Warren Buffett gilt als weltbester Investor. Doch auch ein Anlage-Guru ist fehlbar. Einige von ihm rückblickend zu früh getätigte Verkäufe von Aktien haben wir an dieser Stelle in der Vorwoche aufgeführt.

Als weiteres kleines Missgeschick kommt neuerdings der Ergebnisausweis für das erste Quartal hinzu. Denn da hat die von ihm gegründete Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway bei genauer Hinsicht die Erwartungen verfehlt. Der operative Gewinn fiel nämlich um 12 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Zum anderen wurden bei einem auf die A-Aktien umgerechneten Wert von 2,274 Dollar Gewinn je Anteil die Analystenerwartungen von im Durchschnitt 2,759 Dollar je Anteilsschein verfehlt. Als Bürde erweisen sich dabei derzeit vor allem jene Investments, die unter den tiefen Öl- und Kohlepreisen leiden.

Langfrist-Bilanz stützt legendären Ruf

Aber natürlich gehören solche Ausrutscher zum Investieren dazu. Was letztlich zählt, ist die langfristig unter dem Strich erzielte Performance, und diese fällt bei Buffett und Berkshire Hathaway nach wie vor mehr als überzeugend aus. Von Ende 1964 bis Ende 2015 erzielte Buffetts Beteiligungsgesellschaft ein Plus von durchschnittlich 20,8 Prozent im Jahr. Der S&P 500 Index kam nur auf 9,7 Prozent.

Auf die Sprünge geholfen, haben der Wertentwicklung auch einige Geniestreiche von Buffett, die sich rückblickend als wahre Glücksgriffe erwiesen haben. Nicht selten handelt es sich dabei nicht um reine Beteiligungen an Aktien, sondern um die Komplettübernahme ganzer Unternehmen. Die Liste der erfolgreichen Deals sollte derzeit unter anderem mit dem im Vorjahr eingefädelten Zusammenschluss der beiden Unternehmen Kraft und Heinz verlängert werden. Der neue Konzern firmiert jetzt unter dem Namen «The Kraft Heinz Company» (ISIN: US5007541064). Wer kurz vor dem Deal eingestiegen ist, sitzt inzwischen auf hohen Gewinnen.

Buffett bevorzugt «gut» und «günstig»

Wegen solcher Geschäfte und seiner Fähigkeit, die es ihm ermöglicht hat, sich mit derartigen Investments zum vielfachen Milliardär hochzuarbeiten, wird Buffett von Börsianern mit Argusaugen verfolgt, die beobachten: Welche Unternehmen hat das Genie im Visier? Dieser Frage sind jüngst auch die Analysten von Credit Suisse HOLT in einer Studie nachgegangen. Darin beschäftigen sich die Autoren zunächst mit der Frage, auf was Buffett bei seinen Käufen typischerweise in den vergangenen zwanzig Jahren Wert gelegt hat. Wie Experten herausgefunden haben, ist dabei auffällig, dass es sich bei den berücksichtigten Firmen in der Regel um Unternehmen mit einem hohen freien Cashflow auf das investierte Kapital gehandelt hat und dass sie zum Zeitpunkt des Einstiegs nicht überteuert waren.

Darin kommt auch Buffetts Anlagephilosophie zum Ausdruck, die darauf abzielt, wunderbare Unternehmen zu wunderbaren Preisen zu kaufen. Letztlich achtet der Star-Investor also auf die Renditen, auf das Eigenkapital und auf die Netto-Sachanlagen. Wichtig sind ihm auch die Preismacht des Unternehmens und die Fähigkeit, mit Inflation umgehen zu können. Buffett bevorzugt obendrein Gesellschaften mit einem einfachen Geschäftsmodell und mit einem fähigen Management. Die Grösse seiner Beteiligungsgesellschaft bringt es zudem mit sich, dass er wirklich grosse Summen auf einen Schlag investieren kann.

