Das Rennen um die Übernahme des US-Konzerns Dresser-Rand gewann bekanntlich Siemens, Sulzer hatte das Nachsehen. Das trug dem Sulzer-Präsidenten Peter Löscher (57) eine gehörige Portion an medialer Schelte ein. Löscher war bis vor einem Jahr CEO von Siemens, dann musste er seinen Stuhl für Joe Kaeser (57) räumen. Und dieser hat die Pläne Löschers, den Turbinen- und Kompressorhersteller zu akquirieren, nun mit einer noch besseren Offerte durchkreuzt. Löscher wollte sich nicht auf ein milliardenteures Bietergefecht einlassen; eigentlich müsste man ihn dafür loben. Siemens jedenfalls kommt der Handkuss teuer zu stehen: Der Preis entspricht dem 45fachen des Dresser-Rand-Gewinns. Die Siemens-Aktien sind denn auch unter Druck geraten.

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Die fehlgeschlagene Akquisition verzögert bei Sulzer den Um- und Aufbau noch mehr. Das ist ärgerlich, doch nicht mehr. Denn an weiteren interessanten Übernahmeobjekten mangelt es nicht. Und Sulzer sitzt auf einem anständigen Cashpolster. Dennoch verstehe ich die Aktionäre, wenn sie langsam die Geduld verlieren.

CEO Klaus Stahlmann (53) steht nun unter noch grösserem Druck, das Unternehmen endlich wieder in ertragreichere Gefilde zu lenken. Bis sich bei der Neuorientierung eine klare Richtung abzeichnet, lasse ich die Aktien links liegen – zumal sie mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 22,0 für dieses Jahr hoch bewertet sind. Viel günstiger sind die Siemens-Valoren. Doch ich kann auch diesen nichts abgewinnen; der deutsche Konzern ist meilenweit von der Höchstform entfernt.

Teurer Rolls-Royce

Neben dem Grosseinkauf von Siemens fast etwas untergegangen ist die – weitaus teurere – Einkaufstour von Merck. Die deutsche Pharma- und Chemiegruppe akquiriert für 13,1 Milliarden Euro den US-Laborausrüster Sigma-Aldrich. Merck kann so den Sektor Life Sciences – Biowissenschaften – deutlich ausbauen.

Dabei handelt es sich um einen Bereich, der ertragreiches Wachstum verspricht. Entsprechend hoch war der Preis: Es ist der grösste Zukauf in der bald 350-jährigen Firmengeschichte. CEO Karl-Ludwig Kley (63) spricht bei Sigma-Aldrich denn auch von einem «Rolls-Royce». Gleichzeitig bezeichnet er den Einkauf als Quantensprung, dank dem Merck zu einem führenden Life-Sciences-Anbieter wird.

Die Börse hat der Expansion ihren Segen erteilt, die Aktien schossen um gut zehn Prozent in die Höhe. Zurückhaltender zeigen sich dagegen viele Analysten. Denn zum einen steigt die Verschuldung. Auch sind die Integrationsarbeiten für die erst im Mai für 1,9 Milliarden übernommene britische AZ Electronic Materials noch nicht abgeschlossen.

Dem Optimismus wenig förderlich ist zudem, dass die milliardenschwere Übernahme des Schweizer Biotechnologieunternehmens Serono bislang nicht die erwarteten Resultate brachte. Ich bin etwas zuversichtlicher als die Analysten. Die Akquisition verleiht Merck neue Wachstumsimpulse. Nur sind die Aktien mit einem KGV von 23,9 für dieses und 22,0 für nächstes Jahr zu teuer. Da halte ich mich lieber an Novartis und Roche.

Eitel Sonnenschein

Die zentralschweizerische Komax zählt für mich zu den Vorzeigeunternehmen. Denn das 1975 von Max Koch (65) – daher der Firmenname – als Drei-Mann-Betrieb gegründete Unternehmen hat sich mit einem globalen Marktanteil von 40 Prozent längst zum führenden Hersteller von Maschinen zur Kabelverarbeitung gemausert. Ein geringer Umsatzanteil entfällt auf Maschinensysteme für die Medizinaltechnik.

Der dritte Bereich bereitet dem Management seit langem Kopfzerbrechen: Das Solargeschäft, wo Komax Maschinen zur Produktion von Solarzellen herstellt, leidet unter Überkapazitäten und Preiszerfall. Nun wurde die Notbremse gezogen und die Solarsparte über ein Management-Buyout abgestossen. Komax hält noch eine Beteiligung von 25 Prozent.

Der grosse Verlustbringer ist weg. Konzernchef Beat Kälin (57) kann sich wieder voll auf die verbleibenden Bereiche konzentrieren. Das Hauptgeschäft Wire (Kabelverarbeitungsmaschinen) erreicht nach einer kurzen Formschwäche im Vorjahr wieder eine operative Marge von beachtlichen 19,1 Prozent. Dagegen leidet der Sektor Medtech anhaltend unter Ertragsproblemen. Es ist nicht auszuschliessen, dass auch dieses Geschäft verkauft wird. Die Konzentration auf Wire würde den Börsianern behagen. Über die letzten Monate haben die Aktien keine grossen Stricke zerrissen. Mit einem für dieses und das kommende Jahr geschätzten KGV von 15,2 respektive 12,4 und einer Dividendenrendite von 3,3 Prozent eignen sich die Papiere vor allem für konservative Anleger.

Schöne Rendite

Jahrelang war ich skeptisch gegenüber der GAM Holding. Die einstige Hedge-Fund-Firma wurde 2005 von der UBS an Julius Bär verkauft und von dieser vier Jahre später abgetrennt und an die Börse gebracht. Heute konzentriert sich das Unternehmen auf die Vermögensverwaltung. Was mir nicht gefiel: GAM wurde als Selbstbedienungsladen missbraucht, eine Handvoll Manager und Verwaltungsräte kassierte weit über 100 Millionen Franken – auf Kosten der Aktionäre. Allein an CEO David Solo (49) dürften 40 bis 50 Millionen Franken geflossen sein.

Nun kündigt sich bei GAM ein neues Zeitalter an. Die Transformation ist abgeschlossen, Solo erklärte den Rücktritt. An seinem Nachfolger Alexander Friedman (44) liegt es, das Wachstum zu beschleunigen. Der Amerikaner bringt dazu beste Voraussetzungen mit: Bei der UBS war er unter anderem Global CIO. Auch pflegt er Kontakte in höchste US-Politikerkreise und war CFO der milliardenschweren Bill & Melinda Gates Foundation. Der Wechsel an der GAM-Spitze könnte wieder Zug in die Aktien bringen.

Neben der eher günstigen Bewertung – das KGV für 2015 stellt sich auf 11,9 – gefällt mir die Dividendenrendite. Diese beträgt aktuell 3,9 Prozent, doch dürfte die Ausschüttung über die nächsten Jahre stetig steigen. Für 2016 rechnet Helvea mit einer Dividende von 0.95 Franken, was einer Rendite von 5,7 Prozent entspricht.

*Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch