Der US-Fahrdienst-Anbieter und Uber-Konkurrent Lyft hat am vergangenen Freitag zunächst einen kometenhaften Börsenstart in New York hingelegt. Die Aktien wurden am Vorabend vor dem Börsengang zu einem Preis von 72 Dollar ausgegeben. Anleger katapultierten die Aktie zeitweise bis auf einen Preis von 88,60 Dollar hoch. Das Kursfeuerwerk war aber nur von kurzer Dauer. Am Mittwoch lag die Lyft-Aktie bei 68 Dollar, also deutlich unter ihrem Ausgabepreis. 

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Lyft zeigt, wie unberechenbar Börsengänge von Tech-Unternehmen sind. Genauso wie auch die Form, wie sie ihren Börsengang durchführen. Lyft hat sein IPO («Initial Public Offering») klassisch vollzogen. Andere Firmen wie der Instant-Messenger-Dienst Slack reden gerne von einer Direktplatzierung. Bei Direktplatzierungen gibt es keine Werbetour bei Investoren. Es gibt weder eine Zeichnungsfrist noch einen Ausgabepreis. Die Firmen, die diesen Weg gehen, sparen beim Börsengang Zeit und Kosten.

Disruption beim IPO

Die Tech-Firmen könnten damit auch die Kapitalmärkte grundlegend verändern. Neben Lyft wollen dieses Jahr noch weitere grosse Namen aus der Tech-Branche Geld am Kapitalmarkt aufnehmen: Uber, Airbnb oder WeWork. Dabei geht es um enorme Summen. Goldmann Sachs und Morgan Stanley haben Uber mit rund 120 Milliarden Dollar bewertet, wie das Wall Street Journal kürzlich berichtete. Der Börsenwert von Volkswagen beträgt zurzeit rund 80 Milliarden Dollar.

Wenn es um solche Summen geht, dann können Tech-Unternehmen nach eigenen Regeln einen Börsengang durchführen, und sich auch ein Stück weit den Regulierungen entziehen. Und wie Uber die Mobilitätsbranche auf den Kopf gestellt hat, wollen die Tech-Firmen den Finanzmärkten mit Disruption begegnen.

Was versprechen die nächsten «Unicorn»-Börsengänge?

Nach dem Börsengang von Lyft stehen mit Uber, Pinterest und Slack weitere Tech-Einhörner in den IPO-Startlöchern. Die Aktien werden gefragt sein. Aber der eigentliche Test für diese Firmen kommt danach. Lesen Sie mehr dazu im Artikel von cash.ch.

Millionen an Gebühren gespart

Es deutet alles darauf hin, dass Slack dem Musikstreamingdienst Spotify folgen könnte. Dieser hat sich im vergangenen Jahr mit einer Direktplatzierung an der New Yorker Börse gelistet. Damit haben die Schweden Millionen an Gebühren für Banken und Berater gespart. 

Aber nicht nur der Weg einer Direktplatzierung ist ungewöhnlich, sondern auch die Ausgangslage von Spotify, Slack, Uber und Co.: Jeder kennt sie. Spotify verzeichnet rund 200 Millionen User, Millionen davon bezahlen für ein Abonnement rund 13 Franken pro Monat. Prospekte werden hinfällig.

NEW YORK, NY - APRIL 03:  People walk by  the New York Stock Exchange (NYSE) on the morning that the music streaming service Spotify begins trading shares at the NYSE on April 3, 2018 in New York City.  Trading under the symbol SPOT, the Swedish company's losses grew to 1.235 billion euros ($1.507 billion) last year, its largest ever.  (Photo by Spencer Platt/Getty Images)

Der Musikstreamingdienst Spotify ging am 3. April 2018 in New York an die Börse – mit einer Direktplatzierung.

Quelle: 2018 Getty Images

Schwierig, eine Kursrakete zu starten

Slack ist natürlich nicht so eine grosse Nummer wie Spotify oder Lyft, aber immerhin nutzen rund acht Millionen Menschen den Arbeitsplatz-Messenger. Deshalb könnte auch Slack eine Direktplatzierung wagen.

Das hat indes auch Nachteile: Weil mit einem «Direct Listing» die Vorlaufzeit wegfällt, ist es deutlich schwieriger, ein Unternehmen zu bewerten. Zudem hat das Unternehmen auch nicht die üblichen Schutzmechanismen von Konsortialbanken auskommen, die einen Absturz der Aktien verhindern können. Das musste auch Spotify erfahren. Nach einem monatelangen Höhenflug nach dem Börsengang stürzte die Aktie von fast 200 Dollar bis Dezember auf rund 100 Dollar ab. Noch heute notiert die Aktie unter dem Erstpreis vom letzten Jahr.

Aber es geht beim Börsengang etwa von Slack nicht in erster Linie um Kapitalbeschaffung. Sondern darum, dass die Investoren, die früh Geld in das 2013 gegründete Startup gesteckt haben, irgendwann nach Jahren, meist sieben bis zehn, wieder ihr Geld in die Taschen zurück haben möchten. 

PARIS, FRANCE - MAY 24:  Stewart Butterfield, Co-founder and CEO Slack, attends the Viva Tech start-up and technology gathering at Parc des Expositions Porte de Versailles on May 24, 2018 in Paris, France. The VivaTech exhibition in Paris brings together nearly 1800 start ups alongside the largest international groups.  (Photo by Christophe Morin/IP3/Getty Images)

Stewart Butterfield, Mitgründer und Chef des Nachrichtendienstes Slack: Wagt er eine Direktplatzierung mit seinem Unternehmen?

Quelle: Christophe Morin / IP3

Das Einhorn wird flügge

Und es geht auch um Disruption. Das leben Tech-Unternehmen mit ihren Geschäftsmodellen vor – also warum auch nicht beim Börsengang? Sie wollen einen kreativen Ansatz wählen. Genauso, wie die Gründer der Startups nicht in Anzug und Krawatte vor Investoren aufkreuzen. Sie sind eben anders.

Und sie sprechen am liebsten ihre User und nicht in erster Linie Investoren an. Sie wollen ihre eigenen Kunden zum Investieren anlocken. Sie sollen nicht nur die App nutzen, sondern gleich Teil des Unternehmens werden. Ganz nach dem Mantra der Startups: Sei Teil von etwas Grossem. Loyale User werden zu loyalen Investoren. Die Unternehmen wollen sie ermutigen, sich aktiv an der Erfolgsgeschichte zu beteiligen. Genauso wie die Mitarbeiter.

Trotz diesem «kostenlosen» Börsengang, können bestehende Investoren ihre Anteile im Markt verkaufen. Es soll also auch ein Teil als Vergütung den Mitarbeitern zugute kommt. Es ist nicht selten im Silicon Valley, dass Mitarbeiter neben dem Gehalt auch Firmenanteile erhalten. Das schraubt die Gehälter im Silicon Valley so hoch.