Was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte?

Franz Wenzel*: Das Thema Handelskrieg bleibt weiterhin das zentrale Thema an den Weltbörsen. Dies gilt umso mehr, als sich der Ton jüngst deutlich verschärft hat. Diverse Frühindikatoren haben sich zwar stabilisiert, andere neigen aber weiter zur Schwäche. Damit richtet sich der Blick der Investoren insbesondere auf die anstehenden Konjunkturindikatoren, vor allem die Exporte aus Asien sowie die US-Importe werden zweifellos gründlichst analysiert. Die Ergebnisse bestimmen den Takt an den Börsen.

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Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln? Seit Jahresbeginn hat sich die Schweizer Börse enttäuschend entwickelt und blieb hinter den europäischen Börsen zurück. Die Dividendensaison bot kaum Unterstützung und die Schwergewichte Finanzwerte und Pharma belasteten. Über die Sommerflaute wird sich die Schweizer Börse wohl eher verhalten bewegen. Allerdings sollte die anstehende Berichtssaison einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung liefern.

Wo steht der SMI in 12 Monaten? Zur Jahresmitte 2019 wird die EZB kurz vor dem ersten Zinsentscheid stehen, der auch die SNB-Politik mit beeinflussen wird. Ferner werden sich die US-Notenbankzinsen nahe an der 3-Prozent-Marke befinden. Dies sollte an den Aktienbörsen nicht spurlos vorübergehen. Nach einem Anstieg der Schweizer Börse bis zum Jahresende von zirka 5 Prozent erwarten wir eine Seitwärtsbewegung. Eine Konsolidierung angesichts höherer Zinsen ist nicht auszuschliessen. Die Kursentwicklung des Schweizer Franken spielt weiter eine zentrale Rolle.  

Franz_Wenzel_Axa_Boerseninterview

* Franz Wenzel ist Anlagestratege für Institutionelle Kunden bei AXA Investment Manager.

Quelle: ZVG

Der Handelsstreit zwischen den USA und China ist in vollem Gang. Wie stark belastet der Zwist zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt die globale Konjunktur?

Der Handelsstreit hat an Schärfe zugelegt. In den kommenden Monaten werden sich die ersten Scharten in den Exportdaten sowohl der USA als auch aus Chinas ablesen lassen. Einen Gewinner kann es in diesem Tauziehen nicht geben. Sollte es bei den bisher angekündigten Tarifen bleiben, wird der konjunkturelle Schaden mit zirka 0,1 Prozent bis eventuell 0,2 Prozent verhalten ausfallen. Gleichzeitig wird aber auch die Inflation anziehen und damit den Zinserhöhungen der (US-)Notenbank Vorschub leisten.

Der Yuan/Renminbi hat deutlich an Wert verloren. Welche Gründe sehen Sie für den Sinkkurs der chinesischen Währung?

In einer scharfen Gegenbewegung ist der Aussenwert der chinesischen Währung im Juni um zirka 3,5 Prozent gegenüber dem US-Dollar gesunken. Mehrere Faktoren können hierfür ursächlich sein. Zuvorderst sind die Zinssenkung der chinesischen Notenbank und Kapitalabflüsse als Marktreaktion auf steigende US-Zinsen zu nennen. Festzuhalten bleibt: Die chinesische Regierung beziehungsweise die Notenbank überwachen sehr genau die Kapitalströme und die Wechselkursbewegung. Dessen ist sich die amerikanische Regierung bewusst.

Die britische Regierung zeigt Auflösungstendenzen, die britische Konjunktur lahmt: Wie stark bremst der Brexit die Wirtschaft und Politik des Königreichs?

Die politische Situation in Grossbritannien ist sicherlich belastet. Allerdings ist dies vielmehr ein schleichender Prozess, der sich erst über die Jahre hinweg im makroökonomischen Zahlenwerk quantifizieren lassen wird. Angesichts der robusten Binnenwirtschaft wird die zentrale Frage sein, inwieweit die eine oder andere Betriebsverlagerung beziehungsweise -schliessung das verfügbare Einkommen in der Breite schmälern wird. Nach einem verhaltenen Wachstum um die 1,5 Prozent in diesem Jahr erwarten wir eine leichte Beschleunigung auf etwa 1,7 Prozent im Jahr 2019.

Bald werden die europäischen Unternehmen ihre Halbjahreszahlen präsentieren. Rechnen Sie mit guten Ergebnissen?

Die Berichterstattung für das zweite Quartal beginnt. Zwar war das Gewinnmomentum im ersten Quartal mit knapp über der Nulllinie enttäuschend. Gleichwohl unterstellen wir, dass sich die Berichtszahlen im zweiten Quartal verbessern werden und mit zirka +5 Prozent zu Buche stehen. Mit zirka 10 Prozent bis etwa 15 Prozent wird das Gewinnwachstum der Schweizer Unternehmen nach einem negativen ersten Quartal besser ausfallen als im restlichen Europa. Gleichwohl bleibt das starke Gewicht der Finanzwerte ein Malus für die Börse an der Limmat.

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