Wochenlang stieg die Anspannung beim Blick auf den Bitcoin-Kurs. Wann beginnt der Absturz, fragten viele Beobachter. Unterschiedliche Prognosen wurden in den Raum gestellt, beunruhigende ebenso wie fantastisch positive. Seit heute Vormittag steht der Bitcoin deutlich unter Druck. Zeitweise sank der Kurs um mehr als 7 Prozent, am Nachmittag hat er sich wieder spürbar erholt auf über 4400 Dollar.

Deutlich stärker noch verloren hat Ether, die Kryptowährung der Plattform Ethereum. Sie ist die wichtigste für ICOs und gab am Montag zwischenzeitlich sogar mehr als 14 Prozent nach. Über die vergangenen drei Tag sackte der Kurs um 30 Prozent ab und liegt derzeit bei rund 300 Dollar.

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ICOs laufen oft über Bitcoin oder Ether

Die Ursache für das Minus: Die chinesische Zentralbank hat ihre Drohung wahrgemacht und dem ICO-Hype einen Riegel vorgeschoben. Sie hat diese neuartige Form der digitalen Bösengänge verbannt. Ether ist die Kryptowährung, die am stärksten für ICOs verwendet wird und darum durch die Nachricht am stärksten unter Druck gerät. Auch Bitcoin spielt in dem Bereich eine bedeutende Rolle. Da in China derzeit ein guter Teil der weltweiten ICOs initiert werden, ist das Nachgeben der Kurse wenig überraschend, auch wenn Bitcoin und Ether weiter in China gehandelt werden dürfen. Gestoppt sind ICOs, nicht der Handel mit den Kryptowährungen.

ICOs, also «Initial Coin Offerings», sind neuartige digitale Börsengänge, mit denen Unternehmen Kapital beschaffen können. Sie funktionieren nach dem Prinzip des Crowdfundings und ähneln auch herkömmlichen Börsengängen (IPOs), nur dass statt Firmenanteile in Form von Aktien sogenannte Tokens verkauft werden.

Diese Tokens sind eine Art «digitaler Coupon» und können unterschiedliche Funktionen haben. Mit ICOs können neue Kryptowährungen ihren Anfang nehmen, von der die Investoren dann bereits Anteile besitzen. Das ist allerdings eher selten der Fall. Möglich ist auch, dass die Tokens Beteiligten Rechte auf die künftige Wertentwicklung einer Firma sichern, ähnlich einer Aktie. Teils berechtigt der Token auch zum künftigen Bezug einer Dienstleistung.

Regulatoren weltweit nehmen ICOs in den Blick

ICOs sammeln dabei Kapital, ohne den üblichen regulatorischen Einschränkungen unterworfen zu sein. Die Behörden verlieren dabei die Möglichkeit zur Kontrolle und Einflussnahme. In China waren bisher fast keine Vorgaben vorhanden. Angesichts des ICO-Booms nehmen Regulatoren weltweit die Entwicklung zunehmend in den Blick. Die chinesische Zentralbank hatte seit einiger Zeit mit Schritten gedroht, die sie nun in die Tat umsetzte.

«ICOs sind eine Art illegale öffentliche Kapitalbeschaffung, die im Zusammenhang mit kriminellen Machenschaften wie Betrug und Schneeballsystemen stehen», heisst es laut Reuters in einer Mitteilung. Sie untersagte darum diese Form der Kapitalbeschaffung. China ist mit der Verschärfung nicht alleine. Die USA, Südkorea, Kanada und Singapur haben ebenfalls stärkere Kontrollen in die Wege geleitet, auch wenn die Eingriffe nicht so weit gehen wie in China.

1,8 Milliarden Dollar über ICOs generiert im Jahr 2017

Der chinesische Entscheid schlug global Wellen, denn in China sind ICOs besonders beliebt. Dort gab es gemäss Nachrichtenagentur Reuters allein in diesem Jahr 65 solcher Platzierungen mit einem Volumen von insgesamt 2,62 Milliarden Yuan (umgerechnet rund 380 Millionen Franken). Weltweit betrug das Volumen der ICOs in diesem Jahr rund 1,8 Milliarden Dollar. Daran zeigt sich auch der Boom: Im Vorjahr hatte das globale Volumen noch bei 103 Millionen Dollar gelegen.

Experten haben bereits mit dem Verbot gerechnet. «Weltweit haben Aufsichtsbehörden Schwierigkeiten damit, das Modell der ICO und die Risiken dahinter zu verstehen. Sie müssen erst einmal herausfinden, wie man es am besten regulieren kann», sagte Zennon Kapron, Geschäftsführer der in Schanghai ansässigen Finanztechnologie-Beratung Kapronasia, gegenüber Reuters. China habe dem Hype um ICO nun einen Riegel vorgeschoben, um in Ruhe regulatorische Massnahmen einzuführen. «Ich glaube aber, das wird nur ein temporäres Verbot sein.»