Die Preise stiegen gestern, die Preise steigen heute, also steigen sie wohl auch morgen. So die weit verbreitete Meinung. Nicht viele der heute im Immobilienmarkt tätigen Käufer und Verkäufer waren Ende der 1980er-Jahre beim grössten Immobilienboom der Schweiz schon mit dabei. Sonst wäre ihnen präsent, dass nach dem Platzen der Blase 1991 die Preise zehn lange Jahre in den Keller gerutscht sind.

Aber dieses Mal sei alles anders, ist eine oft gehörte Argumentation. Denn heute erleben wir eine historisch hohe Zuwanderung von Arbeitskräften mit einer stetigen Bevölkerungssteigerung, sodass die Bauindustrie trotz rekordhohen 70 000 Wohnungen im Bau kaum mit der Produktion mithalten kann. Zudem steigt der Flächenbedarf pro Person unvermindert an, und der Trend zu immer mehr Einzelhaushalten trägt ebenfalls zur steigenden Nachfrage bei. Und zuletzt das «Killerargument» Zinsen: Bei Hypothekarzinsen von 1 oder 2 Prozent kann sich fast jeder Wohneigentum leisten. Mit dem Effekt, dass die Wohneigentumsquote auf rund 40 Prozent angestiegen ist und Kaufen heute günstiger ist als Mieten.

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Trotzdem macht sich die Nationalbank seit Sommer 2011 offiziell Sorgen über eine Überhitzung, und auch aus den Banken kommen warnende Stimmen. Daher lohnt sich ein Blick zurück in die 1980er-Jahre. Dieser zeigt viele Parallelen, aber auch gewichtige Unterschiede.

Restriktivere Kreditvergabe als früher

Im Fokus der Öffentlichkeit steht vor allem das Wohneigentumssegment. Aber der Grossteil der Immobilienobjekte entfällt auf Mehrfamilienhäuser, mit einem Marktwert von insgesamt rund 750 Milliarden Franken. Die Preisentwicklung von Wohneigentum folgt anderen Gesetzen. Es wird aus emotionalen, sicherheits- und vorsorgeorientierten Gründen und manchmal auch aus spekulativen Überlegungen erworben. Die Fremdkapitalbelastung ist typischerweise hoch und erreicht bei Neukäufern 80 Prozent. Entsprechend können Zinsänderungen Hausbesitzer schnell in Liquiditätsprobleme bringen.

Renditeobjekte, also Mehrfamilienhäuser mit Mietwohnungen, werden hingegen von Investoren gehalten, die laufende Erträge erwarten. Auch hier fällt zwar eine Wertsteigerung an, aber mehr als die Hälfte der Gesamtrendite stammt aus den Cashflows. Die Immobilienberater Wüest & Partner errechneten in der Stadt Zürich von 1930 bis 2010 eine reale Wertsteigerung von nur 1,3 Prozent bei einer Gesamtrendite von 5,6 Prozent pro Jahr.

Zurück zu den 1980er-Jahren. Die Wirtschaft in der Schweiz boomte, die Zinsen waren moderat, und die Banken vergaben grosszügig Kredite. Das Hypothekarvolumen stieg innert zehn Jahren von 150 auf 390 Milliarden Franken im Jahr 1991, und die Immobilienpreise verdoppelten sich. Ab 1989 verringerte die Nationalbank das Geldangebot, um die Inflation zu bekämpfen. Der Dreimonatszins kletterte innert zwei Jahren von unter 2 auf über 9 Prozent. Die dringlichen Bundesbeschlüsse zur Eindämmung der zügellosen Kreditvergabe brachten dann die Stimmung am Immobilienmarkt endgültig zum Kippen. Ausgehend von den Hotspots in Genf und Zürich wurden alle Marktsegmente in Mitleidenschaft gezogen.

Was heute optimistischer stimmt: Die Konditionen für Kreditvergaben der Banken sind viel strikter als damals. Die Kreditvolumen haben sich in den letzten Jahren mit jeweils 4 bis 5 Prozent Wachstum nicht überproportional erhöht. Mit Basel III steigen die Eigenmittelvorschriften weiter. Die seit 1. Juli 2012 verschärften Kreditkonditionen haben bereits zu einer ersten Abkühlung auf der Nachfrageseite geführt. Die Wirtschaft boomt keineswegs, und es besteht noch keine unmittelbare Inflation. Zudem haben sich viele Wohneigentümer mit Fixhypotheken gegen steigende Zinsen abgesichert. Das Instrument gab es in den 1980er-Jahren noch nicht. Anlass zur Sorge bereitet hingegen die pure Menge an Liquidität, die seit der Finanzkrise in den Immobilienmarkt drängt und gleichenorts wie in den 1980er-Jahren für Übertreibungen sorgt. Die Wohneigentumspreise am Genfersee sowie rund um Zürich und Zug sind deshalb klar zu hoch.

In diesen Ballungszentren sind auch die Verkaufspreise für Mehrfamilienhäuser nicht mehr nachhaltig. Kommt hinzu, dass viele Objekte mit aufgestautem Renovationsbedarf auf den Markt kommen. In diesem Umfeld tätigen vor allem private Investoren Fehlkäufe. Im Gegensatz zu institutionellen steht bei vielen privaten Anlegern, die heute in Mehrfamilienhäuser investieren, die vermeintliche Wertsteigerung und weniger die langfristige Rendite aus den Mieteinnahmen im Vordergrund.

Bruttorenditen von 4 Prozent und weniger mögen im Vergleich zu Obligationen attraktiv erscheinen. Die Werthaltigkeit der Objekte ist aber bei steigenden Zinsen in Frage gestellt. Einen gewissen Schutz bietet die Koppelung der Mieten an den Referenzzins. Allerdings muss sich zeigen, ob sich die steigenden Zinsen auf die Mieten überwälzen lassen. Immerhin: Solange keine gravierenden Leerstände auftreten, können Hausbesitzer zumindest mit positiven Netto-Cashflows rechnen.

Dominik Weber, Geschäftsführer, Immofonds, Zug.

 

Mehrfamilienhäuser: Die Institutionellen agieren vorsichtiger

Private überzahlen
Der «Run» auf Renditeliegenschaften führt dazu, dass Private selbst kleinere, renovationsbedürftige Mehrfamilienhäuser überzahlen. Anderseits bleiben Mehrfamilienhäuser ab 10 Millionen Franken Anlagesumme für Institutionelle lohnenswert. Obwohl auch in diesem Segment die Renditen etwas gesunken sind, werden hier Massstäbe angelegt, die keine Phantasiepreise erlauben. Für Institutionelle ist primär der langfristig erzielbare Ertrag auf dem eingesetzten Kapital massgebend, denn die Mieterträge müssen Dividenden oder Pensionskassenrenten finanzieren. Die Fremdfinanzierung ist daher weit tiefer.

Die Alternative für Privatanleger
Auch bei Immobilienfonds liegt die Belehnung im Schnitt nur bei rund 20 Prozent. Private können wie Institutionelle anlegen, indem sie in Immobilienfonds investieren. Die bestehenden Mehrfamilienhausportfolios bieten gute Renditen und eine breite Diversifikation. Und sie können den Investitionsbetrag sowie die Haltedauer frei bestimmen.