Das Vorbild war mehr als verlockend: Italiens Sportwagenikone Ferrari, an die Börsegepeitscht vom 2018 verstorbenen Fiat-Konzernboss Sergio Marchionne, versprach eine glänzende Zukunft am Aktienmarkt; Ferrari war vom Börsenstart im Oktober 2015 an eine Erfolgsgeschichte, hat bis heute mehr als 240 Prozent an Wert zugelegt.

Was lag also näher, als aufs gleiche Rezept zu bauen? Als «British Ferrari» vermarktet, fuhr auch Aston Martin an die Börse, im Oktober 2018, mit dem Ziel, das auch Ferrari seinerzeit ausgerufen hatte: als Luxusmarke gehandelt und bewertet zu werden. Doch die Briten erlebten das Gegenteil des italienischen Wunders: Die Aktie liegt derzeit 48 Prozent unter dem Ausgabekurs, war im Mai aber auch schon bei minus 57 Prozent. Was machen die Briten falsch, das die Italiener richtig machen?

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Zunächst war schon ihre Ausgangslage viel prekärer. Während Ferrari die Ebit-Marge in der Börsenzeit von rund 15 Prozent auf inzwischen 24 Prozent gesteigert hat, dümpelte Aston jahrelang tief im einstelligen Bereich, schwang sich dann auf zu rund 14 Prozent, einem Wert, dessen Aussagekraft Analysten aber kritisch sehen. Genauso wie die nicht allzu dicke Kapitaldecke, in der viele Beobachter ein zentrales Problem für den Vorwärtsdrang der Firma sehen: Das Entwickeln neuer Autos kostet viel Geld – das Aston Martin derzeit nur begrenzt zur Verfügung hat.

Ferrari baut immer zu wenig Autos für die anhaltend hohe Nachfrage, Aston Martin hingegen hat weniger Lieferengpässe als ein Innovationsproblem. Zu selten kommen neue Autos in den Markt, dafür hochfliegende Wachstumsankündigungen: Für 2019 wurden deutlich über 7000 verkaufte Autos prognostiziert, spätestens 2022 bereits eine Verdoppelung auf 14 000. Das soll ein neues Modell schaffen: der erste Aston-SUV namens DBX. Für CEO Andy Palmer wird er zum Schicksalsfahrzeug.

Doch das Segment ist heiss umkämpft – und hat schon grosse Hersteller enttäuscht; Bentley Bentayga und Maserati Levante verkaufen sich nach guten Starts eher mau, und der direkte Gegner Lamborghini Urus ist für Lambo-Verhältnisse zum Kampfpreis zu kriegen. Zu allem Überfluss entwickelt auch Ferrari mit dem Purosangue ein SUV. Fun Fact: Schon bei Ferrari hat die angestrebte Positionierung als Luxusmarke mit entsprechenden Multiples nicht funktioniert; Taschen oder Sonnenbrillen mit Auto-Logo lassen sich nicht teuer verkaufen.

LONDON, ENGLAND - OCTOBER 09: Andy Palmer, chief executive officer of Aston Martin, arrives in Downing Street to attend a meeting of business leaders hosted by Prime Minister, Theresa May, ahead of her Brexit update to the House of Commons, on October 9, 2017 in London, England. Prime Minister Theresa May is expected to tell parliament that Britain can 'prove doomsayers wrong' when it comes to Brexit amid continuing speculation of a cabinet reshuffle.  (Photo by Carl Court/Getty Images)
Quelle: Getty Images

Aston Martin baut weiterhin sehr schöne Autos, hat auch dank Techniklieferant Mercedes Fortschritte punkto Standfestigkeit gemacht. Aber eben: Die Briten benötigen die Hilfe der Deutschen – die Italiener hingegen sind nicht nur höchst selbständig, sie machen sogar untypisch viel im eigenen Haus, was andere Hersteller zukaufen. Zum Beispiel hat Ferrari eine eigene Giesserei und fertigt die Motorenblöcke selbst – und Ferrari baut mit weniger Personal mehr Autos; die Italiener verkaufen inzwischen deutlich über 8000 Autos pro Jahr, die Briten lagen lange im Bereich von rund 4000 und wollen nun die Verkäufe sprunghaft ausweiten.

In der Schweiz ist das Verhältnis ähnlich: Ferrari hat im ersten Halbjahr 225 Autos verkauft, Aston Martin 115 Fahrzeuge; sogar Lamborghini liegt noch über dieser Marke. Immerhin bedeuten diese 115 Verkäufe eine Steigerung von einem Viertel, verglichen mit dem Vorjahr. Gute Ansätze – doch für ein Feuerwerk an der Börse reicht das nicht.

«Dieser Text erschien in der August-Ausgabe 08/2019 der BILANZ.»

Dirk Ruschmann
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