Langsam, aber sicher: Es geht wieder nach oben an den internationalen Börsen. Kam es beispielsweise im Dow Jones im Dezember noch zu einem massiven Kurseinbruch von 26000 auf unter 22000 Punkte oder um fast 20 Prozent, so zeigt der weltweite Leitindex seit vier Wochen wieder schöne Erholungstendenzen.

Zwischen den Jahren kam es an der Wall Street zu einem Kursschub um 1000 Punkte und seit Jahresanfang kletterten die 30 grössten US-Blue Chips um weitere 1500 Punkte. Auch wenn «Krise», «Wirtschaftskrieg» und «Wachstumsabschwächung» in aller Munde sind: Die aktuelle Berichtsaison läuft nicht schlecht und dürfte einen guten Teil zur Erholung an der Börse in New York beigetragen haben.

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Viele positive Überraschungen im vierten Quartal

Laut Daten der Nasdaq gab es alleine in den letzten fünf Tagen 102 positive Gewinnüberraschungen bei US-Werten. Darunter waren zwar auch nur relativ kleine Überraschungen wie etwa bei den Blue Chips aus dem Dow Jones IBM, Johnson & Johnson oder Procter & Gamble mit Gewinnen von etwa zwei oder drei Prozent über der Erwartung. Aber es gab auch gewaltige Sprünge.

So konnte beispielsweise Dow Jones-Mitglied United Technologies – der Mischkonzern hat immerhin eine Markkapitalisierung an der Börse von rund 92 Milliarden Dollar – die Erwartungen der Analysten ganz massiv übertreffen. Der Gewinn je Aktie lag nämlich nicht wie von den Experten im Durchschnitt prognostiziert bei 1,51 Dollar, sondern bei 1,95 Dollar. Das waren rund 30 Prozent mehr als erwartet!

Vergleichsweise wenig Gewinn-Enttäuschungen

Die Zahl der Firmen, die im letzten Quartal unter der Schätzung blieben lag dagegen mit 57 nur halb so hoch. 16 Unternehmen lagen genau «in line» mit den Prognosen. Daraus ergibt sich seit Wochenbeginn folgende Prognosebilanz: Rund 60 Prozent der Firmen lagen über der Erwartung, 30 Prozent waren schwächer, zehn Prozent im Rahmen der Schätzung.

Dieses überzeugende positive Bild deckt sich auch mit den Angaben des Spezialisten für Finanzdaten Factset. Per Stand vor einer Woche lagen danach 76 Prozent der US-Unternehmen aus dem S&P 500, die ihre Zahlen zum vierten Quartal bereits vorgelegt hatten, über der Gewinnschätzung. Bei 56 Prozent der Firmen lag auch der Umsatz über der Erwartung.

Gewinnbewertung liegt inzwischen unter dem Fünfjahresdurchschnitt

Und per Stand vor einer Woche gab es bei den Unternehmen, die bereits ihre Daten zum vierten Quartal berichtet hatten, ein durchschnittliches Wachstum beim Gewinn von 10,6 Prozent. Das war das fünfte Quartal in Folge mit zweistelligen Steigerungen beim Ergebnis. Laut Factset lag das erwartete KGV für die nächsten zwölf Monate mit 15,3 vor einer Woche bereits deutlich unter dem Fünfjahresdurchschnitt von 16,4.

Dabei hatten Analysten laut Factset ihre Schätzungen für das erste Halbjahr 2019 sogar zurückgenommen. Für das erste Quartal hatten die Experten in der Zeit zwischen dem 15. Oktober und 15. Januar die Gewinnprognose für das Ergebnis je Aktie der Mitglieder im S&P 500 um fünf Prozent gesenkt und für das zweite Quartal um vier Prozent. In den ersten sechs Monaten liegt der Konsens damit um 4,5 Prozent unter dem erwarteten Gewinnniveau der Schätzungen von vor Mitte Oktober.

