Was beschäftigt derzeit die Börsen?
Jacques Stauffer*: Die Finanzmärkte müssen zurzeit eine Vielzahl verschiedener Themen verarbeiten. Die Zinspolitik der Notenbanken, die heftige Korrektur der Aktienmärkte in China, der Preiszerfall in Rohöl und anderen Rohstoffen, die Abwertung diverser gewichtiger Währungen, das Phänomen der Negativzinsen und die exorbitante Blase an den Obligationenmärkten werden von Experten und Investoren intensiv diskutiert. Es ist entscheidend, unter all diesen Herausforderungen diejenigen herauszufiltern, die die Investoren tatsächlich zum Handeln bewegen. Zudem muss erkannt werden, in welchem Zustand sich der Markt befindet - ob er robust, absorptionsfähig oder fragil ist.

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Welche Auswirkungen sehen Sie auf die Schweizer Börse?
Zurzeit beobachte ich an den globalen Märkten eine unangenehme Risikokonzentration. Das bedeutet, dass sich die Anleger auf einige wenige Themen fokussieren. Spitzt sich die Situation in einem dieser Themenbereiche zu - wie zum Beispiel grössere Währungsbewegungen oder eine höhere Volatilität an den Bondmärkten -, kann dieser schnell zu einem Haupttreiber der Kursentwicklung an den Kapitalmärkten werden. Die fundamentalen Gegebenheiten werden dann zweitrangig, und die Risiken steigen. Dieser Grosswetterlage wird sich die Schweizer Börse leider nicht entziehen können. Auf kurze Sicht bin ich deshalb zurückhaltend.

Wo steht der SMI in 12 Monaten?
Tritt die erwartete Korrektur ein und beruhigen sich unsere Indikatoren, spricht einiges für ein zeitweiliges Aktienengagement in den kommenden 12 Monaten. Die weltweit akkommodierende Geldpolitik, die weiterhin tiefen Zinsen, saisonale Effekte, eine erhöhte Volatilität und eine vernünftige Bewertung der Anlageklasse Aktien Schweiz bedeuten auch wiederkehrende Gelegenheiten zur Erzeugung von Performance.

Wo sehen Sie Chancen?
Die besten Chancen orte ich in einer defensiven, auf Diversifikation ausgerichteten Anlagepolitik. Der Kurszerfall von Goldminenaktien hat ein Ausmass erreicht, das sich als Übertreibung herausstellen könnte. Gestaffelte Zukäufe über die nächsten Monate könnten hier vielversprechend sein. Auch einzelne Unternehmen der Erdölbranche sind durch den tiefen Ölpreis stark unter Druck geraten und eher günstig zu erwerben. Langfristige Investoren können von dieser Situation profitieren, vorausgesetzt sie verfügen über die notwendige Geduld.

Wie es mit den tiefen Ölpreisen weitergeht und wann die Zinswende in den USA kommen dürfte, lesen Sie im ganzen Interview auf finanzen.ch.

*Jacques E. Stauffer ist Gründungspartner und CEO beim Vermögensverwalter Parsumo Capital AG. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Vermögensverwaltung und in der Beratung institutioneller und privater Anleger, unter anderem bei der Credit Suisse.