Er hat die Welt bewegt, wie nie ein Dressurpferd zuvor: Totilas aussergewöhnliche Schönheit und Ausstrahlung zogen selbst Menschen in ihren Bann, die mit Dressurreiten wenig am Hut hatten. Auch Paul Schockemöhle, Europas grösster Pferdezüchter, war dem nicht gefeit und kaufte den schwarzen Hengst für sagenumwobene 10 Millionen Euro. Heute – fünf Jahre nach dem Kauf – ist die Karriere des ehemals besten Dressurpferdes der Welt beendet. Zurück bleibt ein unternehmerisch geschädigter Besitzer.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die Geschichte von Totilas zeigt, wie riskant das Pferd als Geldanlage sein kann. Läuft alles nach Plan, winken dem Besitzer Millionen. Wird der kostbare Hengst krank oder versagt im Turnier, warten am Ende die Rechnungen.

«Ziemlich viel schief gelaufen»

Für Paul Schockemöhle hat der Totilas-Kauf jedenfalls eine Serie von Pleiten, Pech und Pannen nach sich gezogen, die ihresgleichen sucht. Dies musste auch der norddeutsche Pferdezüchter einsehen. Bereits im April dieses Jahres bekannte sich der 70-Jährige zu seiner Fehlinvestition: «Da ist ziemlich alles schiefgelaufen, was schieflaufen kann.»  

Als Schockemöhle im Jahr 2010 den schwarzen Gribaldi-Sohn dem Niederländer Edward Gal unter dem Sattel wegkaufte, steckte der Wunsch dahinter, den talentiertesten Tänzer der Dressur zu besitzen. Sein Antrieb: sportlicher Höhenflug mit Olympiagold in London und folglich ein hoher Preis für Totilas Samen in der Zucht.

Doch der Plan ging nie auf. Stattdessen verpassten Totilas und sein Reiter Matthias Alexander Rath die entscheidenden Championate: Bei den Olympischen Spielen 2012, der Europameisterschaft 2013 oder der Weltmeisterschaft 2014 waren entweder Pferd oder Reiter nicht einsatzbereit. Die eingeplanten Einnahmen waren futsch – wenngleich sich der wahnsinnige Kaufpreis ohnehin nicht allein mit den Preisgeldern amortisieren lässt.

Nach Millioneneinnahmen nun Preissturz

Der langfristige Wert bei der Geldanlage «Pferd» liegt vor allem in den Deckgebühren. Jede Portion Tiefkühlsamen des edlen Rosses Totilas brachte Schockemöhle 8000 Euro. Weil Totilas mit einer Deckung 70 Stuten «versorgen» konnte, kamen mindestens zwei Millionen zusammen. Schockemöhles Angaben zufolge bekamen bislang mehr als 250 Stuten ein Totilas-Fohlen.

Doch nun, wo der pensionierte Rappe doch kein deutsches Dressur-Wunder schaffte, droht sein alter Glanz zu verblassen. Der Preis für eine Portion seines Samens erscheint den meisten Züchtern plötzlich viel zu viel. Die Folge: Der Kurs seines Gen-Materials sinkt. Schockemöhle spricht von einem regelrechten Preissturz und kündigt eine niedrigere Deckgebühr an: «Ich werde die Decktaxe senken. Die Begehrlichkeit war nicht mehr so gross, weil Totilas in den letzten Jahren nicht der grosse Strahlemann war.»

Zweite Karriere als Deckhengst

Die Einnahmen durch Totilas werden also geringer. Ob sich der Kauf jemals rentieren wird, ist damit ungewiss. «Wenn er jetzt seinen Job als Deckhengst macht, dann ist es immer noch eine vernünftige Sache», sagte der Pferdehändler am Mittwoch in Aachen.

Wenn. Denn nur wenn Totilas so gesund ist, dass er das derzeit kranke Bein belasten kann, um aufs Phantom, das Ledergestell, das in der Pferdezucht für den Deckakt eingesetzt wird, zu springen. Nur dann kann er noch einiges von seinem Kaufpreis wieder verdienen.

Riskante Geldanlage

Während Schockemöhle seine Fehlinvestition finanziell wohl verschmerzen kann, zeigt der Fall Totilas zweierlei: Zum einen, wie immens viel Geld ein Pferd wert sein kann. Und zum anderen, mit welch hohem Risiko ein entsprechendes Investment verbunden ist. Zwar bieten Pferde vor allem im Bereich des Rennsports und des Dressurreitens Möglichkeiten für eine starke Rendite, doch eine Verletzung oder Erkrankung reicht aus und man büsst an monetären Wert ein.

Zudem wird das Tier älter, womit die Leistungsfähigkeit und der entsprechende Marktwert nachlassen. Hinzu kommen die laufenden Kosten: Mit Tierarzt, Hufschmied, Futter, Trainer und Unterkunft kommen schnell 15’000 Euro pro Jahr zusammen.

Doch den Risiken stehen auch Chancen gegenüber. Erzielen die edlen Rosse gute Ergebnisse im Rennsport oder in der Dressur, können sie ihren Wert um ein Vielfaches des Kaufpreises steigern. So erzielen Spitzenpferde Millionen. Vor allem auf den Rennbahnen und in den Gestüten schaffen die besten Hengste der Welt locker mehr Erlöse als manches KMU.

Erfolgreiche Schweizer Züchter im Rennsport

Im Rennsport züchten auch Schweizer erfolgreich mit. Die Wahlschweizer Schoggi-Dynastie Jacobs ist ein Beispiel. Mit Clanchef Andreas Jacobs lebt bereits der Enkel des erstinfizierten Hengsthalters Walther J. Jacobs (1907 - 1998) mit dem unbändigen Verlangen nach immer schnelleren Rössern. Der Präsident des Schokoladenherstellers Barry Callebaut besitzt mit seiner Familie renommierte Pferdezuchten in Deutschland, England und Südafrika - und einen Anteil an einem der teuersten Deckhengste überhaupt.

Auch die Tochter des Zürcher Amag-Autohändlers und Pferdenarren Walter Haefner (1910-2012) ist vom Virus infiziert. Auf dem irischen Gestüt von Eva-Maria Bucher-Haefner weiden gegen 100 Stuten, darunter knapp 40 erstklassige Muttertiere.

var snackTV_config = { displayad:0, fracautoplay:0, monetizer:0, pmode:0, userwidth:648, autoplay:'mouse', playlist:'false', hideitems:'none', type:7, publisher:'handelszeitung', color:'000000', bgcolor:'ffffff', font:'verdana', layout:'light', videos:'1565952', revplay:false, showadctrl:false, isRTL:false }