Erwartungen gekappt: Analysten trauen Energie und IT weniger zu

Besonders schlecht schnitten dabei die beiden Sektoren Energie und IT ab. Während die Erwartungen in den vier Monaten zwischen Mitte Oktober und Mitte Januar aber nur um 7,2 Prozent gekappt wurden, ging es mit der Gewinnschätzung für Energieunternehmen so richtig in den Keller. Laut Factset stutzten Analysten ihre Ergebnisprognose für den Sektor nämlich gleich um 29,7 Prozent zusammen.

Die entsprechenden Indizes spiegeln diese Erwartungshaltung auch mehr oder weniger wider. Während der S&P 500 rund fünf Prozent unter seinen Hochs von Anfang Oktober notiert, beträgt das Minus bei den Tech-Werten aus dem Nasdaq 100 rund zehn Prozent und bei den Energiewerten des S&P 500 mehr als 20 Prozent. Dabei konnte der Energiesektor seit Jahresende bereits um mehr als zehn Prozent zulegen.

Trotz gesenkter Erwartungen: Starkes Gewinnwachstum in der Energiebranche

Immerhin konnte der Energiesektor die Gewinne im vierten Quartal aber auch am stärksten ausbauen. Von den zehn der elf Sektoren mit Ergebnissteigerungen lag das Segment mit einem Gewinnanstieg auf Zwölfmonatssicht von 70,7 Prozent an der Spitze. Die Bereiche Öl-Exploration und Förderung sowie Öl- und Gas-Raffinerie und -Vertrieb schnitten dabei mit Steigerungen von 135 und 94 Prozent mit Abstand am besten ab.

Anleger betrachten bei der Analyse der Berichtsaison aber auch die Höhe der Abweichungen zu den Prognosen vor. Die tatsächlich berichteten Quartalsergebnisse lagen dabei im Bereich der Kommunikations-Dienstleiste per Stand vor einer Woche laut Factset um 26,6 Prozent über den Erwartungen. Netflix zählte dabei zu den grössten positiven Überraschungen. Die Aktie zählte in den letzten vier Wochen mit einem Kursanstieg um rund 30 Prozent aber auch schon zu den Top-Performern an der Börse.

Prognose verfehlt – trotzdem schöne Kursgewinne

Mit einem Überraschungseffekt von 14,1 Prozent schnitten auch zyklische Konsumgüter gut ab. Positiv überraschten dabei beispielsweise der Baukonzern Lennar oder Nike. Aber wie bei Netflix konnten auch diese beiden Überraschungskandidaten kursmässig schon gut zulegen. Beide Titel schafften in den letzten vier Wochen ein Plus von jeweils rund 20 Prozent.

Erstaunlicherweise konnten aber nicht nur die Titel zulegen, die über den Erwartungen lagen, sondern auch diejenigen, die bei den Ergebnissen die Prognosen nicht erreichen konnten. Laut Factset kam es bei diesen Firmen im Zeitraum zwei Tage vor und zwei Tage nach der Vorlage der Zahlen zu durchschnittlichen Kurssteigerungen von 1,5 Prozent. Die Companys dagegen, welche die Prognose toppen konnten, legten im selben Zeitraum im Durchschnitt nur um 1,0 Prozent zu.

Schätzungen für 2019: Die Gewinne legen weiter zu

Beim Blick auf die Prognosen für 2019 ergibt sich folgendes Bild: Während für das erste Halbjahr und auch für das dritte Quartal bei den 500 Mitgliedern im S&P 500 nur Gewinnzuwächse von rund 2,0 und von 3,4 Prozent erwartet werden, soll sich das Schlussquartal mit einem Ergebnisanstieg im S&P 500 von 11,4 Prozent deutlich beschleunigen. Im Gesamtjahr erwarten die Analysten dann ein durchschnittliches Gewinnplus von 6,5 Prozent.

Mehr wissen Börsianer aber erst, wenn die Zahlen dann in einem Jahr auf dem Tisch liegen. Auf jeden Fall bestätigen die Schätzungen eine alte Erfahrung: Auf lange Sicht steigen die Gewinne der Unternehmen und da US-Titel im Moment beispielsweise im Fünfjahresdurchschnitt nicht sonderlich hoch bewertet sind, spricht nichts gegen den Kauf von Aktien.