Im Visier: Konsum und Gesundheit

Auf der Suche nach jenem «Elefanten», den Buffett als nächsten erlegen könnte, haben die Analysten von Credit Suisse HOLT verschiedene Branchen nach Kaufkandidaten durchforstet, auf die das skizzierte Beuteschema theoretisch zutrifft. Beim Ausschlachten der Studie konzentrieren wir uns auf die Ergebnisse für die Bereiche Konsum, bestehend aus Basis- und Nicht-Basiskonsumgütern, sowie Gesundheit. Diese Einschränkung hat auch mit der Erfahrung zu tun, dass Vertreter aus diesen Sektoren auch in Krisenphasen relativ stabile Ergebnisse abliefern und dass sie wegen diesem Vorzug nicht nur weniger volatil sind, sondern, dass sie auch eine überlegene Langfrist-Performance aufweisen können.

Für den Bereich Konsum streicht Credit Suisse HOLT erst einmal heraus, dass die als mögliche Buffett-Ziele ausgefilterten Unternehmen einen Cash Flow Return on Investment aufweisen, der sich um mehr als 600 Basispunkte über dem Branchendurchschnitt bewegt. Zudem seien die Markterwartungen mit Blick auf einen künftigen Cash Flow Return on Investments relativ niedrig, was für eine moderate Bewertung spreche. Zu den so gefundenen Aktien zählen Advance Auto Parts Inc., Hain Celestial Group Inc. und Hanesbrands Inc. Der Anbieter von Autozubehör Advance Auto Parts (ISIN: US00751Y1064) hat in den vergangenen zehn Jahren immerhin auch durchgehend überdurchschnittliche freie Cashflows auf das investierte Kapital verdient. Eine Bilanz, die im Verbund mit dem übernommenen Konkurrenten General Parts International weiter ausgebaut werden könnte.  

Buffet könnte bei Gesundheitsaktien einsteigen …

Auch beim Anbieter von Bio- und Naturprodukten, Hain Celestial Group (ISIN: US4052171000), ist der Markt nach Ansicht der Credit-Suisse-Experten, gemessen an den in der Vergangenheit erzielten Margen, für die Zukunft relativ vorsichtig gestimmt. Nach Ansicht der Analysten lasse das Raum für positive Überraschungen. Der Bekleidungshersteller Hanesbrands (ISIN: US4103451021) habe es seit der Finanzkrise immer wieder geschafft, die geringen Erwartungshaltungen zu übertreffen. Auch sei in dieser Zeit viel Shareholder Value geschaffen worden, was derzeit noch nicht ausreichend gewürdigt werde.

Bei Anwendung der typischen Buffett-Kaufkriterien weisen auch die von Credit Suisse HOLT ausfindig gemachten Gesundheits-Aktien im Schnitt hohe freie Cashflows auf das investierte Kapital auf. Deren Fähigkeit zur Generierung von üppigen Barmitteln, zusammen mit niedrigen Markterwartungen, könnte diesen Bereich zu einem potenziell dafür geeigneten Segment machen, dass sich Buffett bevorzugt für Übernahmen darin umsehen wird.

Henry Schein und Mylan könnten dabei im Fokus stehen

Der erste von zwei Branchenvertretern, die von Credit Suisse besonders herausgestellt werden, ist Henry Schein Inc. (ISIN: US8064071025). Dahinter steckt ein weltweit tätiger Händler von Produkten, Dienstleistungen und Ausstattung von Praxen für Zahnmedizin, Allgemeinmedizin und Tiermedizin, der es geschafft hat, im Laufe der Zeit seinen Marktanteil kontinuierlich auszubauen. Beim angepassten Gewinn je Aktie strebt dieser Konzern in diesem Jahr ein Plus von 10 bis 12 Prozent an.

Als zweites potenzielles Akquisitionsziel wird Mylan N.V. (ISIN: NL0011031208) herausgestrichen. Bei diesem US-Generikakonzern hat der Kurs zuletzt unter dem Preisdruck bei den angebotenen Nachahmer-Medikamenten gelitten sowie unter der als teuer eingestuften geplanten Übernahme des schwedischen Konkurrenten Meda. Aber in der Vergangenheit hat die Gesellschaft ansehnliche Cash Flow Return on Investments abgeliefert. Bleibt es bei dieser Fähigkeit, könnte das für einen Investoren wie Buffett ein gutes Kaufargument sein.

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