Hariolf Kottmann wird in den kommenden Monaten viel unterwegs sein, und er wird sehr viel reden müssen: Mit Aktionären in Zürich, in London und anderswo. Der Chef des Chemiekonzerns Clariant mit Sitz in Muttenz will die geplante Fusion mit dem US-Konkurrenten Huntsman unbedingt durchsetzen. Die meisten der 20 grössten Clariant-Investoren befürworten den geplanten Zusammenschluss, trotzdem haben sie Fragen. Die will Kottmann in den Gesprächen beantworten. Besonders herausfordernd dürften die Zusammentreffen mit White Tale Holdings verlaufen: Die Aktionärsgruppe hat sich als einziger Top-Investor offen gegen die Fusion ausgesprochen.

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Clariant ist trotz des Widerstands von White Tale optimistisch und erwartet, dass die Fusion mit Huntsman zustande kommen wird: «Die Vorbereitungen zur Fusion machen sehr gute Fortschritte und laufen nach Plan», erklärt das Unternehmen. Ende des Jahres, spätestens Anfang 2018, sollen die beiden Konzerne nach dem Willen von Clariant zu einem global führendes Spezialchemieunternehmen verschmelzen. Mit den Fusionsplänen reagieren die Unternehmen auch auf das sich abschwächende Wachstum in der Chemiebranche. Andere Konzerne haben vorgelegt, darunter BASF, Solvay, Evonik und Lanxess.

Kräftiges Umsatzwachstum

Die Anleger haben in den vergangenen Wochen schon einmal Vorschusslorbeeren verteilt und den Kurs der Clariant-Aktie in freudiger Erwartung nach oben getrieben. Im vergangenen Monat stieg der Kurs um 6,5 Prozent. Nicht nur die Pläne, sondern auch handfeste Zahlen sprechen aus Sicht von Investoren derzeit für ein Investment in den Chemiekonzern: Vergangene Woche präsentierte das Unternehmen einen ansehnlichen Halbjahresabschluss. Der Umsatz stieg in den ersten sechs Monaten 2017 um neun Prozent auf 3,1 Milliarden Franken, der Gewinn von 128 Millionen auf 153 Millionen Franken.

Beim Umsatz konnte das Unternehmen die Erwartungen der Analysten übertreffen, blieb beim Gewinn aber darunter. Indes konnte der Konzern in sämtlichen Geschäftsfeldern wachsen, wobei vor allem kleinere Übernahmen von Kel-Tech und X-Chem Schub gaben. Auch der Kauf des deutschen Spezialchemie-Unternehmens Süd-Chemie erwies sich als gewinnbringend.

Einschätzungen unterscheiden sich

Analysten bewerten den Clariant-Valor unterschiedlich. Philipp Gamper, Analyst der Zürcher Kantonalbank (ZKB), rät zum Kauf. Die geplante Fusion mit Huntsman beurteilt er als «klar positiv» für Clariant: Kostensynergien würden einen Mehrwert in Form höherer Margen mit sich bringen. Die Investmentbank Bernstein ist dagegen skeptisch: Die Analysten haben ihr Kursziel für die Clariant-Aktie zwar etwas erhöht, bewerten sie aber mit «Underperform». Ob der Zusammenschluss zu HuntsmanClariant gelingen werde, sei noch nicht gesichert. Abgesehen von White Tales Widerstand steht auch eine Bewilligung der Wettbewerbsbehörden in den USA aus.

Ob der Zusammenschluss gelingt, ist nicht das einzige Kriterium, das über ein Clariant-Investment entscheiden sollte. Grundsätzlich zeigt sich der Konzern bislang gut aufgestellt, auch für das schwierige Wettbewerbsumfeld. Das Unternehmen verstärkt derzeit seine Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der Landwirtschaft, eröffnete im Juni ein Gewächshaus im Clariant Innovation Center in Frankfurt. Intensive Forschung soll dazu beitragen, neue Produkte wie Blattdünger schneller auf den Markt bringen zu können.

Aktie war schon günstiger

Fundamental ist Clariant aus Sicht von Analysten gut aufgestellt und verfügt über eine hohe Innovationskraft. Wer jetzt einsteigt, könnte das Beste allerdings schon verpasst haben: Der Kurs des Valors ist seit Jahresbeginn um mehr als 30 Prozent gestiegen.

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