Was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte?
Christof Strässle*: Die Makrodaten dies- und jenseits des Atlantiks zeigen, dass die Wirtschaft sich weiter erholt. Im politischen Umfeld fehlt diese Klarheit weitgehend. Im Zentrum des Interesses steht Donald Trump. Nach viel «Gezwitscher» wird der neue US-Präsident mit ersten Amtshandlungen zeigen müssen, für was er wirklich steht. Weiter Themen sind der Brexit und die Vorboten der anstehenden Wahlen in Frankreich.

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Zu Beginn des Jahres dürfte die positive Neugier auf das Kommende dafür sorgen, dass die positive Grundstimmung an den Finanzmärkten weiter anhält. Die Bäume wachsen jedoch nicht in den Himmel. Überraschungen und Enttäuschungen sind vorprogrammiert, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Börsenkurse.

Wo steht der SMI in 12 Monaten?
Die Schweiz startet mit einer starken Wirtschaft und einer starken Währung ins Finanzjahr 2017. Vom globalen Wirtschaftsaufschwung wird die Schweiz auch 2017 profitieren. Die Währungsseite ist schwierig zu prognostizieren. Insbesondere gegenüber dem US-Dollar dürfte der Schweizer Franken jedoch eher verlieren. Bedingt durch die Tatsache, dass die Börsenschwergewichte Nestlé, Novartis und Roche relativ hoch bewertet sind, dürfte für den SMI insgesamt nur ein eingeschränktes Wachstum resultieren. Dies insbesondere im Vergleich zu ausländischen Aktienmärkten.

Welches sind die grössten Gefahren in diesem Jahr?
Die grösste Gefahr geht von den Obligationen aus. Die Preisblase ist riesig. Die Zinsentwicklung seit November hat gezeigt, wie schnell die Kurse korrigieren können. Doch dies war nur der Anfang. Noch bis Ende 2017 verfolgt die EZB eine expansive Geldpolitik. Die jüngsten Inflationszahlen könnten die ersten Anzeichen sein, dass die Zinswende 2018 eingeläutet wird – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Obligationenpreise. Die Spekulationen zur künftigen EZB-Politik werden bereits im laufenden Jahr einsetzen und die Zinskurve entsprechend bewegen.

Von welchen Positionen sollten sich Anleger jetzt trennen?
Anlagen in langlaufenden Obligationen, insbesondere in Fremdwährungen, machen im oben beschriebenen Umfeld für Privatinvestoren keinen Sinn mehr.

Welche Lehren aus 2016 sollten Anleger dieses Jahr beachten?
Die Schwankungen an den Börsen waren im vergangen Jahr aussergewöhnlich. Euphorie und Panik folgten sich in lockerer Folge. Mehrprozentweise korrigierten und erholten sich die Aktien- und Obligationenmärkte. Wer sich in diesem Umfeld prozyklisch verhielt, beeinträchtigte sein Vermögen nachhaltig negativ. Antizyklisches Verhalten brauchte dagegen Mut und Risikobereitschaft. Erfolgreich war 2016, wer Ruhe bewahrte und die Schwankungen aussitzen konnte. Einmal mehr bestätigte es sich, dass erfolgreiches Investieren eine langfristige Angelegenheit ist.

Was müssen Anleger im Januar unternehmen, um im weiteren Verlauf des Jahres gut dazustehen?
Einmal jährlich sollte jedes Portfolio einer kritischen, unabhängigen Prüfung unterzogen werden. Der Januar ist hierfür ein guter Monat. Die Überprüfung sollte alle Aspekte beinhalten: Risikostruktur, Ländergewichtung, Fremdwährungsrelationen, Kosten und Performance. Anschliessend gilt es, die Positionen wieder ins richtige Verhältnis zu setzen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

*Der promovierte Ökonom Christof Strässle ist Gründer und Managing Partner der unabhängigen Vermögensberatung Strässle & Partner Vermögens-Engineering AG mit Sitz in Luzern. Er verfügt über nationale und internationale Bankerfahrung im Bereich Private Banking und institutionelle Kunden.