nun haben mich Leser gefragt, ob sie jetzt aussteigen sollen. Also bitte, bei solch dicken Kursgewinnen, und dies innert gerade mal 16 Monaten, gibt es eigentlich nur eines: Gewinne ernten, sprich Aktien verkaufen.

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Nicht, dass ich für Straumann negativ eingestellt wäre. Im Gegenteil; seit Marco Gadola (53) 2013 zu Straumann zurückgekehrt ist und vom interimistisch als operativer Konzernchef agierenden Verwaltungsratspräsidenten Gilbert Achermann (53) die Konzernführung übernommen hat, wächst das Basler Unternehmen wieder in beachtlichem Tempo.

Rosige Aussichten

So auch im ersten Semester des laufenden Jahres; der Umsatz von Straumann kletterte um 14 Prozent, der Betriebsgewinn verbesserte sich überproportional um 21 Prozent. Nicht weniger rosig sind die Aussichten. Das Geschäft blüht in allen Sparten, Umsatz wie auch Marktanteil wachsen.

Und damit das so bleibt, expandiert der Marktführer in verwandte Gebiete, beispielsweise in die Kieferorthopädie. So akquirierte Konzernchef Gadola in den Vereinigten Staaten für 150 Millionen Dollar ClearCorrect, einen etablierten Anbieter kieferorthopädischer Behandlungsmethoden.

Einstieg lohnt nur auf lange Sicht

Auch auf der Ertragsseite ist kräftiges Wachstum angesagt. Im ersten Halbjahr stellte sich die Ebit-Marge auf 25,4 Prozent, künftig soll der Anteil noch steigen. Sibylle Bischofberger von der Zürcher Kantonalbank sieht die Bruttogewinnmarge 2019 auf 27,6 Prozent. Dazu soll das Ebit in den kommenden zwei Jahren um 20 respektive 14,8 Prozent steigen.

Nur sind die Aktien von Straumann nach dem Höhenflug saftig bewertet; das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für nächstes Jahr stellt sich auf 35. Mir sind die Aktien zu teuer, Wachstumskracher hin oder her. Wer auf diesem Niveau dennoch einsteigen will, sollte dies nur auf lange Sicht tun.

Weiteres Kurspotenzial bei Richemont

Immer wieder erhalte ich auch Leseranfragen zu Richemont. Ich kann die Nervosität vieler Investoren nachvollziehen. Die letzte Krise in der Luxusgüter- und Uhrenbranche hat den Richemont-Aktien stark zugesetzt. Dafür ist deren Wiedererweckung umso eindrücklicher: plus 70 Prozent seit Juli 2016. Auch hier wären Gewinnrealisationen ein Gebot der Vernunft. Allerdings bieten die Valoren weiteres Kurspotenzial: Trotz des Höhenflugs stellt sich das KGV für das laufende Geschäftsjahr auf 25,1, für 2018/19 auf 22,2. Damit sind die Papiere zwar nicht billig, mit Blick auf künftiges Wachstum aber auch nicht überzahlt.

Der Genfer Luxuskonzern hat jüngst eine Gewinnwarnung veröffentlicht – wegen einer Entwicklung nach oben. Das Ebit soll im ersten Semester um 45, der Gewinn um satte 80 Prozent steigen. Damit wurden sogar die optimistischsten Prognosen der Analysten übertroffen. Die neue Lust der Konsumenten auf Schmuck, Uhren und andere Luxusgüter dürfte für anhaltend bessere Erträge sorgen.

Zweckbündnis Alstom und Siemens

Jahrelang bekriegten sich die französische Alstom und die deutsche Siemens. Da kam jüngst die Ansage etwas überraschend: Die Konkurrenten legen ihr Bahngeschäft zusammen. Das neue Unternehmen, ein Koloss mit gut 15 Milliarden Euro Umsatz und 60'000 Mitarbeitern, hat den Hauptsitz bei Paris, wird aber von Siemens mit einer minimen Mehrheit kontrolliert.

Die Teilheirat zum zweitgrössten Bahnhersteller geschah nicht aus Liebe; vielmehr will man in deutsch-französischer Kooperation der chinesischen CRRC, mit über 180'000 Mitarbeitern und 34 Milliarden Dollar Umsatz uneingeschränkte Nummer eins im globalen Bahnbau, Paroli bieten. Denn die Asiaten drängen mit Macht in die westlichen Märkte. Doch wie der Grosskonzern zusammengeschweisst werden soll, ist ziemlich unklar. Kopfzerbrechen dürfte der Zweckgemeinschaft vor allem die Aufgabe bereiten, für die höchst unterschiedlichen Schnellzüge ICE und TGV eine «einheitliche Produktionsplattform» zu schaffen.

Mit beiden Papieren gut beraten

Zu gefallen weiss die Zugallianz dagegen vielen Finanzanalysten; Nicht wenige haben ihr Rating für die Aktien der Unternehmen nun auf Kaufen gewechselt. Während die Alstom-Aktien nach der Ankündigung um 15 Prozent in die Höhe schossen, legten die Siemens-Titel deutlich weniger zu.

Gemessen an den Gewinnschätzungen für das nächste Jahr, sind beide Valoren keine Schnäppchen mehr; Siemens weist ein KGV von 15,7, Alstom eines von 18,5 auf. Doch nicht zuletzt dank der Auslagerung der Bahnaktivitäten nimmt die Ertragsdynamik zu. Für 2021 schätzt die UBS das KGV für Siemens auf 12,5 und für Alstom auf 13,7. Wer Geduld aufbringt, ist mit beiden Papieren gut beraten.

Kühne + Nagel: Eingebremst

Die Resultate der Schweizer Konzerne für die ersten drei Quartale fallen mehrheitlich gut bis exzellent aus. Eher schwach abgeschnitten hat jedoch Kühne + Nagel. Der weltweit führende Logistiker – 1200 Standorte in gut 100 Ländern, besetzt mit über 67'000 Mitarbeitern – meldete zwar eine Umsatzzunahme um zehn Prozent. Dagegen blieben die Margen, in diesem Geschäft ohnehin schon dünn genug, unter Druck; der Betriebsgewinn legte gerade mal ein Prozent zu, womit sich die Ebit-Marge von 5,5 auf 5,1 Prozent verengte. Vor allem in der See- und Luftfracht ist aktuell kaum etwas zu verdienen. Die Anleger hatten bessere Zahlen erwartet. Die Aktien wurden denn auch subito abgestraft.

Dabei wurde übersehen, dass das dritte Quartal wieder bessere Resultate brachte, auch beim Ertrag. CEO Detlef Trefzger (55) zeigt sich entsprechend zuversichtlich, für das Gesamtjahr die «gesteckten Renditeziele erreichen zu können». Nur legte er die Latte nicht gerade hoch.

Der Logistikkonzern hat kein Wachstums-, dafür ein Ertragsproblem. Darüber täuscht auch nicht hinweg, dass der Marktleader deutlich besser geschäftet als die Konkurrenz. Langfristig mag die Firmenstrategie aufgehen, auch weil der Welthandel aufblüht. Vorderhand jedoch bleiben die Börsianer verstimmt. Zumal die Aktien mit einem geschätzten KGV für 2017 von 27,3 stark überbewertet sind – trotz der jüngsten Kurseinbussen.