Die Investmentbank der Citigroup plant, in den kommenden fünf Jahren bis zur Hälfte ihrer 20’000 Mitarbeitenden zu entlassen. Vor allem sollen operationelle Aufgaben automatisiert werden, die niedrigere Qualifikationen erfordern. Diese düstere Prognose hat Citi-Investmentbankchef Jamie Forese gegenüber der «Financial Times» abgegeben, die mit Blick auf die Finanzkrise von vor zehn Jahren mehrere Bankenchefs interviewte. Laut Forese seien die operativen Stellen – fast zwei Fünftel der Investmentbanking-Mitarbeitenden bei Citi – am einfachsten durch maschinelle Prozesse zu ersetzen. «Wir haben 20’000 operative Stellen. In den nächsten fünf Jahren könnten es nur noch 10’000 sein».

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Übertragen auf die gesamte Finanzbranche könnte der potenzielle Stellenabbau aufgrund von Automatisierung damit radikaler ausfallen als die Jobverluste zwischen 2007 und 2017 infolge der weltweiten Finanzkrise. Die «Financial Times» hat berechnet, dass in diesem Zeitraum fast 60'000 Jobs bei acht der zehn führenden Investmentbanken abgebaut wurden.

Andere Bankenmanager sehen die Folgen des technologischen Wandels für die Finanzbranche ähnlich, wenngleich weniger drastisch. Barclays Investmentbank-Chef Tim Throsby sagte, in Zukunft würden weniger Mitarbeiter mehr Geld verdienen, während Maschinen «geringer qualifizierte Aufgaben» übernehmen.

Der Europachef von Goldman Sachs, Richard Gnodde, prognostizierte «Bereits heute gibt es so viele Stellen, welche die Technologie ersetzt hat. Es gibt keinen Grund, dass diese Entwicklung bald zu Ende sein sollte.» Gleichzeitig betonte er das Potenzial der Technologie, neue Geschäftsmöglichkeiten und letztlich neue Arbeitsplätze zu schaffen. Als Beispiel nannte er die Online-Plattform für Privatkunden «Marcus», die Goldman Sachs 2016 in den USA lancierte und mittlerweile in Grossbritannien und demnächst in Deutschland anbietet.

Schweizer Banken unter Druck

Der Bankensektor in der Schweiz bekommt die Folgen der technologischen Revolution ebenfalls zu spüren. Jüngst bekräftigte die Post-Tochter Postfinance ihre Pläne, zu einer führenden digitalen Bank in der Schweiz werden und unter die Top Ten in Europa vorstossen zu wollen. Gleichzeitg fallen zahlreiche Arbeitsplätze weg: Bis 2020 werden 500 Stellen gestrichen. Der Grund für den Abbau liegt allerdings nicht zuvorderst in der Digitalisierung.

UBS-Chef Sergio Ermotti rechnet dagegen für seine Bank damit, dass die Digitalisierung zu massiven Jobverlusten führen wird. Die Belegschaft der Bank könnte in den kommenden zehn Jahren um 30 Prozent schrumpfen, erklärte er kürzlich.

Die UBS beschäftigt zur Zeit fast 95’000 Mitarbeitende. «Die Technologie wird helfen, die Kostenbasis zu reduzieren,» sagte Ermotti in einem Interview mit «Bloomberg Markets» im vergangenen Jahr. Statt 50 Kunden könnten die Mitarbeiter dann 100 Kunden bedienen und dies auf eine sehr effiziente Art.

Kahlschlag in der Finanzbranche

Ähnlich hatte sich vor einigen Monaten der ehemalige Deutsche-Bank-Chef John Cryan geäussert, der eine höhere Effizienz der Bankprozesse durch den vermehrten Einsatz von Technologie anstrebte, um weitere Stellen abzubauen. Er deutete an, dass er jeden zweiten Deutsche-Bank-Mitarbeitenden angesichts der Automatisierung für überflüssig hält.  

Sein Nachfolger Christian Sewing verfolgt den Stellenabbau weiter, um das grösste deutsche Geldinstitut wieder auf Kurs zu bringen. Seit drei Jahren schreibt die Deutsche Bank rote Zahlen, die derzeit 97'000 Mitarbeitenden sollen deutlich unter 90'000 sinken. Zur Senkung der Kosten plant Sewing nun eine Neuaufstellung des Finanzkonzerns, dazu gehöre auch eine stärkere Automatisierung Tausender Prozesse. 

Der CEO der niederländischen Grossbank ING befürchtet einen regelrechten Kahlschlag wegen der Digitalisierung in der Finanzbranche. «Unsere Erfahrung ist, dass dem digitalen Umbau ungefähr die Hälfte der Stellen in einer Filialbank zum Opfer fällt», sagte Ralph Hamers im «Handelsblatt». Fast 90 Prozent der Prozesse einer Bank liessen sich automatisieren, so die Einschätzung des Topmanagers. 

Nicht genug damit, dass die Geschäftsmodelle der traditionellen Banken durch die Digitalisierung zunehmend unter Druck geraten. Hinzu kommt die künftige Konkurrenz von den grossen Internetkonzernen. «Die Tech-Konzerne bewegen sich schon in unserem Markt. Amazon vergibt Kredite, und in China ist Alibaba der grösste Geldmarktfonds», sagte ING-Chef Hamers vor Kurzem im «Handelsblatt»-Interview.

 

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