Was heisst es eigentlich, smart zu sein? Es gibt auf der CES in Las Vegas in diesem Jahr keinen Hersteller, der diese Frage nicht zu beantworten versucht. 20'000 Neuheiten dürften sie dieses Mal vorlegen – und kaum eine davon wird von sich beanspruchen, nicht smart und nicht vernetzt zu sein. Es ist, als würde die Hightechindustrie auf ihrer weltgrössten Leistungsschau in der Wüstenstadt Nevadas das Ende der dummen Dinge ausrufen.

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50 Jahre hat die CES gebraucht, um hier anzukommen. Waren es 1967 in New York noch Schwarz-Weiss-Fernseher und Radios, so zeigen die Aussteller vom 5. bis 8. Januar praktisch alles, was Strom verbraucht – und eben in irgendeiner Weise vernetzt und intelligent ist. Für die Hersteller ist die CES ein riesiges Testfeld, auf dem sich Trends beweisen müssen. Viele von ihnen setzten sich erst Jahre später im Massenmarkt durch.

Technik, die uns versteht

Natürlich gibt es sie auch in diesem Jahr wieder, die Skurrilitäten. Unser vorläufiger Favorit: eine Haarbürste mit eingebautem Mikrofon, das das Geräusch während des Haarbürstens erfasst und daraus Krausheit, Trockenheit, Spliss und Bruch des Haares ermittelt.

Und doch dürfte in diesem Jahr die künstliche Intelligenz zu den grossen Themen in Las Vegas gehören. Tatsächlich wird die Technik um uns herum zunehmend lernen, uns zu verstehen und entsprechend zu reagieren. Das vernetzte Zuhause lernt schlichtweg, wann seine Bewohner welche Temperatur, Musik und Helligkeit mögen. Es passt die Umgebung an.

Mit den Grossen zusammenarbeiten

Nicht jeder Hersteller ist dazu in der Lage. Viele werden sich an die Plattformen von Google, Amazon und Microsoft andocken. So werden gleich mehrere Dutzend Hersteller in Las Vegas verkünden, dass ihre Geräte mit Alexa zusammenarbeiten, dem virtueller Assistenten von Amazon, der bereits im smarten Lautsprecher Echo seinen Dienst leistet und dank künstlicher Intelligenz immer leistungsfähiger wird.

Wer sich künftig einen Ofen oder eine Waschmaschine von Bosch und Siemens zulegt, wird diese auf Zuruf starten oder stoppen können. Sogar Kühlschränke wird es künftig geben, deren Inhalt über Alexa abgerufen werden können. Auch Microsoft und Google öffnen ihre Assistenten für externe Entwickler. Mehrere Autohersteller dürften sich auf der CES auf die ein oder andere Seite schlagen.

Rollende Datenzentren

Überhaupt sind Autos die neuen Stars der Messe, obwohl wenige Tage später bereits die traditionelle US-Automesse in Detroit beginnt. In den vergangenen Jahren haben sie sich zu einem neuen Schwerpunkt in Las Vegas entwickelt. Fast 140 Autohersteller und -zulieferer zeigen auf der CES ihre Neuigkeiten und laden ein, sich von selbstfahrenden Fahrzeugen durch die Gegend steuern zu lassen.

Längst sind Autos zu rollenden Datenzentren geworden, die über eine Vielzahl von Sensoren ihre Umgebung abtasten und mithilfe künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernens ohne Eingriff eines Menschen durch die Strassen navigieren. Die Hersteller arbeiten mit Hochdruck an solchen Lösungen und zeigen in Las Vegas, wie weit sie sind. Dass es hier noch einiges zu tun gibt, hat der tödliche Unfall eines Tesla-Fahrers im vergangenen Jahr in den USA gezeigt, der sich auf den Selbstfahrmodus seines Autos verlassen hat.

BMW lässt Funktionen schweben

Auf der vergangenen CES hatte das kalifornische Unternehmen Faraday Future mit dem Prototypen eines Elektrofahrzeugs überrascht, in diesem Jahr soll ein Serienfahrzeug des Herstellers folgen. BMW zeigt sein Bedienkonzept HoloActive Touch, bei dem der Fahrer Funktionen der Klimaanlage oder des Entertainment-Systems über eine Art Hologramm steuern kann, ohne eine Oberfläche berühren zu müssen. Eine Art 3-D-Bild schwebt dann frei im Innenraum des Fahrzeugs.

Nachdem im Smartphone-Markt das Wachstum erlahmt ist, versprechen sich die Chiphersteller von den autonomen Fahrzeugen eine lukrative Zukunft. Inzwischen ist es zu allerlei Übernahmen und Kooperationen gekommen. So hat Qualcomm den Chiphersteller NXP Semiconductors übernommen, der zu einem führenden Zulieferer der Automobilindustrie geworden ist. Der deutsche Hersteller Audi hat sich mit Nvidia verbündet, der einst mit Grafikkarten gross geworden ist, inzwischen aber zunehmend auf Plattformen für maschinelles Lernen und autonomes Fahren setzt.

Nächste Stufe von Virtual Reality

Auf der CES zählen die Chefs der grossen Fahrzeughersteller längst zu den Visionären der Technologiebranche. In diesem Jahr wird Carlos Ghosn eine der populären Keynotes bestreiten, der Chef des japanischen Herstellers Nissan. Und auch Nvidia-Chef Jen-Hsun Huang wird seine Vorstellungen über künstliche Intelligenz darlegen.

Mit Spannung erwarten Beobachter, was sich die Industrie in Sachen Virtual Reality (VR) noch einfallen lässt. Anders als im vergangenen Jahr haben die grösseren Hersteller Sony, Oculus und HTC ihre Brillen nun im Markt und müssen nachlegen, mit Inhalten oder neuen Technologien. Möglicherweise zeigt HTC seine Vive-Brille ohne das störende Kabel, das sie derzeit noch mit dem Hochleistungscomputer verbindet.

Einige Experten sehen in VR sowieso nur einen Zwischenschritt zur gemischten Realität, bei der virtuelle Objekte reale Bilder überlagern, so wie es viele Nutzer bereits beim Spiel «Pokémon Go» gesehen haben. Microsoft setzt mit seiner Hololens-Brille auf diese Technologie. Gut möglich, dass die CES diesen Trend weiter antreiben wird.

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