Je tiefer die Aktienkurse tauchen, desto grösser wird das Bedürfnis der Anleger nach Sicherheit und Schutz vor weiteren Rückschlägen. Obwohl Rückschläge an den Aktienmärkten grundsätzlich nichts Ungewöhnliches sind, mangelt es in solchen Momenten an Weitsicht und rationalem Verhalten. Dies machen sich zurzeit verschiedene Anbieter zu Nutze: Neue Produkte mit Kapitalschutz, Absicherungen und Garantien schiessen wie Pilze aus dem Boden.

Die Versprechungen lassen dabei die gebeutelten Anlegerherzen höher schlagen: «Kapitalschutz», «garantierte Mindestverzinsung und Börsenbeteiligung», «attraktive Rendite ohne Verlustrisiko», «Kapitalgarantie von mindestens 100 Prozent» oder «absolute Rendite von rund 16 bis 18 Prozent pro Jahr» sind nur einige Beispiele dafür. Ob der düsteren Prognosen renommierter Börsenspezialisten, die vor einer anhaltenden Berg-und-Tal-Fahrt sprechen, und angesichts der mickrigen Verzinsung von Geldmarkt- und Obligationenanlagen fragt man sich, wieso trotz dieser frohen Botschaft nicht die ganze Finanzwelt auf die neuen Wundermittel setzt. Die Skepsis ist sicherlich berechtigt. Dies lässt sich anhand der Resultate von Anlagefonds mit ähnlichen Absicherungszielsetzungen verdeutlichen. Boten 1998 noch alle drei Grossen im Schweizer Fondsmarkt – UBS, Credit Suisse, Swissca –, aber auch Kleinere – wie die Clariden Bank oder die Bank Sarasin – Absicherungsfonds an, sind heute nur noch die UBS und die Bank Sarasin im Geschäft. Am Aussterben ist die enttäuschende Wertentwicklung schuld. Nach dem Kurssturz im Sommer 1998, ausgelöst durch die Russland-Krise, blieben sämtliche Produkte weit hinter den hoch gesteckten Zielen zurück. Bis zu diesem Zeitpunkt schien die Welt der Absicherungsfonds noch in Ordnung zu sein. Der UBS-Fonds erzielte beispielsweise von Mitte 1996 bis Mitte 1998 eine Wertsteigerung von fast 60 Prozent. Auch der etwas konservativer ausgerichtete Sarasin-Fonds legte um gut 20 Prozent zu. Doch danach veränderte sich das Verhalten der Fonds markant. Sie klebten förmlich am vorgegebenen Floor (Wertuntergrenze) und profitierten kaum mehr von den zwischenzeitlichen Erholungen (siehe «Das Konzept der Absicherungsfonds ging nicht auf» auf dieser Seite).

Die Fonds hatten nach dem Einbruch von 1998 offensichtlich nicht genügend Mittel zur Verfügung, um von den Erholungen zu profitieren, und die Absicherungskosten lasteten zu schwer. Anleger, die auf einen gewöhnlichen Schweizer Aktienfonds setzten, sind trotz massiven Rückschlägen in den letzten zwei Jahren über die gesamte Periode besser gefahren. Selbst mit Franken-Obligationen war in diesen sechs Jahren mehr zu verdienen, und dies erst noch mit weniger Auf-und-ab-Bewegungen. Nun haben die meisten Fondsanbieter ihre Lehren gezogen und die offensichtlich wenig tauglichen Konzepte vom Markt genommen. Was heute boomt, sind nämlich nicht Fonds mit unbeschränkter Laufzeit, sondern Konstrukte mit einer Kapitalgarantie auf Verfall. Für den Anleger heisst dies, dass er am Rückzahlungstag entweder die bei Abschluss garantierte Mindestsumme oder einen höheren Betrag erhält, der meist in Abhängigkeit der Entwicklung des zu Grunde liegenden Markts oder Fonds errechnet wird. Als Basiselemente dienen in der Regel eine Obligation ohne Coupon (Zero-Bond) zur Sicherstellung der Rückzahlung und ein Risikoteil, der genutzt wird, um an der Entwicklung eines bestimmten Aktienmarktes oder anderer auf Kapitalwachstum ausgerichteter Instrumente zu partizipieren. Dabei spielen die Laufzeit sowie das Zinsniveau im Lancierungszeitraum eine entscheidende Rolle. Denn je länger die Laufzeit und je höher das aktuelle Zinsniveau, desto weniger Mittel werden in der Obligation zur Sicherstellung der Garantie gebunden. Nun bewegen sich die aktuellen Zinsen bekanntlich auf einem sehr tiefen Niveau. Will man eine vernünftige Quote in den Wachstumsteil investieren, muss die Laufzeit entsprechend lang gewählt werden. Für den Anleger heisst dies, dass er während dieser Zeit gebunden ist. Auch wenn die meisten Kapitalschutzprodukte vor Ablauf verkauft werden können, ist die Preisbildung in dieser Phase schwer abschätzbar. So ist es durchaus möglich, dass der Preis deutlich unter die garantierte Rückzahlung fällt und das Produkt nur mit Verlust verkauft werden kann.

Ein Risiko, das zum Zeitpunkt der Lancierung oft vernachlässigt wird, sind Währungseinbussen. Wer beispielsweise im Februar ein solches Produkt in Dollars kaufte, büsste auf Frankenbasis bis Mitte Jahr mehr als zehn Prozent ein. Ein weiterer Risikofaktor ist der Garantiegeber. Die minimale Rückzahlung wird, wie vorgängig beschrieben, durch eine Obligation sichergestellt und hängt damit von der Bonität beziehungsweise der Rückzahlungsfähigkeit des Schuldners ab. Dass sich diese rasch ändern kann, mussten beispielsweise die Swissair-Obligationäre schmerzhaft feststellen. Obwohl uns kein Fall bekannt ist, in dem eine solche Kapitalgarantie nicht erfüllt wurde, bleibt doch ein Restrisiko, das gerade bei langen Laufzeiten nicht unterschätzt werden sollte.

Nicht vergessen darf man die Kosten: Beim Gros der Produkte fallen für die Absicherung ein bis zwei Prozent pro Jahr an. Hinzu kommen Verwaltungs- und Administrationskosten, die sich bei teuren Produkten auf bis zu drei Prozent jährlich belaufen können. Summiert man sämtliche Kosten, findet man, insbesondere im stark boomenden Bereich der Hedge-Fonds, kapitalgarantierte Anlagen, die jedes Jahr mit sagenhaften fünf bis sechs Prozent plus Performance-Fee belasten. Die Wahrscheinlichkeit, dass man statt des erhofften lohnenden Investments letztlich ein zinsloses Darlehen gewährt, ist also gross. Wer die Spreu vom Weizen trennen will, kommt deshalb nicht darum herum, die Versprechungen kritisch zu hinterfragen, die Bedingungen genau zu prüfen und verschiedene Szenarien durchzurechnen.
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