Erstmals haben Fonds, Grossfirmen und Private über eine Milliarde Franken in Schweizer Startups investiert. Das ist ein neuer Rekord: 2018 flossen in über 200 Finanzierungsrunden rund 1,2 Milliarden Franken in hiesige Jungunternehmen. Das ist eine Zunahme von über 30 Prozent, wie der am Dienstag erschienene «Swiss Venture Capital Report» zeigt.

Dabei floss erstmals auch mehr Geld in ICT-Unternehmen als in Startups aus der Biotech-Branche. Rund 130 Schweizer Startups, die im Kommunikations- und Technologiesektor tätig sind, sammelten bei Kapitalgebern im In- und Ausland 685 Millionen Franken ein.

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Eine positive Entwicklung sieht Stefan Kyora, Chefredakteur vom Startup-Newsportal Startupticker und Mitherausgeber des Reports auch im Umfang der Finanzierungsrunden: «Wir haben im vergangenen Jahr über 30 Runden mit einer Summe von über 20 Millionen Franken gezählt.» Das sei ein wichtiger Indikator für das fortschreitende Wachstum der Schweizer Startup-Szene, so Kyora

Fintech-Startups erhielten am meisten

Dabei verteilte sich über die Hälfte des investierten Kapitals auf rund 20 Firmen: Am meisten erhielt die Zuger Kryptobank Seba Crypto. Mit den 100 Millionen Franken an Venture Capital will sie den Handel mit Kryptowährungen in einen profesionellen Bankenrahmen einbinden. Auch der Schweizer Software-Entwickler Nexthink, der vor allem in den USA stark wächst, konnte in einer Finanzierungsrunde 84 Millionen Franken einsammeln.

77 Millionen Franken erhielt das Zürcher Startup Wayray, darunter von prominenten Weltkonzernen wie Porsche oder Alibaba für seine holografischen Displays, die künftig in Autos eingesetzt werden sollen. Auch das Zuger Startup Chronext scheint mit ihrer Onlineplattform für Luxusuhren den Zeitgeist und damit das Interesse der Investoren erkannt zu haben. Chronext konnte sich in einer Finanzierungsrunde 33 Millionen Franken sichern. 

Auch Startups, die schon länger am Markt sind, werden weiterhin mit Geld gefördert. So erhielt die Rekrutierungs-Plattform Coople, die vor zehn Jahren gegründet wurde, weitere 20 Millionen Franken Kapital, um das internationale Wachstum voranzutreiben. Für die Expansion mit ihrem Fruchtbarkeits-Tracker im asiatischen Markt erhielt das Zürcher Startup Ava rund 30 Millionen Franken. 

Startups aus dem Kanton Zürich haben dieses Jahr besonders viel Kapital eingesammelt – über eine halbe Milliarde Franken, wie der Report zeigt. Damit löst Zürich den Kanton Waadt als Spitzenreiter bei den Investitionen in der Schweiz ab. Zürich macht sich auch international einen Namen: «Die Agglomeration Zürich gehörte im vergangenen Jahr zu den dynamischsten Standorten für Startups in Europa», sagt Kyora.

Aber auch das Crypto Valley in Zug beflüget offenbar die Schweiz als Startup-Standort: Der finanzielle Support für Fintechs hat sich verdoppelt. Ausschlaggebend für diese Entwicklung sind auch Venture Funds wie der vom Börsenbetreiber SIX. Mit rund 50 Millionen Franken unterstützt der Börsenbetreiber Fintech-Startups.  

Börsengänge verlieren an Bedeutung

Mit gutem Grund versucht sich Börsenbetreiber SIX zu diversifizieren. Zwar gab es im vergangenen Jahr durch Sensirion, Medartis, Polyphor und A Small World zwar vier Börsengänge von Schweizer Technologieunternehmen – in Zukunft rechne man aber mit einem sinkenden Interesse an einem klassischen IPO, sagt Maurice Pedergnana. Der Chef der Swiss Private Equity & Corporate Finance Association SECA meint zu dieser Entwicklung: «Wir erwarten künftig weniger Börsengänge. Durch Technologien wie Blockchain werden andere Wege der Kapitalbeschaffung an Attraktivität gewinnen.»

Eine erfreuliche Entwicklung sei aber auch die Zunahme von Fonds, die in der Schweiz beheimatet sind, sagt Pedergnana. 2018 wurden hierzulande rund ein Dutzend neue Fonds aufgesetzt. Dabei sei erstmals auch ein wachsendes Interesse von institutionellen Anlegern wie Pensionskassen an Risikokapital-Investitionen zu beobachten, sagt Pedergnana.