Die Ökonomen von Raiffeisen rechnen damit, dass die Schweizer Wirtschaft im kommenden Jahr wieder etwas stärker wächst, nämlich um 1,3 Prozent. Damit sind sie wesentlich weniger optimistisch als beispielsweise das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

Dafür sind vor allem die schwächelnde Konjunktur in Deutschland sowie der starke Franken verantwortlich, der sich 2020 laut Raiffeisen zum Euro noch weiter aufwerten dürfte.

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Allerdings werde die Rolle des Franken als sicherer Hafen und seine Auswirkung auf den Wechselkurs überschätzt, sagt Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff. Allerdings die Schweiz als «save haven» im kommenden Jahr angesichts geopolitischer Unsicherheiten wie Handelskonflikt und Brexit weiterhin wichtig sein wird.

Deutsche Wirtschaft bremst

Die Schweizer Wirtschaft hängt stark am Tropf des Nordens, erinnert Neff und meint damit Deutschland, wenngleich die Abhängigkeit von der deutschen Wirtschaft in den vergangenen Jahren etwas abgenommen habe. In den 1970er waren es 38 Prozent, in den 1990er rund 25 Prozent. «Die Konjunkturlokomotive Deutschland mutierte zuletzt zu einem schweren Wagen, der wie ein Bremsklotz – auch auf die Schweizer Wirtschaft – wirkt», sagt Neff

Dies bekommt hierzulande insbesondere die Industrie zu spüren – vor allem die MEM-Industrie, welche 36 Prozent ihrer Produktion nach Deutschland exportiert. Zum Vergleich: Im Durchschnitt gehen 19 Prozent aller Schweizer Exporte ins nördliche Nachbarland.

Problematisch sei die Schwäche der Industrie, weil die kaum noch neue Stellen in diesem Sektor entstehen. Das Wachstum auf dem Arbeitsmarkt kommt fast nur noch aus dem Dienstleistungssektor – 29 Prozent seit 2003 gegenüber 2 Prozent im verarbeitenden Gewerbe.

Das sei insofern besorgniserregend, als dass die Produktivität einer Volkswirtschaft nur in der Industrie gesteigert werden kann. Da dies nicht der Fall ist, kann auch die Gesamtwirtschaft nicht stärker wachsen. Die Folge ist ein schwaches Potenzialwachstum, was sich langfristig auch auf den Wohlstand hierzulande auswirke.

Geringes Wachstumspotenzial

Dieser Strukturwandel habe sich seit der Finanzkrise beschleunigt: Die Industrieexporte entwickelten sich seither negativ, während vor allem mehr Pharmaerzeugnisse und Uhren exportiert werden.

Zudem ist kein Sektor so anfällig für die Wechselkurse wie das verarbeitende Gewerbe. Die Raiffeisen-Ökonomen rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einer weiteren Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro. Dafür sorgen insbesondere die Zinsdifferenz, die Kaufkraftparität und die Schweizer Portfolioinvestitionen. 

Seit der Finanzkrise investieren Schweizer Anleger mehr im Inland statt im Ausland. Dadurch steigt die Nachfrage nach Franken, während Devisen weniger nachgefragt werden. Dieser sogenannte «Repatriierungseffekt» belastet die Schweizer Währung, während die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit ihren Devisenkäufen gegenzusteuern versucht.