Trendthemen stehen bei vielen Anlegern hoch im Kurs. Schliesslich versprechen die mit langfristigen Trends verbundenen guten Wachstumschancen auch überdurchschnittliche Kursgewinne. Doch diese theoretische Rechnung ist oft einfacher als die praktische Umsetzung. Das hat zum einen mit dem grossen Interesse an Aktien aus Trendbereichen zu tun. Denn häufig sind dadurch auch die Bewertungen bereits relativ anspruchsvoll. Zum anderen müssen die Unternehmen das Wachstum in einer Branche erst noch in Gewinne umsetzen können. Doch erfahrungsgemäss gelingt das nicht immer.

Ein aktuelles Beispiel dafür, was schiefgehen kann, liefert der Bildungssektor. Wissen ist zwar unverzichtbar und die Branche ist auf Wachstumskurs, doch das schützt nicht vor Missmanagement auf Unternehmensebene. Deutlich wird das am Schicksal von Corinthian Colleges (ISIN: US2188681074), einem Betreiber von postsekundären Bildungseinrichtungen und Onlinekursen. Das US-Unternehmen musste kürzlich Insolvenz nach Chapter 11 anmelden, nachdem die Behörden schon seit Jahren wegen unlauterer Geschäftspraktiken und des Verdachts des schweren Betrugs ermittelt hatten. Die Aktie der Gesellschaft, bei der in Hoch-Zeiten mehr als 100'000 Studenten eingeschrieben waren, ist inzwischen zum Pennystock mutiert.

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Erwachsenenbildung – Betrugsverdacht und behördliche Ermittlungen

Tief gefallen ist auch die Aktie von ITT Educational Services (ISIN: US45068B1098). Auch dieser US-Colleges-Betreiber sieht sich mit Betrugsvorwürfen konfrontiert, weil er wichtige Finanzinformationen verschwiegen haben soll. Doch seit der vergangenen Woche gibt es wieder etwas Hoffnung für die gebeutelten Aktionäre. Der Kurs, der noch 2014 in der Spitze bei gut 45 Dollar gelegen hatte, stieg zum Wochenausklang um 80 Prozent auf 4,37 Dollar. Verantwortlich dafür war die Meldung über einen im Vorjahr erzielten Gewinn von 29,3 Millionen Dollar, nachdem 2013 noch ein Minus von 27 Millionen Dollar angefallen war. So wie es aussieht, kann nun eine staatliche Aufsicht vermieden werden.

Trotzdem bleibt der Titel solange ein Vabanquespiel, bis nicht klar ist, was für Folgen die Betrugsvorwürfe nach sich ziehen werden. Im Grunde genommen gilt das ganz allgemein für US-Vertreter aus dem Bereich der zahlungspflichtigen Erwachsenenbildung. Schliesslich ermitteln die Behörden auch gegen andere Unternehmen wie DeVry Education Group Inc. (ISIN: US2518931033) oder Education Management Corp. (ISIN: US28140M1036).

Bildung – hoher Nutzwert und starkes Sektor-Wachstum

Nachrichten wie diese werfen zwar einen Schatten auf die gesamte Branche, doch trotzdem sollten sie nicht den Blick auf die allgemein guten Wachstumsaussichten verstellen. Prognosen zufolge soll der Bildungsmarkt weltweit von geschätzten 4,5 bis 5,1 Billionen Dollar im 2014 auf 5,9 bis 7,8 Billionen Dollar im 2017 zulegen. Für Investmentbanken wie Bank of America Merrill Lynch zählen Bildungsaktien jedenfalls zu den Langfrist-Favoriten. Das hat natürlich auch mit der Erkenntnis zu tun, dass Bildung allgemein für den Lebensweg und eine erfolgreiche Karriere unverzichtbar ist.

Auch ist nachvollziehbar und nachgewiesen, dass die Beschäftigungschancen und die Einkommen mit dem Bildungsgrad steigen. Berechnungen zufolge verdienen Hochschulabsolventen in entwickelten Ländern in ihrem Arbeitsleben über eine Million Dollar mehr als Schulabbrecher. In einer Studie zu diesem Thema verweist BofA Merrill Lynch ausserdem auf eine Einschätzung der Vereinten Nationen, wonach jeder in die Bildung investierte Dollar wirtschaftliche Folgeerträge von 10 bis 15 Dollar generiert.

