Die frohe Kunde sei gleich vorweggenommen. Die meisten Lebensversicherer stehen weiter zu ihren unverbindlichen Überschussprognosen, die sie während der Hochzinsphase der frühen Neunzigerjahre auf sofort beginnenden Leibrenten gemacht haben. Das ist die Quintessenz einer BILANZ-Umfrage bei 15 Gesellschaften.

Wie ein Blick auf die Tabelle «Prognose und Realität» zeigt, halten sich elf Gesellschaften immer noch an den damals offerierten Betrag, obwohl die Marktzinsen seither markant gesunken sind. Testperson ist ein Mann, der sich 1992 als 65-Jähriger mit 100 000 Franken eine Leibrente gekauft hat. Hätte er sich damals zum Beispiel für die Rente bei der «Genfer» entschieden, so wären ihm seither jährlich 8126 Franken überwiesen worden. Hingegen bringen neu abgeschlossene Policen dort nur noch eine Jahresrente von 6030 Franken.

Den Überschuss markant reduziert hat die Zürich, wo sich der Rentner heute auf Grund einer Kürzung der Überschüsse um 850 Franken mit 7226 Franken begnügen müsste. Diese Gesellschaft adaptiert die Überschüsse laufend an die Durchschnittsrendite des Anlageportefeuilles; an die offerierten Zahlen hält sie sich nur während der ersten fünf Jahre nach Abschluss. Die Art und Weise der Berechnung der Durchschnittsrendite wird dem Kunden freilich nicht offen gelegt. Insbesondere bleibt es der «Zürich» überlassen, inwieweit sie realisierte Kapitalgewinne an die Rentenkunden weitergeben will (siehe auch «Die Kunden müssen büssen»).

Wenig Freude hätte ein Rentner, wenn er vor acht Jahren zur Generali (Fortuna) gegangen wäre. Diese Gesellschaft verfährt nach dem gleichen Prinzip wie die «Zürich», doch vom ursprünglichen Überschuss verbleiben hier sogar nur noch 43 Prozent. Hauptgrund für diese markante Kürzung soll die unaufhörlich steigende Lebenserwartung sein, was an den Margen zehre. Mit diesem Problem kämpfen freilich alle Lebensversicherer.

Das Fazit ist offensichtlich: Bei hohen Zinsen ist und bleibt der Abschluss einer Rente bei einer traditionellen Gesellschaft ein rentables Geschäft, da die Überschüsse auch bei fallenden Zinsen gehalten werden. Umgekehrt sollte man allerdings diese Anbieter bei tiefen Zinsen eher meiden, weil bei einem Zinsanstieg keine Aussicht auf eine höhere Rente besteht. Als Alternative bieten sich jene Gesellschaften an, die ihre Überschüsse an der Durchschnittsrendite des Anlageportefeuilles ausrichten. Freilich weiss der Kunde hier nicht, ob und in welchem Ausmass dieses Versprechen auch eingelöst wird. Ende 2000 wäre bei Generali und «Zürich» jedenfalls eine Erhöhung überfällig.

Nicht ins obige Schema passen Elvia und La Suisse. Beide Gesellschaften wollten ihre bewegte Vergangenheit in Sachen Leibrente nicht an die grosse Glocke hängen und verweigerten deshalb die Teilnahme an der Umfrage. So mussten Elvia-Kunden, die 1992 die Leibrente Swiss plus gekauft haben, nach der Übernahme durch die Allianz im Herbst 1994 massive Einbussen in Kauf nehmen. Der Gerechtigkeit halber muss aber angefügt werden, dass die Überschüsse bereits vor dem Verkauf der Gesellschaft nur mit Mühe finanziert werden konnten. Bei der La Suisse, deren damalige Rente Swiss Space mit Swiss plus beinahe identisch ist, kamen die Kunden hingegen bis heute um eine Kürzung herum. Dies haben sie freilich nur dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass seinerzeit viele Policen in die USA verkauft worden sind und Leistungsabstriche dort mit hohen Prozessrisiken verbunden gewesen wären. Dies musste offenbar auch die Aufsichtsbehörde in Bern einsehen. Sonst hätte sie wohl mit Sicherheit eine tüchtige Reduktion verfügt, da sich die La Suisse diese Generosität bei diesem Produkt eigentlich gar nicht leisten kann.

Mit Abstrichen müssen hingegen jene Versicherungsnehmer rechnen, die 1992 eine Einmalprämie gekauft haben. Hier haben die Lebensversicherer seither eingetretene Zinsverluste zumindest teilweise an ihre Kunden weitergegeben, wie aus der Tabelle «Prognose und Realität» hervorgeht. Nur gerade zwei Gesellschaften, nämlich Pax und Rentenanstalt, haben ihre Überschussprognosen eingehalten. Chapeau!

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