Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, hat wieder einmal für helle Empörung gesorgt, als er ankündigte, mit seinem Institut eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent anzustreben. Doch er ist kein Exot. Auch bei der noch immer angeschlagenen UBS will CEO Oswald Grübel bis 2014 eine Rendite von 20 Prozent auf dem Eigenkapital erzielen. Erreichbar werden solche Renditen grundsätzlich auf drei Wegen: durch ein tiefes Eigenkapital, eine Senkung der Kosten oder eine Erhöhung der Einnahmen. Da allerdings Gesetzgeber und Bankenaufsicht eine Stärkung der Eigenmittel verlangen, bleibt den Banken letztlich nur der Weg über die Ertragsschiene, um ihr Renditeziel zu erreichen.

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So sorgt ein immer dichteres Netz an Gebühren und Kosten dafür, dass die Erträge der Banken munter sprudeln. Selbst Aufsicht und Konsumentenschützer vermögen dem wachsenden Dickicht kaum noch beizukommen. Einmal mehr versucht nun die Berner SP-Ständerätin und Langzeit-Konsumentenschützerin Simonetta Sommaruga, dem bunten Treiben ein Ende zu setzen, indem sie in der Frühjahrssession des Parlaments eine entsprechende Motion einreichte.

Auf den ersten Blick scheint Sommarugas Vorstoss offene Türen einzurennen. Pauschalgebühren, auch All-in Fees genannt, suggerieren den Anlegern und Vermögensverwaltungskunden preiswerte und übersichtliche Kosten. Wie das Private-Banking-Rating 2010 der BILANZ zeigte (siehe BILANZ 4/2010), sind die Pauschalgebühren in der Schweiz im Vorjahresvergleich sogar deutlich gesunken. Bei den rund 50 analysierten Anlagevorschlägen lagen sie durchschnittlich bei noch etwa einem Prozent und damit nur unwesentlich höher als etwa bei den Banken in Deutschland und Österreich.

Drei Prozent Kosten. Die Bandbreite ist aber beträchtlich. Sie reicht von 0,6 Prozent pro Jahr bei der günstigsten bis zu 1,5 Prozent bei der teuersten Bank. Bei einem Anlagevermögen von 500  000 Franken und einer angenommenen Rendite von zwei Prozent macht diese auf den ersten Blick geringe Renditedifferenz von 0,9 Prozentpunkten nach zehn Jahren nicht weniger als rund 50  000 Franken aus.

Und das ist nur die halbe Wahrheit. Trotz Pauschalgebühr fallen zahlreiche weitere – die sogenannten verdeckten – Kosten an. Florian Schubiger, Finanzberater der VermögensPartner AG in Winterthur, hat deshalb in den letzten drei Jahren die Gesamtkosten von rund 100 Kundendepots analysiert und soeben in einer Studie publik gemacht (www.vermoegens-partner.ch). Demnach liegen die Kosten effektiv doppelt so hoch und betragen zwei bis drei Prozent pro Jahr. Zum Vergleich: Konservative Anlagestrategien haben in den letzten zehn Jahren Renditen von weniger als fünf Prozent abgeworfen. Nach Abzug der Kosten ist damit für die Kunden kaum noch etwas übrig geblieben. Unter Umständen resultierten alleine schon durch die Kosten Verluste.

Für Konsumenten sind die gesamten Kosten nur schwer durchschaubar. In seiner Studie kommt Florian Schubiger zum Schluss: «Den ausgewiesenen Gebühren der Banken ist nicht zu trauen.» Erschwert wird der Gebührenvergleich durch das Fehlen von Branchenstandards. Jeder Anbieter verwendet sein eigenes Modell, und ein Grossteil der Kosten wird direkt mit der Rendite oder dem Einstandskurs von Anlageprodukten verrechnet.

Sichere Geschäfte. So werden die Kommissionen bei strukturierten Produkten, die Gesamtkosten vieler Hedge Funds und der Spread bei Devisengeschäften nur selten offengelegt. Der Spread – die Differenz von Kauf- und Verkaufskurs – ist die wichtigste Einnahmequelle der Banken im Devisengeschäft. Je nach Finanzinstrument kann dieser Spread im Promillebereich liegen oder aber mehrere Prozent betragen. Besonders bei illiquiden Finanzprodukten und längerer Haltedauer reduziert diese Spanne die Rendite erheblich.

Eine sichere Einnahmequelle ist auch das Umschichten von Positionen. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Mercer schichten Portfoliomanager im Durchschnitt über 70 Prozent des von ihnen verwalteten Vermögens um – pro Jahr. In Kontinentaleuropa noch häufiger als im angelsächsischen Raum. «Waren unsere Erträge unter Budget, haben wir im letzten Quartal Positionen unserer Kundendepots verkauft und neu zugekauft, um so das Gebührenziel zu erreichen», schildert ein ehemaliger Private Banker, der anonym bleiben möchte, gegenüber BILANZ.

