Konzernchef Mark Schneider amtet nun seit bald fünf Jahren bei Nestlé und wirkt immer noch wie frisch gestartet – womöglich, weil seine Umbauarbeiten am Unternehmen stets wie ein leiser Auftakt für einen lange erwarteten nächsten Big Bang anmuten. Doch die Ruhe täuscht, Schneider hat Nestlé in seinen wenigen Jahren tiefgreifend neu ausgerichtet, grosse Konzernteile verkauft, dafür in Wachstumsfelder wie Kaffee, gesunde Nahrung oder Tierfutter investiert. Mit Erfolg: Die aktuellen Quartalszahlen liegen weit über den Prognosen der Analysten. 

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Der jüngste Schritt ist einer der offensichtlichsten, die Schneider je vorgenommen hat: Nestlé hat ihre grössten Konzerneinheiten, die Weltregionen, von drei auf fünf aufgestockt. Zugleich kommt es zu Personalwechseln in der Teppichetage, der aktuelle Asien-Chef Chris Johnson verlässt Nestlé zum Jahreswechsel überraschend, und Laurent Freixe, aktuell noch Leiter der grössten Region «Americas», die Nord- und Südamerika umfasst, wird eine neue Zone «Lateinamerika» führen, herausgelöst aus seinem bisherigen Bereich.

Der Löwenanteil Nordamerika mit fast 25 Milliarden Franken Umsatz bildet ebenfalls künftig eine eigene Zone, der der bisherige US-Chef Steve Presley vorstehen wird. Freixe wird «nur» noch gut neun Milliarden Umsatz verantworten.

Die Rochaden verleiteten die «Aargauer Zeitung» zu der Interpretation, Johnson und Freixe hätten «Federn lassen» müssen. Doch laut Insidern ist das Gegenteil der Fall. Der 60-jährige US-Amerikaner Johnson will schlicht in seine Heimat zurückkehren und hat mit Sicherheit keinen Zwist mit Schneider: Ein Nestlé-Mitarbeiter beobachtete die beiden kürzlich auf der Wiese, die zwischen Firmenzentrale und Genfersee liegt, beim gemeinsamen Frisbee-Spielen in aller Öffentlichkeit; Johnson werfe die Scheibe «wie ein Profi».
 

Und Laurent Freixe kann künftig das Amerika-Hauptquartier in Arlington bei Washington, D.C., räumen und seine neue Zone von Vevey aus der Schweiz heraus führen. Zudem wird er Koordinationsaufgaben für sämtliche Weltzonen übernehmen und sich stärker um die Themen Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility kümmern, die er bisher schon intensiv betreut hat, und in diesen Feldern wohl künftig den Konzern neben Schneider repräsentieren.

Der Umbau an sich folgt einer einfachen Logik: Der Riesenmarkt USA und das Zukunftsversprechen China, die jetzt beide eigene Zonen sind, waren schon immer eigene Gravitationszentren im Konzern. Und die bisherigen Zonen wurden immer schwerer, die Americas etwa kamen auf fast 38 Milliarden Umsatz. Da machte eine Spaltung Sinn. 

Nebenbei flammt eine alte Diskussion wieder auf: Was wird Nestlé mit der 23-Prozent-Beteiligung an L’Oréal anfangen? Der Stake ist inzwischen mehr als 50 Milliarden Franken wert und damit als Handgeld für grössere Akquisitionen tauglich, auch Aktienrückkäufe wären damit wieder finanzierbar. Hier heisst es: Warten auf Schneider und Präsident Paul Bulcke.

Dirk Ruschmann
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