Die Finanzierung von Unternehmen mittels neuer Kryptowährungen erreicht 2018 neue Dimensionen. «Aktuell gibt es alleine für das erste Quartal rund 700 angekündigte Initial Coin Offerings, sogenannte ICOs. Für 2018 werden insgesamt bis zu 3000 oder mehr erwartet», sagt Johannes Gugl, Gründer und CEO des Beraters Blocksmatter.

Im Vorjahr spielten 450 dieser sogenannten ICOs weltweit 4,6 Milliarden Franken ein. Rund eine Milliarde geht auf das Konto von 70 Schweizer ICOs. Das Zuger Cryptovalley bleibt neben Singapur und Hongkong auch 2018 einer der drei Hotspots für ICOs. Daniel Diemers, Partner bei PwC Strategy, sagt für 2018 für die Schweiz 100 bis 120 ICOs mit einem Volumen von 1 bis 1,5 Milliarden Franken voraus.

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Intermediatoren helfen beim ICO

Einer der Treiber ist die Waves Platform. Auf dieser Plattform wurden ICOs im Ausmass von 1,5 Milliarden Franken durchgeführt. Vor wenigen Wochen hat sie ihren Sitz von London nach Zug verlegt. Zudem werden ICOs zunehmend von Unternehmen genutzt, die nichts mit der Blockchain-Technologie, der Basis aller ICOs, zu tun haben. «Wir nennen ICOs neben Venture Capital und Crowdfunding den dritten Weg», sagt Diemers.

Daniel Diemers

Daniel Diemers, Partner bei PwC Strategy, erwartet einen Ansturm auf das Zuger Cryptovalley.

Quelle: ZVG

Diesen neuen Weg beschreiten «normale» Unternehmen mit Hilfe von Intermediatoren. Diese sammeln das Geld ein und geben es in Kryptowährungen weiter. «Durch die Intermediatoren fallen für Herrn und Frau Schweizer die technischen Hürden. In Zukunft kann man auch mit Franken in ICOs investieren», sagt Daniel Diemers. Unerfahrenere Anleger treffen dort auf eine hochriskante Anlageklasse. Der Investor kauft nicht nur eine volatile Kryptowährung, sondern Start-ups mit oft sehr vagen Aussichten auf Erfolg.

Handlungsbedarf bei der Regulierung

«Die Qualität der ICOs ist noch gering. Heute gibt es zwar viel Ambition, aber oft erst wenig Substanz», sagt Diemers. Der ICO-Prozess sei noch sehr handgestrickt, quasi auf die Schnelle gemacht. «Cybersecurity oder Governance sind oft nur mittelmässig gelöst. Das muss sich in Zukunft verbessern», sagt ICO-Experte Diemers.

Die Finma warnt Anleger vor den Schwankungen und betrügerischen Anbietern, lässt der neuen Finanzierungsform aber Spielraum.

«Bei der Regulierung der ICOs sehen wir Handlungsbedarf. Es geht um eine vernünftige Balance zwischen Investorenschutz und Innovation», sagt Oliver Bussmann von der Crypto Valley Association. Seine Organisation hat kürzlich einen Code of Conduct herausgebracht.

Kryptowährungen als Anlageform

Blocksmatter arbeitet mit der Waves Platform an einem «Self-Governing Body». «Wir wollen die Standards für ICOs erhöhen, die Transparenz verbessern und vor allem Investoren schützen», sagt Blocksmatter-CEO Gugl.

Geht es nach Mathias Ruch von Lakeside Partners, werden es die unreifen Projekte in Zukunft schwerer haben. Zunehmend sei Qualität gefragt. Nicht zuletzt, da sich Kryptowährungen zur Anlageform entwickeln.

Mathias Ruch

Laut Mathias Ruch von Lakeside Partners ist zunehmend Qualität gefragt.

Quelle: Keystone

Laut Ruch ist das Interesse an einem Investment in Cryptocurrencies seitens Family Offices und Investmentbanken gross. «Wenn nur ein kleiner Teil der Asset Manager in Cryptos und ICOs einsteigt, hat es eine massive Auswirkung.»

Die Fondsindustrie hat das Potenzial erkannt und rüstet auf. Die Zuger Firma Melonport bringt Fonds und Hedge Funds auf die Blockchain. Das Unternehmen soll  jede Woche 80 bis 100 Anfragen erhalten. Ruch: «Da kommt eine richtige Welle an Cryptofonds auf uns zu.» Stolpersteine gibt es noch genug. Einer ist die Regulierung in den USA, der grösste die mangelnde Liquidität.

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Erich Gerbl
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