Was beschäftigt derzeit die Finanzmärkte?
In erster Linie ist es die Sorge vor eskalierenden Handelskonflikten und den daraus resultierenden Folgen für die weltweite Konjunktur. Hinzu kommt die Unsicherheit hinsichtlich der weiteren Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve. Zwar hatte Chairman Jerome Powell zuletzt die Bereitschaft zu einer lockereren Geldpolitik signalisiert, aber falls die Daten ähnlich gut bleiben sollten, wie der überraschend stark ausgefallene Arbeitsmarktbericht für Juni, könnte diese Position wieder etwas aufgeweicht werden. Und schliesslich sind es geopolitische Risiken, die die Märkte in Atem halten, wie der Konflikt mit dem Iran.

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Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Die Entwicklung der Schweizer Börse dürfte auf kürzere Sicht stark von internationalen Faktoren getrieben werden. Angesichts der eben genannten Risiken und der aktuellen Kursstände, vor allem an Wall Street, sind wir daher eher vorsichtig.

Wo steht der SMI in zwölf Monaten?
Den SMI erwarten wir im Juni 2020 bei 9450 Punkten.

Bald legen die Schweizer Unternehmen ihre Halbjahreszahlen vor. Wie dürften die Geschäftsabschlüsse ausfallen?
Die europäische Schwäche im Automobil- und Chemiesektor findet natürlich auch in den Schweizer Geschäftsergebnissen ihren Niederschlag. Allerdings dürfte der Einfluss weitaus geringer ausfallen als in den anderen europäischen Märkten. Dies liegt zum einen an der sektoralen Zusammensetzung des Schweizer Aktienmarktes, in der die klassische Chemiebranche und der Automobilsektor nur eine untergeordnete Rolle spielen. Zum anderen sind Schweizer Unternehmen sowohl bilanziell als auch in den operativen Strukturen oftmals solider aufgestellt als der Wettbewerber.

In China ist die Zahl der Reichen im letzten Jahr laut einer neuen Studie von Capgemini deutlich gesunken. Werden die Schweizer Luxusgüterhersteller Swatch und Richemont den Vermögensschwund in diesem wichtigen Markt zu spüren bekommen?
Die Auswirkungen auf den Schweizer Luxusgütersektor sind seit geraumer Zeit spürbar. Wichtig ist hier zu unterscheiden, in welchen Produktkategorien die Luxusgüterhersteller aktiv sind und über welche Vertriebswege. So dürfte der Onlinebereich zunehmend als Verkaufskanal an Bedeutung gewinnen, während die Geschäfte an Flughäfen immer mehr Showroom Charakter bekommen. In den einzelnen Produktkategorien ist der sogenannte «Soft Luxury»-Bereich wie beispielsweise Handtaschen, Kosmetik und hochwertige Sportartikel weiterhin stark nachgefragt, während der klassische Uhrenbereich nach wie vor unter Überkapazitäten zu leiden hat.

StefanKreukampDWSBoerseninterview

Stefan Kreuzkamp ist Chief Investment Officer (CIO) und Co-Leiter Investment Group beim deutschen Vermögensverwalter DWS Group.

Quelle: DWS

Der Wert von Bitcoin hat sich seit Jahresanfang verdreifacht, die Cyber-Währung wurde letzte Woche knapp unter 13'000 Dollar gehandelt. Wie nachhaltig ist dieses Rallye der führenden Kryptowährung?
Bei den Kryptowährungen ist es zuletzt tatsächlich deutlich nach oben gegangen. Vermutlich werden sie in Zeiten von wirtschaftlichen Unsicherheiten und politischen Risiken von einigen Anlegern als alternative Fluchtvehikel zu Gold gesehen. Die Möglichkeit einer noch lockereren Geldpolitik dürfte den Kursen ebenfalls geholfen haben. Wie nachhaltig diese Entwicklungen sind, muss sich aber erst noch zeigen.

Griechenland war während der Euro-Krise das Sorgenkind der Europäischen Union. Hat das Land die Krise überwunden – und was bedeutet der Regierungswechsel in der letzten Woche für die weitere Entwicklung?
Grundsätzlich ändert der Regierungswechsel wenig an den strukturellen Problemen Griechenlands. Allerdings hat das Land in den vergangenen Jahren durchaus auch Fortschritte gemacht. Der neue Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat im Wahlkampf grundlegende Wirtschaftsreformen, die Beschränkung der Rolle des Staats und den Abbau von Investitionshemmnissen angekündigt. Seine absolute Mehrheit könnte daher kurz- bis mittelfristig durchaus die eine oder andere Massnahme ermöglichen, die für eine bessere Stimmung im Land und in der Wirtschaft sorgt.

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