Im Eigenheim bleiben und trotzdem Kasse machen

Die Franzosen sind uns in Sachen savoir vivre seit je einen Schritt voraus. Auch beim Wohnen im Alter. «Viager» kennt man allenfalls in der Romandie. Das ist schade. So gehts: Rentner E. B. verkauft sein Haus massiv unter dem tatsächlichen Marktwert – dafür sichert er sich per Vertrag ein lebenslanges Wohnrecht. Sowohl der Verkauf wie auch das Wohnrecht werden im Grundbuch eingetragen. Verkäufer und Käufer schlagen so zwei Fliegen auf einen Schlag: Der Verkäufer erhält auf einen Schlag eine hübsche Stange Geld und kann trotzdem in seinen eigenen vier Wänden bleiben. Und der Käufer kommt günstig zu einer Liegenschaft. Verkaufen und bleiben Ein Beispiel: Rentner Ernst ist siebzig und wohnt in seinem Haus, das einen Wert von 1,2 Millionen Franken hat. Für einen kostspieligen Zahnimplantate-Eingriff und eine seit langem geplante Weltreise bräuchte er dringend Geld – möchte aber trotzdem in seinem Haus bleiben. Finanziell liegt all das nicht drin. Nun verkauft er sein Haus für 600'000 Franken mit Wohnrecht – also für die Hälfte des Wertes – an einen dreissigjährigen Banker. Ernst darf in seinem Haus bleiben. Und der junge Banker vermag die 20 Prozent Eigenmittel in Höhe von 120'000 Franken aufzubringen, während die 240'000 Franken beim Kaufpreis von 1,2 Millionen für ihn nicht dringelegen hätten. Ernst bringt seine Zähne in Ordnung, macht seine Traumreise und lebt noch ein paar Jahre in seinem Haus. Mit 78 zieht er in ein Altersheim – und der inzwischen 38-jährige Banker kann nun in sein Haus einziehen, für das er vor ein paar Jahren nur die Hälfte des Marktpreises bezahlt hatte. Umbauen und vermieten «Eine weitere kreative Lösung kommt mit dem Métamorphouse aus der Westschweiz», sagt Roland Bron, Direktor des VZ Vermögenszentrums in der Romandie. Der Ansatz: Ein Einfamilienhaus wird so verändert, dass mehrere Wohneinheiten entstehen. Der Hausbesitzer trennt zum Beispiel die Geschosse baulich ab: In einem 6½-Zimmer-Haus entstehen zwei 3-Zimmer-Wohnungen. Die eine vermietet er und mit den Einnahmen deckt er seine Fixkosten. Aber es geht auch anders: Ein Rentnerehepaar kann durch einen kleinen Anbau am Haus eine Einliegerwohnung schaffen. Das erhöht nicht nur den Wert des Hauses, sondern die beiden Rentner erhalten mit dem Mietzins dringend nötige zusätzliche Einnahmen zu AHV und PK. Oder das Rentnerpaar kann in die kleine Wohnung ziehen – und Tochter oder Sohn können mit ihren Familien ins grosse Haus zügeln. Und wer einen grossen Garten hat, dessen Bewirtschaftung ihm im Alter eh zu viel geworden ist, kann auf seinem Grundstück ein Tiny House erstellen. Die Métamorphouse-Lösung ist ein cleverer Schachzug: Wenn sie in ganzen Einfamilienhaussiedlungen durchgezogen wird, profitieren nicht nur einzelne Hausbesitzer finanziell, es führt erst noch zu verdichtetem Wohnen. Und bei Umnutzungsbauten können auch neue energetische Massnahmen mitberücksichtigt werden. lmmo-Rente und Umkehr-Hypothek Einen Zwangsverkauf vermeiden kann ein Hausbesitzer auch mit einer Immo-Rente oder Umkehr-Hypothek. Auch das muss er frühzeitig in die Wege leiten und nicht erst mit achtzig Jahren – und es muss sich laut VZ Vermögenszentrum um eine gut erhaltene Liegenschaft mit einem Verkehrswert von mindestens 1 Million Franken handeln, die zu 20 bis 30 Prozent beliehen ist. Für eine Immo-Rente wird die Hypothek auf rund 50 Prozent des Verkehrswertes aufgestockt und als langfristige Festhypothek aufgenommen. Dabei beträgt die Mindestlaufzeit der Hypothek zehn Jahre. Mit dem zusätzlichen Geld werden zuerst die Hypothekarzinsen für die nächsten 10 bis 15 Jahre bezahlt. Der Rest geht an den Hausbesitzer. Konkret: Ein Rentnerpärchen besitzt ein Haus mit einem Verkehrswert von 2 Millionen Franken, die Hypothek beträgt noch 300'000 Franken. Da das Renteneinkommen den beiden keine grossen Sprünge mehr erlaubt, entscheiden sie sich für eine Immo-Rente und stocken die bisherige Hypothek um 700'000 Franken auf 1 Million Franken auf. Die Belehnungshöhe steigt damit auf 50 Prozent. Mit der Bank vereinbaren sie eine Festhypothek mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Nach Abschluss des Vertrages werden zuerst die gesamten Hypothekarzinsen von 170'000 Franken im Voraus auf ein Konto einbezahlt. Die restlichen 530'000 Franken erhält das Rentnerpaar direkt ausbezahlt. Dieser Text wurde das erste Mal am 5. Februar 2021.