«So dünne Teigwaren produzieren, das können nur wir.» Walter Röthlin präsentiert stolz seine Fettuccini Alfredo. Hergestellt werden sie auf einer einzigartigen Produktionslinie, die den Teig so oft walzt, wie es Köche sonst nur in Handarbeit tun. Die Installation der Linie vor drei Jahren bedeutete für Röthlin die Realisierung eines alten Traums und den Neubeginn nach schweren Turbulenzen.
Die Schweizer Teigwarenindustrie befand sich damals in der Endphase einer tief greifenden Umwälzung. Kleinere Firmen mussten aufgeben, oder sie wurden übernommen. Die Hero schluckte mit Ami, Bschüssig und La Chinoise gleich mehrere Traditionsunternehmen und unterbreitete auch Trattoria ein Übernahmeangebot, an der Walter Röthlin damals als Minderheitsaktionär beteiligt war.
Röthlin war gegen den Deal. Schliesslich verkaufte er seine Trattoria-Anteile ebenfalls an den Lenzburger Lebensmittelriesen. Doch anstatt sich zur Ruhe zu setzen, wagte der damals 67-Jährige einen Neustart: Zusammen mit Sohn Florentin begann er im September 1997 mit einer neuen Firma bei null.
Die Röthlins richteten das Unternehmen von Anfang an konsequent auf Spezialitäten aus. Dazu gehören neben Tagliatelle aus Schweizer Ur-Dinkel auch Pasta in Teddybärenform oder Makkaroni, die mit Tintenfischsekret schwarz gefärbt werden. Die Ideen für solche Produkte werden im Familienkreis entwickelt oder stammen von den Kunden. «Wer etwas Spezielles sucht, der weiss, dass es der Röthlin machen kann», umschreibt der Seniorchef die Positionierung des Unternehmens.
Diese Flexibilität ist nur mit engagierten Mitarbeitern zu erreichen. Dementsprechend kümmert sich Röthlin um seine Angestellten. «Viele Unternehmer haben heutzutage nur noch Zahlen im Kopf und ignorieren das Menschliche», sagt der Patron. Bei der Pasta Röthlin sei das anders: «Wer bei uns arbeitet, gehört zur Familie.» Den Beweis, dass die menschliche Note gute Zahlen nicht ausschliesst, liefert Röthlin mit seinem Unternehmen gleich selbst: 1999 konnte der Umsatz um 30 Prozent auf über fünf Millionen Franken gesteigert werden, dieses Jahr wird das Unternehmen noch einmal um 20 bis 25 Prozent zulegen. Im Gleichschritt wuchs auch die Zahl der Mitarbeiter, von 24 per 1998 auf derzeit 32.
Auch die Aussichten stimmen: Zum einen wird mit dem steigenden Teigwarenverbrauch der Markt grösser, zum anderen sind mittlerweile auch bedeutende Vertreiber auf die Spezialitäten aus Obwalden aufmerksam geworden. Seit Mai verkaufen die Aussendienstmitarbeiter der zur Novartis gehörenden Wander ihren Kunden aus dem Gastrogewerbe auch Teigwaren aus Kerns. Die für einen Familienbetrieb heikle Nachfolge ist ebenfalls gesichert. Junior Florentin Röthlin leitet bereits die Gallera-Selma in Bellinzona, ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Pasta Röthlin, und ist bei der Mutterfirma zuständig für den wichtigen Bereich der Qualitätssicherung. Ausserdem entlasten seit diesem Frühjahr zwei weitere Geschäftsleitungsmitglieder Walter Röthlin im operativen Geschäft.
Der 70-jährige Seniorchef hat so mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge: Einmal kann er sein Wissen bei laufendem Betrieb an seinen Nachfolger weitergeben. Anderseits kommt endlich seine private Leidenschaft nicht mehr zu kurz: die Jagd.
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