Ausbildung – private Einrichtungen profitieren

Private Bildungseinrichtungen sind auch deshalb prädestiniert dafür, sich ein grosses Stück vom zu verteilenden Wachstumskuchen abzuschneiden, weil Bildung immer teurer wird und sich der Staat viele Angebote oft nicht mehr leisten kann. Was für ein Potenzial besteht, zeigt sich an einem Vergleich mit den USA. Während dort 62 Prozent aller Ausgaben für höhere Bildung in den Privatsektor fliessen, sind es in den OECD-Ländern im Schnitt erst 32 Prozent. Viele Wachstumschancen gibt es insbesondere in den Schwellenländern, nicht zuletzt deshalb, weil in Staaten wie China die Eltern um die Bedeutung von Bildung für die Zukunftsaussichten ihrer Kinder wissen und sie deshalb viel Geld in die Hand nehmen, um dem Nachwuchs die bestmöglichen Chancen zu eröffnen.

Trotz alledem ist es wie eingangs erläutert nicht einfach, die richtigen Aktien zu finden. Aber immerhin sind die Bewertungen der Branchenvertreter, anders als bei anderen Megatrends, nicht aus dem Ruder gelaufen. Es mag sein, dass ein von BofA Merrill Lynch auf 16,3 beziffertes Durchschnitts-Branchen-KGV Value-Investoren nicht vom Hocker reisst, doch das wäre nach gut sechs Jahren Hausse auch ein Wunder. Mit diesem KGV ist der Sektor aber immerhin günstiger als der MSCI AC World Index bewertet, dessen geschätztes KGV bei 16,9 liegt.

G8 Education günstig bewertet, Nord Anglia Education mit starkem Wachstum

Fundamental vergleichsweise günstig ist die Aktie von G8 Education Ltd. (ISIN: AU000000GEM7). Zwar hat der australische Betreiber von Einrichtungen zur Kinderbetreuung im Laufe des Vorjahrs seinen Aufwärtstrend gebrochen, doch das wird wettgemacht durch eine geschätzte Dividendenrendite von 6,4 Prozent. Und wenn die Analysten von Canaccord Genuity Recht behalten, dann werden Dividende und Gewinn auch in den beiden nächsten Jahren steigen. Bereits in diesem Jahr könnte ein KGV von 13,6 drin sein.

Besser sieht es in Sachen Charttechnik bei Nord Anglia Education Inc. (ISIN: KYG6583A1022) aus, nachdem seit Oktober ein überzeugender Aufwärtstrend herausgebildet wurde. Das Unternehmen achtet auf eine ganzheitliche Ausbildung und legt Wert auf den Einsatz von Technik zur Lernvermittlung. Mit 35 internationalen Schulen ist die US-Gesellschaft in 14 Ländern aktiv. Auf Basis des für 2016 erwarteten Gewinns je Aktie von 0,82 Dollar bewegt sich das KGV zwar bei hohen 31,6, doch das wird relativiert durch eine von Analysten für die kommenden fünf Jahre erwartete Ergebnissteigerungsrate von 31,1 Prozent p.a.

SLM – Gewinne mit Krediten an Studenten

Als grösste Bank für die Vergabe von Studentenkrediten ist dem Bildungssegment indirekt auch die SLM Corporation (ISIN: US78442P1066) zuzuordnen. Besser bekannt ist das Institut unter dem Namen Sallie Mae. Nach einem Kurseinbruch im Zuge der Kreditkrise hat der Titel seit 2009 einen überzeugenden Aufwärtstrend herausgebildet. Trotz bereits erfolgter starker Kurssteigerungen bewegt sich das KGV gemessen am geschätzten Gewinn je Aktie für 2015 von 0,70 Dollar bei 14,7. Verglichen mit dem auf Sicht der nächsten fünf Jahre erwarteten Ergebnisplus von fast 25 Prozent p.a. ist das moderat.

Eine Investmentalternative für Anleger sind auch Medienkonzerne mit Bildungsaktivitäten. Unter anderen am günstigsten bewertet ist hier Informa PLC  (ISIN: GB00BMJ6DW54) mit einem geschätzten KGV von 14,2 und einer Dividendenrendite von 3,4 Prozent. Hinter dem britischen Unternehmen stecken ein Wissenschaftsverlag und eine Konferenzgesellschaft. Der Aktienkurs bewegt sich zwar in einem mehrjährigen Aufwärtstrend, ein frisches prozyklisches Kaufsignal würde aber erst dann ausgelöst, wenn es gelingen würde, das aus dem Jahr 2007 stammende Rekordhoch von 6,24 Pfund zu knacken.