Die Basler Pharmamultis haben noch nie ein feines Gespür für Öffentlichkeitsarbeit gezeigt. Dies hat Novartis jüngst wieder bewiesen. Da musste CEO Joseph (Joe) Jimenez den Abbau von 2000 Arbeitsplätzen bekanntgeben – gleichzeitig mit den Zahlen für die ersten drei Quartale, und das waren Rekordergebnisse. Ob des Aufschreis in den Medien ging unter, dass sich da primär die Konsolidierung von Alcon niedergeschlagen hat. Und abgebaut werden gerade mal 1,7 Prozent aller Stellen. So oder so: Das Timing war katastrophal. Auch Konkurrent Roche hat mit der Art und Weise, wie vor Jahresfrist der Abbau von 4800 Stellen bekanntgegeben wurde, nicht geglänzt.

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Unter Anlegern hat das Image der grössten Arbeitgeber am Basler Rheinknie ebenfalls gelitten. Dabei gehören sie zu den Besten ihrer Branche, die Aktien sind das Nonplusultra heimischer Qualitätstitel. Nur stecken beide in einem Formtief. Der Margendruck oder auslaufende Patente drücken auf das Gemüt manchen Aktionärs. Was dabei vergessen geht: Die Profitabilität ist unverändert gut, und hohe Forschungsausgaben lassen mittelfristig neue, vielversprechende Medikamente erwarten.

Wer Blue Chips sucht und Ausdauer mitbringt, ist mit beiden Valoren gut beraten. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis sind die Papiere gleich zu bewerten. Dennoch gefällt mir die von Severin Schwan geführte Roche noch einen Tick besser. Einmal ist die Dividendenrendite von 4,4 Prozent reizvoll. Zudem zeichnet sich ab, dass in den nächsten Jahren interessante Nachfolgeprodukte aus der Forschungspipeline kommen.

Zu teuer. Der Lift- und Fahrtreppenhersteller Schindler bekommt die Währungsturbulenzen voll zu spüren. Für die ersten neun Monate kehrt sich beim Auftragseingang der Zuwachs in Lokalwährungen von 5,4 Prozent in ein Minus von 6,4 Prozent auf Frankenbasis, das Ebit wandelt sich von plus 5,0 in einen Rückgang von 7,7 Prozent. Das Management unter Präsident Alfred Schindler ist zwar zufrieden mit dem Resultat – zu Recht. Dennoch wird mit Blick auf die schwache Konjunktur ein Massnahmenpaket umgesetzt, mit dem das Unternehmen seine Wettbewerbskraft stärken will. Das soll sich bis Ende 2013 in operativen Verbesserungen und Einsparungen von 150 Millionen Franken niederschlagen. Dennoch lasse ich die Aktien vorderhand links liegen. Nicht weil ich heftige Gewinnrückschläge erwarte, sondern weil die Valoren satt bewertet sind; das Kurs-Gewinn-Verhältnis stellt sich für 2012 auf 19,2 und für 2013 auf 17,2.

Schlechte Verbindung. Lange galt der Blackberry als Must für Manager. Doch Erfolg macht träge. Herstellerin Research In Motion (RIM) glänzt kaum noch mit Innovationen, die Smartphones graben dem Blackberry Marktanteile ab. Eine Verkaufsbremse ist die magere Auswahl an Apps. Doch auch der Tablet-Computer PlayBook erweist sich nicht als Renner. Für das zweite Quartal musste die kanadische RIM eine Gewinnhalbierung bekanntgeben, worauf der Abbau von jeder zehnten Stelle angekündigt wurde.

Nun wollen Jim Balsillie und Mike Lazaridis, die RIM gemeinsam führen, den Trend stoppen. Gleich fünf Neuheiten wurden jüngst angekündigt, darunter ein Handy, das nur aus einem Touchscreen besteht. «Zu wenig gut, zu spät», sagte mir ein Technikexperte. Zudem mokiert er sich darüber, dass die Geräte mit einem veralteten Betriebssystem bestückt werden; erst im kommenden Jahr soll das vielversprechende Betriebssystem QNX – der Hersteller wurde 2010 übernommen – zum Einsatz kommen.

Die Börse zweifelt am Turnaround. Noch im Sommer 2008 wurde RIM mit 83 Milliarden kanadischen Dollar bewertet. Seither sind die Aktien um 86 Prozent abgestürzt, die Firma ist weniger als 12 Milliarden wert und damit ein Übernahmekandidat. Kommt es nicht zu einem Angebot, dürften die Aktien dennoch zulegen; das Management ist endlich aufgewacht. Wer auf den Turnaround setzt, muss einen langen Schnauf mitbringen – und Risikofreude.

Für Wagemutige. Mit Biotech-Aktien war über die letzten Jahre nicht gut Kirschen essen. Doch wenn ich mit Analysten über diese Branche rede, gerät mancher ins Schwärmen über Basilea Pharmaceutica. Nicht wegen des Kursverlaufs; seit dem Höchst von 2007 haben die Valoren über 80 Prozent verloren. Sonst jedoch unterscheidet sich das biopharmazeutische Unternehmen von der Konkurrenz. Die Firma, 2000 als Split-off von Roche entstanden, verfügt über viel Know-how auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten. Basilea kann ein Portfolio mit drei Medikamenten vorweisen, die bereits am Markt respektive in der Phase der Markteinführung oder in fortgeschrittener klinischer Entwicklung stehen.

Basilea schreibt zwar rote Zahlen. Doch die Aussichten sind gut. Das in Europa zugelasse Toctino, ein Präparat gegen Handekzeme, erfreut sich steigender Umsätze. Und das Antibiotikum Ceftobiprol steht vor weiteren Phase-III-Tests. Die Kurssteigerungen der letzten Woche dagegen sind auf andere Faktoren zurückzuführen. Der grösste Investor, HBM Bioventures, will den Verwaltungsrat mit eigenen Leuten bestücken. Auch drängt HBM den Basilea-CEO Anthony Man zum Aktienrückkauf. Für die Analysten ist klar: Die Kleinfirma wird für einen möglichen Verkauf herausgeputzt.

Ein Handwechsel bringt den Aktionären Mehrwert. Und beim Alleingang bietet das Unternehmen Zukunftsmusik. Zumal an Betriebsmitteln kein Mangel herrscht: Mitte Jahr klimperten bei Basilea 243 Millionen Franken in der Kasse. Für Investoren, denen Biotech-Aktien noch nicht verleidet sind und die Wagemut aufbringen, bieten Valoren auf lange Sicht eine interessante Möglichkeit.

 

 

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
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