Und auch für die Schweizer Realwirtschaft ist die weitere Entwicklung von grosser Bedeutung, ist das südliche Nachbarland doch ein gewichtiger Partner.

Die Verunsicherung zeigt sich auf unterschiedliche Art und Weise: Die Anleihenkurse fallen, und die Risikoaufschläge für südeuropäische Staatsanleihen steigen. Gleichzeitig schwächeln die Aktienkurse und der Euro. Das alles erstaunt nicht, lassen diese vorerst noch harmlosen Verschiebungen im Finanzmarktgefüge doch ungute Erinnerungen an die europäische Schuldenkrise der Jahre 2011/12 aufkommen.

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Am vergangenen Freitag goss die US-Ratingagentur Moody's zusätzlich Öl ins Feuer und stellte dem Land ein schlechteres Rating in Aussicht. Als Grund hierfür nannte Moody's die Gefahr einer materiellen Schwächung der Staatsfinanzen unter einer neuen Regierung. Gleichzeitig könnten sich wichtige strukturelle Reformen verzögern oder bereits beschlossene Reformen rückgängig gemacht werden.

Nicht das einzige Sorgenkind

Schlecht für die Stimmung an den Märkten ist ausserdem, dass Italien nicht das einzige Sorgenkind in Südeuropa ist. Im Zuge des Korruptionsskandals um die spanische Regierungspartei will die Opposition dem Parlament bekanntlich noch diese Woche den Antrag stellen, dem Premierminister Mariano Rajoy das Vertrauen zu entziehen. Auch in Spanien drängen populistische Parteien an die Macht.

Julius-Bär-Zinsstrategin Eirini Tsekeridou gewichtet die politischen Unsicherheiten in Italien gleichwohl als noch schwerwiegender als jene in Spanien. Allerdings rechnet sie bei den Staatsanleihen beider Länder mit steigenden Risikoaufschlägen.

Inigo Egusquiza von Kepler Cheuvreux warnt derweil vor wachsenden politischen Risiken in Spanien sowie vor negativen Folgen für den dortigen Aktienmarkt und die Renditeentwicklung spanischer Staatsanleihen.

Hohe Verbindlichkeiten der Banken

Die Target-Salden, sie stehen für Forderungen der Europäischen Zentralbank (EZB) gegenüber den nationalen Zentralbanken des Euroraums, schwollen zuletzt wieder auf gut 900 Milliarden Euro an.

Grösster Schuldner ist Italien mit gut 440 Milliarden Euro, gefolgt von Spanien mit 361 Milliarden. Angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen beobachten Experten die milliardenschweren Verbindlichkeiten italienischer und spanischer Banken mit Sorge.

Das gilt ebenso für die zuletzt höheren Risikoaufschläge für italienische und spanische Staatsanleihen. Mit italienischen Staatsanleihen in Höhe von 250 Milliarden Euro in den Büchern zählt die EZB zu den bedeutendsten Gläubigern des südeuropäischen Landes.

6,4 Prozent der Exporte gehen nach Italien

Für die Schweizer Realwirtschaft ist Italien als Nachbarland naturgemäss wichtiger als Spanien. 2017 exportierte die Schweiz Waren im Gegenwert von 13,5 Milliarden Franken ins Land. Das entspricht 6,14 Prozent der Schweizer Gesamtwarenexporte, was Italien zum drittwichtigsten europäischen Handelspartner nach Deutschland und Frankreich macht. Dem stehen Gesamtwarenimporte in Höhe von 18 Milliarden Franken mit einem Anteil von 9,7 Prozent gegenüber.

Und obwohl Italien erst vor einigen Jahren eine Steueramnestie geführt hat, erachten Branchenkenner die Bedeutung italienischer Kunden für die Schweizer Banken noch immer als gross. Die Kreditengagements im südlichen Nachbarland werden hingegen als überschaubar eingestuft.

Am meisten zu schaffen machen dürfte der Schweizer Wirtschaft aber der erstarkte Franken. Als "sicherer Hafen" wiederentdeckt, legte der Franken gegenüber dem Euro alleine seit Mitte Mai um fast 4 Prozent zu.

Diese Verschiebung im Währungsgefüge betrifft nicht nur die Exporte nach Italien oder Spanien, sondern auch die in den gesamten Euroraum. Sollte sich der Franken nicht bald wieder abschwächen, könnte dies auch Spuren in den Resultaten hiesiger Exportunternehmen hinterlassen.

(sda/mlo)