Für ihren Beitrag zum Kampf gegen die Armut in aller Welt erhalten drei Ökonomen in diesem Jahr den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Sie haben das Riesenproblem in viele kleine Aspekte unterteilt und somit den Kampf dagegen auf eine neue Ebene gehoben.

Die gebürtige Französin Esther Duflo, ihr aus Indien stammender Ehemann Abhijit Banerjee und der US-Amerikaner Michael Kremer werden für ihren experimentellen Ansatz zur Linderung der globalen Armut ausgezeichnet, wie die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Montag in Stockholm bekanntgab. Duflo ist erst die zweite Frau in der Nobelgeschichte, die den Wirtschaftspreis bekommt. Alle drei Preisträger lehren an US-Universitäten.

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«Ihre Forschung hat uns geholfen, Armut zu bekämpfen», urteilte die Jury in ihrer Begründung der Preisvergabe. Die Möglichkeiten der Armutsbekämpfung seien dank der Erkenntnisse der drei Wissenschaftler in der Praxis dramatisch verbessert worden. So hätten sie etwa gezeigt, wie sich die Schulbildung und die Gesundheit von Kindern mit kleinen, konkreten Schritten verbessern liesse. Mit ihrem neuen, auf Experimenten basierenden Ansatz hätten sie die Entwicklungsökonomie innerhalb von nur knapp zwei Jahrzehnten in ein florierendes Forschungsgebiet verwandelt.

«Wie man die globale Armut verringern kann, ist eine fundamentale, aber auch beängstigende Frage», sagte der Vorsitzende des Preiskomitees, Peter Frederiksson, bei der Bekanntgabe. Die Preisträger hätten den Schlüssel zum Erfolg darin gefunden, dieses grosse Problem in kleinere, präzisere Fragestellungen aufzuteilen.

Jakob Svensson vom Komitee sagte der Deutschen Presse-Agentur, durch diesen Ansatz könne man aus den im Kleinen gefundenen Erkenntnissen auch allgemeinere Schlussfolgerungen ziehen, um das grosse Ganze anzugehen. Bei der Armutsbekämpfung habe man dadurch in den vergangenen 20 Jahren grosse Fortschritte erzielt. Es werde aber noch lange dauern, bis Armut weltweit beseitigt sei. «Es ist noch ein langer Weg», sagte Svensson.

Erstes Ehepaar

Duflo selbst sagte, sie versuche stets, jedes Problem für sich und dafür rigoros anzugehen. Die 46-Jährige, die die französische und US-amerikanische Staatsbürgerschaft hat, ist mit ihrem Mitpreisträger Banerjee (58) verheiratet. Sie sind damit das erste Ehepaar, das gemeinsam mit dem Wirtschaftspreis geehrt wird.

Duflo ist zudem die jüngste Wirtschaftsnobelpreisträgerin der Nobelgeschichte und erst die zweite Frau unter den Preisträgern in der Kategorie. Wie ihr Mann, der ebenfalls einen US-Pass hat, arbeitet sie am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT). Laut MIT sind mit Duflo und Banerjee bisher insgesamt sieben Wissenschaftler mit dem Preis geehrt worden, während sie am Institut gearbeitet haben.

Michael Kremer lehrt an der Harvard University. Er ist 54 Jahre alt und damit wie die weiteren beiden Geehrten relativ jung als Preisträger. Duflo hat nach eigener Aussage nicht damit gerechnet, schon in ihrem Alter mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet zu werden. Sie hätte gedacht, dass man viel älter sein müsse, um sich den Preis zu verdienen. Der Nobelpreis erfülle sie mit Demut.

Kein klassischer Preis

Mit der Auszeichnung sind alle Träger der diesjährigen Nobelpreise verkündet worden. In der vergangenen Woche waren in Stockholm bereits die Auszeichnungen in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie und Literatur vergeben worden, am Freitag folgte dann die Bekanntgabe des Friedensnobelpreisträgers in Oslo.

Alle Preise sind in diesem Jahr mit neun Millionen schwedischen Kronen dotiert. Dieses Preisgeld bekommen die Geehrten am 10. Dezember, dem Todestag von Dynamit-Erfinder Alfred Nobel, überreicht - zusammen mit einer Medaille und einer Urkunde.

Der Wirtschaftsnobelpreis ist der einzige der Nobelpreise, der nicht auf Nobels Testament zurückgeht. Er wird vielmehr seit Ende der 1960er Jahre von der schwedischen Reichsbank gestiftet und gilt somit streng genommen nicht als klassischer Nobelpreis.

Besonders häufig wurden US-Amerikaner ausgezeichnet, darunter auch die vor Duflo bisher einzige Frau, die Professorin Elinor Ostrom.

(awp/tdr)