Im Alter von knapp zwanzig Jahren hat Martin Suter den Slogan für die Schweizerische Volksbank getextet. Die damals viertgrösste Schweizer Bank gibt es schon lange nicht mehr. Sie geriet in der Immobilienkrise Anfang der 1990er Jahre derart in Schieflage, dass sie von der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA, heute Credit Suisse) durch eine Übernahme gerettet werden musste.

Es war immer zynisch und unwahr, dass Geld auf dem Sparkonto arbeitet

Wie zynisch sein Werbespruch war, realisierte Suter erst später, als sich Max Frisch darüber zürnte. Der Satz kommt sogar in einem Tagebuch von Frisch vor. Der Schriftsteller zitiert ihn als Phrase eines zynischen Bankfritzen. Da habe er sich geniert, gestand Suter später.

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Dabei ist der Werbespruch nicht nur zynisch, sondern auch unwahr. Zynisch ist er, weil niemand Geld für sich arbeiten lässt, sondern es letztendlich immer Menschen sind, die arbeiten. Unwahr, weil auch rechnerisch nie Gewinn resultierte, wenn man Geld auf sein Sparkonto legte.

Wer im Jahr 1932 runde 100 Franken auf ein Sparkonto legte, hätte heute zwar 846 Franken, aber nur nominal. Bereinigt um die Inflation wären daraus nur 117.50 Franken geworden – dabei sind die Bankgebühren für 87 Jahre noch nicht abgezogen!

Es war schon mal viel schlimmer

Das heisst, es gab nie real Zinsen auf dem Sparkonto. Also warum jetzt plötzlich das grosse Gejammer über die Negativzinsen? Weil es viele erst jetzt merken, wo die Zinssätze nominal ins Minus gefallen sind. Dabei lag der reale Sparzinssatz (nominaler Zinssatz minus Inflation) schon oft unter null, viel weiter unter null als heute. In den 1970er Jahren lag der reale Sparzinssatz oft tiefer als bei minus 5 Prozent, manchmal sogar bei minus 8 Prozent.

Im November 1979 war in der «Weltwoche» zu lesen: «Seit Monaten ist die Welt der Schweizer Zinsen nicht mehr in Ordnung.» Dabei rentierte das Sparkonto damals mit über 2 Prozent. Aber abzüglich der Inflation blieb ein Minus von 3 Prozent. Da sind die heutigen minus 0,75 Prozent ein Klacks.

Lieber Bier saufen als Negativzinsen mit Atomkrieg vergleichen

Trotzdem bezeichnet die NZZ Minuszinsen der Zentralbanken schon mal als Nuklearoption. Atomkrieg als Assoziation? Da ist mir die deutsche Satirezeitschrift «Postillon» lieber. Sie beschreibt, wie man mit Negativzinsen umgehen kann:

  1. 
Ich lege nur Minusbeträge an. So erhalte ich dank der Gesetze der Mathematik Positivzinsen.
  2. Ich gebe mein Geld mehreren Bars und Kneipen in meiner Nähe. Dafür bekomme ich wertbeständiges Bier, das vor Negativzinsen sicher ist.

  3. Ich investiere in die «Bild»-Zeitung, wo mir täglich eingehämmert wird, dass die Negativzinspolitik der EZB schlecht für deutsche Sparer ist, ohne zu merken, dass ich persönlich viel zu arm bin, um betroffen zu sein.