Immer mehr Wohnungen in der Schweiz stehen leer – derzeit über 72'000 Wohnungen. Das sind rund 1,6 Prozent des gesamten Wohnungsbestands in der Schweiz, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) vermeldet. Damit ist die Zahl der Leerstände so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr. In den Jahren 1997/8 lag die Quote bei rund 1,8 Prozent. Die Leerstände steigen bereits seit 2010, aber in den vergangen vier Jahren besonders rasant.

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Am stärksten betroffen sind die Regionen Ostschweiz und Tessin, wo die Leerstandsquote sogar über 2 Prozent beträgt. Am meisten Wohnungen stehen im Kanton Solothurn leer, gefolgt von Aargau und Jura. Die wenigsten Leerwohnungen gibt es in den Kantonen Zug, Genf und Obwalden. In der Region Zürich stiegen die Leerstände am geringsten.

In ihrer Studie «Wohnungen im Überfluss» stellte die Credit Suisse fest, dass Gemeinden in Agglomerationen fern ab von den Zentren und ländliche Gemeinden überdurchschnittlich betroffen sind. Demgegenüber stehen Zentren und zentrumsnahe Gemeinden, wo es teilweise sogar zu wenige Wohnungen gibt. In Grossstädten wie Zürich oder Lausanne sei die Wohnungssuche immer noch schwierig.

Viele Mietwohnungen stehen leer

Zwischen den einzelnen Wohnsegmenten gibt es grosse Unterschiede. Am gravierendsten ist der Leerstand bei Mietwohnungen: knapp 60'000 Wohnungen sind derzeit unbewohnt – die meisten davon sind Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen. Im Vergleich dazu stehen rund 10'000 Eigentumswohnungen leer. Den geringsten Leerstand gibt es bei den Einfamilienhäusern: Im Juni waren es rund 7000 Häuser in der ganzen Schweiz

Leerwohnungen nach Segment

Leerwohnungsziffer nach Segment (in Prozent des jeweiligen Bestands).

Quelle: Credit Suisse

Ein Grund für die vielen leerstehenden Mietwohnungen sehen die Experten der Credit Suisse im Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage. Das Überangebot an Wohnungen sei vor allem durch die wachsende Bautätigkeit bei gleichzeitig rückläufiger Zuwanderung entstanden. So sank etwa die Nettozuwanderung zwischen 2013 und 2017 von über 80'000 auf unter 60'000.

Gleichzeitig werden aber von Jahr zu Jahr mehr Wohnungen gebaut. «Die Ursache der anhaltenden Überproduktion ist die Situation auf den Kapitalmärkten. Investoren suchen händeringend nach höheren Renditen», sagt Fredy Hasenmaile, Leiter der Immobilienanalyse bei der Credit Suisse

Hinzu kommt, dass die Investoren mangels Bauland den Bau neuer Wohnungen vor allem im ländlichen Raum vorangetrieben haben. Allerdings sei die Nachfrage nach neuen Mietwohnungen begrenzt, wodurch die Leerstände dort inzwischen besonders gravierend sind. So erkläre sich auch das grosse Gefälle bei den Leerständen zwischen ländlichem Raum und den Zentren.

Ende nicht in Sicht 

Die Experten der Credit Suisse rechnen damit, dass sich die Lage verschärft und die Leerstände weiter wachsen. Diese Entwicklung wird vorangetrieben von den Immobilieninvestoren, die weiterhin kräftig in neue Mietwohnungen investieren. Das werde sich auch nicht ändern, solange Immobilienanlagen höhere Renditen abwerfen als die Kapitalmärkte. «Die Investoren sind sich der Leerstandsrisiken durchaus bewusst und ziehen diese mit in ihr Kalkül ein», sagt Immobilienexperte Fredy Hasenmaile.  

Projektierung von Mietwohnungen

Projektierung von Mietwohnungen: Baubewilligungen und Baugesuche (in Anzahl von Wohneinheiten, 12-Monats-Summe).

Quelle: Credit Suisse

Zudem wird die Zuwanderung aufgrund erschwerter Bestimmungen sowie der guten wirtschaftlichen Lage in den Nachbarländern voraussichtlich weiter zurückgehen. Doch Experten rechnen damit, dass weiterhin viel gebaut wird, wie die wachsende Zahl der Baugesuche zeigt. Mieter in den Regionen mit hohen Leerständen dürfte das freuen, denn wenn die Leerstände weiter wachsen, steigen die Mietpreise nicht mehr so stark. Dieser Trend rückläufiger Mieten ist übrigens seit 2015 zu beobachten, wobei ein grosses Gefälle zwischen ländlichem Raum und den Zentren besteht.

Angebotsmieten

Angebotsmieten (Jahreswachstum, nominal)

Quelle: Credit Suisse