In den Chor der für 2014 optimistischen Aktien-Experten mischen sich zunehmend skeptische Stimmen. Die Börsenprognosen der meisten Banken und Anlageberater gehen zwar davon aus, dass ein weltweit steigendes Wirtschaftswachstum und eine Entspannung in der Eurokrise zusammen mit weiterhin niedrigen Zinsen die Aktienmärkte weiter beflügeln werden. Aus dieser Sicht spreche alles für Aktien und nichts für Staatsanleihen. «Aktien klar übergewichten»  ist der Tenor der meisten Einschätzungen für 2014.

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Im vergangenen Jahr war diese Strategie erfolgreich: Europäische Aktienindizes legten zwischen zehn und 20 Prozent zu. Die US-Börse stieg um mehr als 20 Prozent. Auch an der Schweizer Börse können sich die Anleger über Kursgewinne von rund 20 Prozent freuen. Mit sicheren Franken-Anleihen war dagegen kein Geld zu verdienen.

Den Trend aber einfach fortzuschreiben könnte sich als Fehler erweisen. «Anlegerinnen und Anlegern, die von den Kursgewinnen der letzten Jahre verwöhnt worden sind, raten wir, ihre Erwartungen zu dämpfen» , hiess es im Marktausblick der Grossbank UBS. Im kommenden Jahr dürften die Börsen im Rahmen des Wachstums der Unternehmensgewinne um nur noch fünf bis zehn Prozent steigen, schätzte der Anlagestratege der Zürcher Kantonalbank, Claude Zehnder.

Staatsanleihen nicht vorschnell abschreiben

Ein weit verbreiteter Optimismus gilt als Warnsignal. Die von einer allgemeinen Euphorie getragene Aufwärtsbewegung der Börsen gleiche zunehmend einer Blasenbildung, urteilte die Grüebler Vermögensverwaltung aus Zürich. «Das Ausmass der Hausse ist bei objektiver Betrachtung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nur teilweise gerechtfertigt» , so die Vermögensverwaltungsfirma. Die Drosselung der Anleihenkäufe durch die US-Notenbank und die Frage der Schuldenobergrenze in den USA sowie ein neues Aufflackern der Euro-Krise könnten jederzeit wieder neue Unsicherheit auslösen.

In den ersten drei bis vier Monaten dürfte die positive Entwicklung bei Aktien noch anhalten, erwartet die Bantleon Bank in Zug. Ob dann eine gut laufende Konjunktur die Geldschwemme der Notenbanken als Antriebsmotor für Aktien ablösen könne, sei offen. «Im Laufe des zweiten Quartals werden Wolken aufziehen. Unsere Frühindikatoren lassen einen konjunkturellen Dämpfer erwarten» , sagte Bantleon-Chefökonom Harald Preissler. Wegen höherer Zinsen dürften Firmen bei den Investitionen vorsichtiger werden. Der Aufschwung könnte kippen und das Umfeld für Aktien könnte sich verschlechtern. «Dann beginnt die Suche nach sicheren Häfen» , sagte Preissler. Gewinner dieser Entwicklung dürften die Staatsanleihen der Schweiz, Deutschlands und der USA sein. «Dann werden Bundesanleihen wegen der Aussicht auf Kursgewinne gesucht.»

Tiefzinspolitik noch nicht verdaut

Zur Vorsicht mahnt auch die Bank Pictet, die für die Märkte grundsätzlich positiv ist. Die Zinsen seien zu lange nahe Null gehalten worden. «Es ist zu befürchten, dass viele Investitionen getätigt wurden, die bei höheren Kapitalkosten nicht tragbar gewesen wären» , erklärte die Genfer Vermögensverwaltungsbank. Vor allem der übertriebene Optimismus institutioneller US-Anleger könnte zum Risiko werden.

Von einer Übergewichtung der Aktien sollten Anleger die Finger lassen. «Es ist an der Zeit, gut gelaufene Positionen abzubauen und Gewinne mitzunehmen» , argumentierte der Bantleon Experte.

Welche Szenarien auch immer eintreten, die Schweizer Börse dürfte im kommenden Jahr nicht zu den Spitzenreitern gehören. Die sogenannte defensiven, weniger von der Konjunktur abhängigen Pharmawerte Roche und Novartis sind nach Analysteneinschätzungen ebenso wie Nestle bereits jetzt hoch bewertet. Konjunkturabhängige Titel wie ABB oder der Baustoffkonzern Holcim haben ein relativ geringes Gewicht im Index und können den Gesamtmarkt im Falle einer weltweiten Konjunkturerholung nur in Grenzen nach oben ziehen. «Die Schweiz ist zu teuer und zu defensiv», so Christina Böck, die Chefin von AXA Investment Managers Schweiz.

(reuters/tke/chb)