Florian Schubiger unterscheidet drei Kostenebenen: Die erste bilden die Verwaltungskosten. Sie bestehen aus dem Honorar für die Vermögensverwaltung, oft eine Gewinnbeteiligung und seltener auch eine Einstiegsgebühr, die für die Kundenanalyse zu Beginn eines Mandates erhoben wird. Die zweite Ebene umfasst die eigentlichen Bankgebühren wie Courtagen, Depotführungsgebühren oder Fremdwährungszuschläge. Und auf der dritten figurieren die Produktkosten wie Verkaufskommissionen oder Verwaltungsgebühren. Die grossen Unterschiede zeigen sich weniger bei Verwaltungskosten und Bankgebühren als bei den Produktgebühren. Hier fallen zum Beispiel die Retrozessionen an. Das sind Vertriebsprovisionen, welche die Banken neben den Kundengebühren für die Vermittlung von Finanzprodukten wie Fonds oder strukturierte Produkte erhalten.

Je teurer das Finanzprodukt, desto grösser ist in der Regel auch der Verdienst des Vermögensverwalters. Setzt ein Vermögensverwalter auf Anlagefonds, Zertifikate, strukturierte Produkte oder Hedge Funds, werden Gebühren und Retrozessionen von der Rendite abgezwackt. Eigentlich sollte es Retrozessionen für die Vermögensverwalter gar nicht mehr geben, seit das Bundesgericht vor vier Jahren entschied, dass solche Zahlungen dem Kunden abzuliefern seien. Doch die Finanzmarktaufsicht Finma lässt Retrozessionen weiterhin zu, wenn der Kunde ausdrücklich darauf verzichtet. Allerdings zeigte das Private-Banking-Rating der BILANZ, dass nur die wenigsten Banken wie die Zürcher Kantonalbank die Höhe dieser Vergütungen offenlegen. Anders in der EU. Unter den Mifid-Richtlinien sind die Banken verpflichtet, diese Vergütungen auszuweisen. Andernfalls müssen sie beispielsweise in Deutschland für Vermögensverluste aufkommen.

Transparente Amerikaner. Für Susan Emmenegger, Bankrechtprofessorin an der Universität Bern, ist die Schweizer Position auf Dauer nicht zu halten, wie sie kürzlich an einer Tagung des Europainstituts darlegte: Retrozessionen gehörten weitgehend den Kunden, nur schon um Interessenskonflikte zu vermeiden. Das will Simonetta Sommaruga mit ihrer Motion nun gesetzlich festschreiben lassen. Sie fordert bei Anlagefonds volle Preistransparenz schon vor dem Kauf des Fonds. Der Kunde soll im Detail erfahren, was etwa an Retrozessionen im Hintergrund anfällt. «Erst die Angaben über die gesamten Kosten ermöglichen auch die Berechnung der Nettoperformance», so Sommaruga. Sie verweist auf das Beispiel USA, wo strikte Transparenzvorschriften gelten und die Fondskosten und -gebühren deshalb rückläufig seien. «In der Schweiz ist ein solcher Trend nicht festzustellen.» Bei der Schweizerischen Bankiervereinigung gibt man sich vorerst gelassen. Man wolle die Forderungen der Motion «auf ihre Wirksamkeit und Praktikabilität prüfen».

Bis auf weiteres müssen die Kunden somit das Heft selbst in die Hand nehmen und mit den Banken um Gebühren und Transparenz feilschen. Dabei stehen sie aber keineswegs auf verlorenem Posten. Es gibt durchaus Mittel und Wege, um die Kosten unter Kontrolle zu halten und Gebührenfallen zu umgehen. Je höher der Anteil an Direktanlagen wie Aktien, Obligationen oder börsenkotierten Indexfonds (ETF) ist, umso geringer sind die Produktkosten und die Retrozessionen. Die Kunden können zudem die Offenlegung von Retrozessionen und vor allem deren Höhe verlangen. Ein geringer Fremdwährungsanteil vermindert sodann nicht nur die Kosten, sondern reduziert auch kaum kalkulierbare Anlagerisiken. Und schliesslich wird mit einer Pauschalgebühr für ein Mandat zur Vermögensverwaltung – falls sie wirklich alle Transaktionen umfasst – einer häufigen Depotumschichtung der Riegel vorgeschoben (weitere Tipps siehe unter 'Weitere Artikel').

Bei kurzfristiger Betrachtung mögen die Einsparungen gering erscheinen. Über die Jahre summieren sie sich allerdings zu einem erklecklichen Betrag, wie Florian Schubiger in seiner Studie errechnet hat. Wird ein Vermögen von 500  000 Franken über 20 Jahre mit einer Bruttorendite von 6 Prozent verwaltet, so fällt der Ertrag um mehr als 222  000 Franken höher aus, wenn die Gesamtkosten lediglich 1,2 Prozent statt 2,2 Prozent pro Jahr betragen (siehe Grafik und die detaillierte Kostentabelle im Anhang).