Herr Bergland, was ist das nächste grosse Ding im Tech-Sektor?
Das ist sicherlich künstliche Intelligenz (KI). Sie ist nicht komplett neu, aber in immer mehr Anwendungen dabei, sei es bei Google oder Facebook. Für Privatnutzer ist es allerdings noch gar nicht so offensichtlich, dass KI schon eine so grosse Bedeutung hat.

Welcher Aspekt von KI ist so wichtig?
Das Thema hat viele Facetten, es umfasst Algorithmen, Maschinenlernen und noch vieles mehr. Mit KI lassen sich grosse Datenmengen analysieren. Das hilft Firmen, ihren Kundenservice zu verbessern. KI wird in den kommenden Jahren das Wachstum vieler Firmen antreiben.

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KI steigert die Firmengewinne, sodass die Aktienkurse klettern?
Der gesamte Technologiesektor wächst schneller als die Gesamtwirtschaft. Einer der Gründe ist, dass sich Technologien in immer mehr Sektoren und Anwendungen verbreiten. Viele Firmenchefs digitalisieren ihre Unternehmen. Sie besitzen immer mehr Daten über das Verhalten ihrer Kunden. Daher investieren Firmen auch viel mehr in Tech. Die Folge: Der Tech-Sektor wird sich weiter gut entwickeln. Schon in der Vergangenheit hat der Tech-Sektor andere Aktiensektoren überflügelt. Es lassen sich Produktionsgewinne und Effizienzsteigerungen erzielen, die Aktienkurse der Unternehmen profitieren.

Wenn KI so entscheidend ist: Welche Tech-Aktien gehören ins Portfolio?
Das ist nicht so leicht zu beantworten, weil es keine reinen KI-Aktien gibt. Kleinere Firmen, die in diesem Gebiet Spezialisten sind, werden schnell von Grosskonzernen aufgekauft. Allgemein kann man sagen, dass die grossen Tech-Firmen gut vertreten sind im KI-
Bereich. Zum Beispiel Alphabet, Facebook, Microsoft und Salesforce. Diese Konzerne nutzen KI. Sie sind auch in der Robotik und dem automatisierten Fahren involviert. Alphabet vereint viele dieser Technologien.

Sverre Bergland

Sverre Bergland ist seit 2001 Fondsmanager beim norwegischen Finanzkonzern DNB Asset Management und ist mitverantwortlich für den DNB Fund Technology. Der Fonds zählt weltweit zu den besten Tech-Fonds. Das Team verwaltet insgesamt rund 4 Milliarden Euro.

Quelle: ZVG

Tech-Aktien hatten dieses Jahr einen sehr guten Lauf. Ist die Party bald vorbei?
Wenn man sich die gesteigerten Gewinnerwartungen der Tech-Firmen betrachtet, dürften Tech-Aktien weiter gut performen. Ich mache mir keine Sorgen über den Zustand des Tech-Sektors. Diese Aktien sind nicht teurer als der ebenfalls schon hoch bewertete Gesamtmarkt. Viele Tech-Firmen haben starke Bilanzen und wachsen. Der Einfluss von Tech wächst. Es gibt keine Tech-Blase.

Wie treffen Sie die Aktienauswahl?
Wir kaufen opportunistisch sowohl Wachstumsaktien als auch unterbewertete Titel, wobei Anleger uns eher im Value-Segment verorten. Uns interessiert stets die Bewertung und nicht Tech als Trendthema. Nehmen Sie Alphabet: Die haben wir schon seit Jahren im Depot. Die Bewertung ist sehr attraktiv. Die Aktie hat ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20. Die Firma wuchs im vergangenen Quartal stark und der Markt wächst mit. Im Werbegeschäft haben Anbieter wie Alphabet und Facebook die Konkurrenz abgehängt.

Welche Risiken sehen Sie bei Tech-Aktien?
Da gibt es das Thema Regulierung, sowohl in Europa als auch in den USA. Das betrifft Werte wie Alphabet und Facebook. Nicht nur die Debatte rund um die US-Präsidentschaftswahl hat gezeigt, dass der Druck zunimmt. Wir rechnen damit, dass die Bewertung dieser Firmen zuletzt etwas gedrückt worden ist durch diese Debatte. Doch diese Konzerne können gut damit umgehen, da sie erhebliche Anteile in Wachstumsmärkten haben. Ein zweiter Aspekt ist die Besteuerung. Viele Tech-Firmen profitieren von zum Teil sehr günstigen Steuersätzen. Da gibt es politischen Druck, der so schnell nicht vorbei sein dürfte. Auch der Aspekt, dass viele Tech-Firmen ihre Mitarbeiter im grossen Stil mit eigenen Aktien entlohnen, sollten Anleger im Blick haben.

Eines Ihrer grössten Investments ist Microsoft. Warum?
Der neue Microsoft-Chef macht vieles richtig. Viele Anleger mögen überrascht sein, wie stark die Firma alle Dienstleistungen in die Cloud gebracht hat. Uns überzeugt diese Cloud-Strategie. Die Bewertung von Microsoft ist zwar hoch, doch die Resultate sind gut. Allerdings gibt uns auch die Margenstruktur zu denken. Die Margen sind im Cloud-Geschäft kleiner als im alten Microsoft-Geschäftsmodell. Zudem ist der PC-Markt träge.

Warum sind Sie erst 2016 in Facebook eingestiegen?
Es war vielleicht keine gute Entscheidung, so lange zu warten, aber man muss pragmatisch sein. Als wir uns die Facebook-Aktie im vergangenen Jahr genauer angeguckt haben, fanden wir, dass es ein guter Zeitpunkt war. Die Aktie erschien günstig. Es ist ein sehr gutes Investment, Facebook hat sich in den vergangenen zwölf Monaten besser entwickelt, als
wir erwartet hätten.

Andere Titel, die für Sie ungewöhnlich sind?
Die unpopulärste Aktie, die wir halten, ist bestimmt Ericsson. Doch wir kennen das Unternehmen sehr gut. Wir haben – anders als die meisten Anleger – eine andere Einschätzung, was die langfristigen Gewinnerwartungen von Ericsson angeht. Wir sehen eine höhere operative Gewinnmarge als der Gesamtmarkt, der konsolidiert ist. Mit Huawei, Nokia und Ericsson sind nur noch wenige Anbieter übrig. Ericsson wurde lange Zeit nicht gut gemanagt. Wenn wir wie bei Ericsson von einem guten Investment ausgehen, dann können wir auch lange Zeit Geduld haben. Wir haben zwar einen sehr kritischen Blick auf Ericsson, aber ein gutes Gefühl. Es ist eines unserer grössten Investments.

Und was ist mit Apple?
Auf den ersten Blick schaut Apple wie eine günstig bewertete Aktie aus. Die liefern gute Ergebnisse. Für uns geht es aber mehr um die Frage der langfristigen Gewinnkraft. Derzeit erleben wir bei Apple eine Phase, in der neue und interessante Produkte auf den Markt kommen, wie das iPhone 8 und das iPhone X. Doch wie sehen die Gewinne im Jahr 2019 und 2020 aus? Uns sorgt die Preiselastizität der Apple-Produkte, also wie stark die Absatzmenge auf eine Preisänderung reagiert. Die Frage ist: Wollen Sie 1300 Dollar für ein Smartphone zahlen?

Viele Kunden entscheiden sich lieber für ein Samsung-Gerät.
Richtig, und in Samsung sind wir auch wegen des Speicherchip-Geschäfts investiert.

Viele Tech-Aktien aus den USA dominieren. Was ist mit Werten aus China? Laufen sie US-Firmen den Rang ab?
Wir waren mal in Alibaba investiert, sind es jetzt aber nur noch in Baidu. Sie fokussiert sich besser auf ihr Geschäft. Uns geht es weniger darum, in welchem Land eine Aktie gelistet ist, als vielmehr darum, wo die Umsätze erzielt werden. Das gilt besonders für China, wo Tech-Firmen fantastische Zahlen liefern. Das gilt umso mehr für lokale Firmen, ausländische Tech-Firmen werden draussen gehalten.